Glinde/Ahrensburg. Veranstaltungswirtschaft beteiligt sich an bundesweiter Aktion „Night of Light“, um auf Notlage aufmerksam zu machen.

In mehr als 250 Städten erstrahlten in der Nacht zu Dienstag Eventlocations, Gebäude und Spielstätten in rotem Licht, um auf die Not der Veranstaltungswirtschaft, ausgelöst durch die Corona-Pandemie, aufmerksam zu machen. In Stormarn wurden das Ahrensburger Rathaus, das Kleine Theater in Bargteheide, das Glinder Gutshaus und die Villa San Lorenzo in Glinde zum leuchtenden Mahnmal. Auch Gut Basthorst im Nachbarkreis Herzogtum-Lauenburg machte bei der „Night of Light“, einer Protestaktion der Veranstaltungswirtschaft, mit.

Die Branche sieht sich vom Aussterben bedroht

Zwei lange rote LED-Linien leuchten an der Hauswand neben dem Eingang zum Kleinen Theater, auf der digitalen Anzeigentafel Richtung Straße bekundet der Verein Kleines Theater seine Solidarität mit Partnern und Kunstschaffenden. „Wir zeigen uns solidarisch mit der gesamten deutschen Kulturwirtschaft, Theater, Kinos, Künstlern aller Genres, Künstler-Agenturen und Dienstleistungsbetrieben wie Licht- und Ton-Serviceunternehmen und natürlich auch mit der gesamten Filmwirtschaft. Damit machen wir auf die Notsituation der gesamten Branche aufmerksam“, sagt Olaf Nehls, Vorsitzender des Vereins.

Die Initiatoren der „Night of Light“ sind Unternehmen aus allen Bereichen der Veranstaltungswirtschaft, der nach eigenen Angaben sechstgrößten Branche bundesweit. Mit der roten Beleuchtung wollen sie öffentlich signalisieren, dass die Branche durch geltende Corona-Beschränkungen seit Mitte März vom Aussterben bedroht sei. Bis Ende Oktober gilt weiter ein Veranstaltungsverbot. Hunderttausende Arbeitsplätze seien deshalb in Gefahr. Die Unternehmen hoffen auf einen Dialog mit der Politik, um tragfähige Lösungen zu schaffen.

Auch Ahrensburger Rathaus erstrahlt in rotem Licht

Auch die beiden Ahrensburger Veranstaltungstechniker Hannes Lüsel und John Simon bangen um ihre berufliche Zukunft. „Ich habe seit Anfang März 60.000 Euro Umsatz verloren. Als Soloselbstständiger konnte ich die Soforthilfe nur für Betriebskosten nutzen, aber nicht für meine Lebenshaltungskosten“, sagt Simon, der sein Geld mit der technischen Ausstattung von Musikfestivals und Veranstaltungen wie dem Hamburger Hafengeburtstag verdient.

Hannes Lüsel (28) und John Simon (36) von der Jugendkulturinitiative Juki 42 strahlten das Ahrensburger Rathaus Rot an.
Hannes Lüsel (28) und John Simon (36) von der Jugendkulturinitiative Juki 42 strahlten das Ahrensburger Rathaus Rot an. © Petra Sonntag

„Im nächsten Monat fange ich als Hilfskraft auf einem Bauernhof in Mecklenburg-Vorpommern an, damit wieder Geld reinkommt.“ Für Hannes Lüsel als Festangestellter sieht es nicht besser aus: „Ich bin seit März in Kurzarbeit, seit 1. Mai zu 100 Prozent, voraussichtlich bis 1. August. Wie es danach weitergeht, weiß keiner.“ Weil die beiden auch im Vorstand der Ahrensburger Jugendkulturinitiative zur Förderung kultureller und politischer Bildung (kurz: Juki 42) sind, nutzten sie die „Night of Light“, um die Fassade des Ahrensburger Rathauses gen Stormarnplatz Rot anzustrahlen. „Wir möchten nicht die Verwaltung anprangern, denn sie unterstützt uns, wo es geht. Das Rathaus ist für uns vielmehr ein Symbol der Politik. Und von ihr fordern wir mehr finanzielle Unterstützung für unsere Branche“, so Simon.

Einnahmen von Witzhaver DJ seit März auf Null

Viele Kollegen, die nicht gut gewirtschaftet hätten, blieben auf der Strecke, bestätigt Enno Werner, Bild- und Tontechniker aus Ahrensburg. „Mit diesen Einschnitten hat keiner gerechnet.“ Umso mehr begrüße er den jetzigen Schulterschluss der Branche im Kampf ums Überleben.

Gemeinsam mit Björn Kruppke aus Witzhave, DJ und Anbieter von Lichttechnik, sowie weiteren Mitstreitern sorgte er dafür, dass Gut Basthorst, ein beliebter Veranstaltungsort der Region, in rotes Licht getaucht wurde. Kruppke ist vom Schicksal doppelt gebeutelt: Nicht nur seine Einnahmen als Selbstständiger seien seit Mitte März auf Null. Auch sein sozialversicherungspflichtiger Job als Disponent in der Abfallentsorgung wurde ihm zum Ende des Monats konjunkturell bedingt gekündigt. „Die Corona-Krise ist eine große Katastrophe“, sagt der zweifache Familienvater.

Glinder Unternehmen fast vollständig in Kurzarbeit

Julian Löbsack, Marek Möller, Sebastian Korth, Björn Kruppke und Enno Werner (v.l.) machen als Veranstaltungs- und Bildtechniker aus Stormarn auf die Not ihrer Branche durch die Corona-Krise aufmerksam und beleuchteten aus diesem Grund das Restaurant auf Gut Basthorst..
Julian Löbsack, Marek Möller, Sebastian Korth, Björn Kruppke und Enno Werner (v.l.) machen als Veranstaltungs- und Bildtechniker aus Stormarn auf die Not ihrer Branche durch die Corona-Krise aufmerksam und beleuchteten aus diesem Grund das Restaurant auf Gut Basthorst.. © Björn Kruppke

„Wir wollen, dass es schnell wieder bergauf geht“, begründet Gutsleiterin Milena von Ruffin ihre Teilnahme an der Protestaktion. „An der Veranstaltungsbranche hängen viele Jobs und damit Familieneinkommen.“ Zu den 150 Ausstellern, die jedes Jahr auf dem Frühlingsmarkt in Basthorst sind, zählten viele Einzelunternehmer, die das ganze Jahr unterwegs seien. „Für sie bedeutet die Corona-Krise von Hundert auf Null.“

Martin Karnatz, Mitglied der Geschäftsleitung im Glinder Unternehmen Sing Showtechnik, geht es um weitere Lockerungen und eine Perspektive. Dem Full-Service-Dienstleister brachen in den vergangenen drei Monaten 95 Prozent des Umsatzes weg, fast das gesamte Personal ist in Kurzarbeit. „Wir hangeln uns von Monat zu Monat.“

Für die „Night of Light“ setzte er mit seinem Team das Gutshaus Glinde an der Möllner Landstraße sowie die Villa Bode am Mühlenteich mit LED-Scheinwerfern in Szene – hier und anderorts ein flammender Appell an die Landespolitik.