Bad Oldesloe. Überall im Kreis verschieben Veranstalter Theater, Konzerte, Messen, Lesungen und Märkte „auf die Zeit danach“..
Im Minutentakt klingelt das Telefon bei Gerti Kalisch. Die Anrufer wollen von der Vorsitzenden des Kulturrings Großhansdorf wissen, ob die Theatervorstellungen am 21. März und 3. April ausfallen. Doch Kalisch muss die Anrufer um Geduld bitten. Sie sagt: „Ich kann momentan noch keine gesicherte Aussage zu den geplanten Aufführungen treffen.“ Nicht bevor der Bescheid des Gesundheitsamtes eingetroffen ist. Diesem müssen alle öffentlichen Veranstaltungen mit mehr als 50 erwarteten Besuchern derzeit zur Bewilligung vorgelegt werden.
Das Bargteheider Kino lässt pro Film nur 50 Besucher zu
Im Fall des Kulturrings hat das Großhansdorfs Bürgermeister Janhinnerk Voß übernommen. Er sagt: „Eine Absage ist die Sache des jeweiligen Veranstalters, in diesem Fall des Vereins. Die Gemeinde stellt diesem nur die Räume zur Verfügung.“ Wer bei Absagen die Kosten zu tragen habe, richte sich nach den Verträgen, die der Kulturring mit den Künstlern, Theatern oder Agenturen geschlossen habe. In Sachen finanzieller Forderungen rechnet der Bürgermeister allerdings nicht mit großer Kulanz vonseiten der Künstler, da unsicher sei, wie sich die durch das Coronavirus verursachte Situation entwickle.
Im Kino im Kleinen Theater Bargteheide sieht Norbert Ohl vom Kino-Vorstand die Situation derzeit noch entspannt. Der Betrieb soll vorerst weitergehen. Ohl sagt: „Wir werden uns an die Vorgabe des Kreises halten und eisern darauf achten, dass nicht mehr als 50 Besucher Zugang zu den Filmvorführungen bekommen.“ Es gelte, flexibel auf die aktuelle Situation zu reagieren. „Wir schauen uns erst einmal an, ob die Menschen derzeit überhaupt noch Interesse an einem Kinobesuch haben.“
Alle Bühnenveranstaltungen werden verschoben
Joachim Krämer vom Kleinen Theater findet es durchaus vertretbar, das Kino geöffnet zu lassen. „Der Saal ist mit 244 Plätzen groß genug, sodass sich die Besucher weit auseinander setzen können“, sagt er. Der Theaterbetrieb ist dagegen bis nach der Sommerpause ausgesetzt. Krämer: „Wir verschieben die drei Vorstellungen mit der Stage School an diesem Wochenende auf den Herbst.“ Angepeilt werde ein neuer Termin im Oktober. „Wir fühlen uns verpflichtet, die Infektionskette nicht weiter zu befördern“, so Krämer.
Daher habe der Vereinsvorstand entschieden, alle Bühnenveranstaltungen zu verschieben. „Die neuen Termine für die jetzt verschobenen Veranstaltungen werden in Kürze bekannt gegeben. Die Tickets behalten ihre Gültigkeit für die Ersatzveranstaltungen“, kündigt der Verein in einer Pressemitteilung an. Zu der Frage, wer für die durch die Ausfälle verursachten Kosten aufkomme, sagt Krämer: „Unter Umständen müssen wir diese tragen.“
Lembke bedankte für verantwortungsvolles Handeln
Im Kultur- und Bildungszentrum (KuB) Bad Oldesloe sieht die Situation ähnlich aus: Bürgermeister Jörg Lembke verschob alle dort geplanten Veranstaltungen auf die Zeit nach dem 26. April. Oldesloes Kulturchefin Inken Kautter berichtet, dass es trotz Corona bisher zu keinen nennenswerten Einbußen durch rückläufige Publikumszahlen gekommen sei. Ihr Eindruck: „In Stormarn weht ein anderer Wind als in Hamburg.“
Die Kulturchefin weist darauf hin, dass im Fall der Stornierung eines Auftritts formal gesehen der Veranstalter die Kosten trage – wenn nicht zuvor die Absage durch die Künstler erfolgt ist. Die Entscheidung in der Frage der Risikoeinschätzung treffe der Bürgermeister. Dieser reagierte mit der Absage auf die Direktive der zuständigen Gesundheitsbehörde. Lembke bedankte sich bei Beteiligten und Kulturschaffenden für deren verantwortungsvolles Handeln, betonte: „Besonnenheit, Informiertheit und individuelle Prävention sind weiterhin die besten Mittel, einer schnellen Ausbreitung des Virus entgegenzuwirken.“
Reinbeks Bürgermeister sagt öffentlich städtische Termine ab
Auch in Reinbek liegt die Entscheidung über die Kulturveranstaltungen beim Bürgermeister. Björn Warmer reagierte als einer der Ersten auf die sich verändernde Situation und sagte bereits am Dienstag alle öffentlichen städtischen Termin bis einschließlich 5. April ab, bei denen es „absehbar zu größeren Menschenansammlungen und/oder engen Platzverhältnissen kommen kann“.
Laut Elke Güldenstein, zuständig für das Kulturprogramm der Stadt Reinbek, ist noch kein einziger Corona-Fall in Reinbek bekannt. Das betrifft unter anderem Termine im Schloss wie die Konzertreihe, den Ostermarkt und die Vernissage „Retrospektive“ sowie den Auftritt von Kabarettist Robert Griess in der Begegnungsstätte Neuschönningstedt.
Für kleine Künstler müsse eine Lösung gefunden werden
Bei allen anderen kulturellen Terminen gibt die Leiterin des Kulturzentrums Reinbek, Elke Güldenstein, die Informationen zur Altersstruktur und zur Zahl der Besucher sowie der Belüftung des Raumes an eine Arbeitsgruppe weiter, die diese bewertet. Entschieden werde von Fall zu Fall. Güldenstein sagt: „Über die einzelnen Schritte stimmen wir uns dann ab.“ Und weiter: „Ich finde es am vernünftigsten zu sagen, wir warten ab und finden im günstigsten Fall einen Ausweichtermin.“ Sie stehe zu dem Thema in ständigem Kontakt mit Künstlern und Agenturen. Während die Besucher auf Wunsch die Ticketkosten ersetzt bekämen, fühlten sich viele Künstler in ihrer Existenz bedroht.
Das bestätigt Kreiskulturreferentin Tanja Lütje: „Es trifft besonders kleine Künstler, die von ihren Auftritten leben.“ Hier müsse eine Lösung gefunden werden. Dazu würden Gespräche mit Künstlern, Kulturrat, Landeskulturverband, Landesmusikrat und der Kulturpolitischen Gesellschaft geführt. Aktuell sieht Lütje ihre Aufgabe darin, „zu planen und strukturieren, wie das Verschobene gut umgesetzt werden kann“.