Bad Oldesloe/Glinde. Betrieb ist seit Wochen geschlossen. Dennoch mangelt es nicht an Arbeit. Ab wann in Glinde wieder abgeschlagen und geputtet werden.
Die Zahlen sind schockierend: 2137 Unternehmen in Stormarn haben wegen Corona Kurzarbeit angemeldet, wollen so Jobs retten. Die Chefs haben bei der Agentur für Arbeit in Bad Oldesloe 24.611 Menschen registrieren lassen. Vielerorts bangen Angestellte um ihre Jobs. Wissen nicht, ob ihre Firma die Krise übersteht. Insbesondere in der Gastronomie ist die Verunsicherung groß.
Der Glinder Golfclub geht andere Wege. Hier ruht der Spielbetrieb seit 16. März, zwei Tage später machte auch das integrierte Restaurant dicht. Trotzdem verzichtet Betreiber Jens Lessau auf staatliche Unterstützung. Die 20 festangestellten Mitarbeiter sind nach wie vor im Einsatz, gehen jetzt aber auch anderen Tätigkeiten nach.
Junger Koch erledigt jetzt andere Arbeiten
Peter Schädlich steht an diesem Vormittag auf der Terrasse des Clubhauses. Normalerweise würde er zu dieser Zeit in der Küche Speisen zubereiten. Der Koch ist hier seit sechs Jahren angestellt, wohnt auch in einer Immobilie auf dem Areal. Jetzt hat der 34-Jährige einen Pinsel in der Hand, neben seinem Fuß steht ein Eimer mit Farbe für die Holzfassade. Schädlich hat sie nahezu fertig gestrichen. Er sagt: „Ich bin froh, dass ich hier arbeiten kann.“ Kollegen aus anderen Betrieben säßen wegen Kurzarbeit zu Hause und langweilten sich mitunter.
Dass er jetzt andere Arbeiten erledigt, ist für den jungen Mann kein Problem: „Es war teilweise körperlich sehr anstrengend, allerdings auch eine schöne Abwechslung.“ Schädlich meint damit seinen einwöchigen Einsatz auf Feldern. Sein Arbeitgeber ist auch Landwirt. Zusammen mit Kollegen sammelte er Steine, damit die Geräte nicht beschädigt werden. Schädlich hat auch die Abschlaghütten auf dem Golfkurs gestrichen, kleine Renovierungsarbeiten im Restaurant gemacht wie zum Beispiel das Verfugen. „Und zuerst haben wir das Lager aufgeräumt, Gefrierschränke abgetaut, viele Sachen abgebaut, um ganz gründlich auch in den hintersten Ecken zu reinigen“, sagt der Koch.
Restaurantkräfte arbeiten jetzt nicht an Wochenenden
Unterstützung beim Streichen und anderen Aufgaben wie dem Reinigen der Terrasse hat Schädlich von Janina Friedrich bekommen. Die Servicekraft arbeitet seit elf Jahren im Restaurant der Golfanlage. Sie wohnt mit ihrem Mann im Barsbütteler Ortsteil Stellau, Kinder hat das Paar nicht. „Meine Kollegen und ich haben trotz der Probleme in unserer Branche einen geregelten Alltag, können uns glücklich schätzen, keinen Lagerkoller zu bekommen.“ Wichtig seien ihr die sozialen Kontakte. „Und es ist interessant zu sehen, was die anderen Mitarbeiter genau machen. Das habe ich durch meine Hilfe in verschiedenen Bereichen des Betriebs ja erlebt“, sagt die 39-Jährige.
Der Situation kann sie noch etwas Positives abgewinnen. Denn in dieser Jahreszeit arbeitet sie sonst auch an Wochenenden und bis spät in den Abend im Restaurant. Jetzt hat Friedrich von Montag bis Freitag Dienst. Sie beginnt um 8.30 Uhr und verlässt die Anlage gegen 17 Uhr. „Dadurch haben mein Mann und ich mehr Zeit füreinander.“
Mitarbeitern soll Sicherheit vermittelt werden
Neben den neun Festangestellten im Greenkeeping, also der Platzpflege, sind fünf Kräfte im Restaurant sowie sechs in Verwaltung und Büro tätig. Die Entscheidung, auf Kurzarbeit zu verzichten, hat Carolin Lessau mit ihrem Vater getroffen – und eine Strategie entwickelt, wie das Personal einzusetzen ist. Die 27-Jährige leitet die Golfanlage seit Herbst 2016. Sie sagt: „Kräfte aus dem Sekretariat haben zum Beispiel den Rasen gemäht. Wir nutzen die Zeit und stecken derzeit mehr Arbeit in Pflege der Grüns als je zuvor.“ So werden tiefe Löcher durch die Humusschicht gestochen zwecks besserer Durchlüftung und Wasserführung. „Wir wollen aus der Situation heraus einen Mehrwert für unsere Mitglieder schaffen“, sagt Jens Lessau.
Dem 56-Jährigen ist es wichtig, seinen Mitarbeitern gerade in diesen Zeiten Sicherheit zu vermitteln. Es ist eine Art Gegenleistung und Win-win-Situation, denn der Chef verlangt seinem Personal einiges ab und macht daraus kein Geheimnis. Lessau sagt zum Abendblatt: „Meine Mitarbeiter werden sonst mehr gefordert als in großen Unternehmen.“
Drei selbstständige Trainer sind auf dem Gut aktiv
In Coronazeiten treibt der Golfclub zudem die Digitalisierung voran, Büromitarbeiter machen an drei Tagen in der Woche eine Fortbildung am PC. „Das Buchungssystem musste verändert werden, es gab viele EDV-Umstellungen“, berichtet Carolin Lessau. Ihr Vater hat den Club 2002 gegründet und die 100 Hektar große Anlage in mehreren Schritten erweitert. Inzwischen gibt es auf dem Areal 33 Löcher. Von den rund 1000 Mitgliedern kommen mehr als die Hälfte aus Hamburg. Nur zwei Prozent haben wegen der Spielpause ihren Beitrag ausgesetzt. Allerdings fehlt das Geld von Gastspielern: ein Betrag im fünfstelligen Bereich pro Monat. Und das Restaurant erwirtschaftet keinen Cent – ein Lieferservice wird nicht geboten. „Darauf sind wir einfach nicht eingerichtet“, sagt Jens Lessau.
Auf dem Golf Gut in Glinde sind drei selbstständige Trainer aktiv, die seit Wochen nicht mehr lehren können. Viele Mitglieder haben inzwischen Gutscheine für Übungsstunden erworben, damit die Trainer auch jetzt Einnahmen haben. Die acht Aushilfen wollen die Lessaus bei wieder anlaufendem Betrieb zurückholen, außerdem soll die Zahl der Festangestellten auf bis zu 25 steigen. Gesucht wird unter anderem ein weiterer Koch.
Clubmitglieder dürfen am 4. Mai wieder spielen
„Die Leute können es kaum noch erwarten, sie wollen endlich wieder auf die Plätze“, sagt Carolin Lessau. Die Anlagenmanagerin kann sich über mangelnde Arbeit nicht beklagen. Sie ist im stetigen Kontakt mit Verbänden und bereitet die Wiedereröffnung vor. Dazu zählen auch Telefonate mit Golfclubs in anderen Bundesländern, wo das Spielen bereits erlaubt ist. Unter anderem geht es dabei um das Gewährleisten der Abstandsregel und das Umsetzen von Hygienemaßnahmen.
Am 4. Mai kann in Glinde wieder abgeschlagen und geputtet werden. Das Konzept dafür steht bereits – mit geschlossenen Umkleideräumen, aber geöffneten Toiletten. Für Gruppen und Gastspieler ist das Grün nicht zugänglich. Maximal zwei Personen sind pro Flight erlaubt, dürfen also der Reihe nach die Löcher abspielen: bei festgelegten Startzeiten im Intervall von zehn Minuten. Flaggenstöcke dürfen nicht aus dem Loch entfernt werden. Mitglieder sollen erst kurz vor Spielbeginn die Anlage betreten und sie danach zügig wieder verlassen.
Laut Carolin Lessau haben sich 13 Mitglieder als Helfer angeboten, um die Startzeiten samt Abstandsregelung zu kontrollieren. Dabei sei auch ein 84-Jähriger. Auf dessen Dienste will die Golfmanagerin aber nicht zurückgreifen.