Lütjensee. Die Versorgungslage ist vielerorts kritisch. Beim Deutschen Roten Kreuz in Lütjensee gibt es große Bereitschaft, anderen zu helfen.

Professor Jürgen Ringwald ist baff. Mit solch einem Andrang hat er nicht gerechnet. Beim jüngsten Blutspendetermin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Lütjenseer Institut für Transfusionsmedizin geben sich Spendenwillige buchstäblich die – regelmäßig desinfizierte – Klinke in die Hand. Schon innerhalb der ersten anderthalb Stunden sind knapp 70 Menschen da, die bereit sind, einen halben Liter ihres Blutes abzugeben. Am liebsten würde Institutsleiter Ringwald jedem einzelnen von ihnen die Hand schütteln. Doch in Zeiten von Corona verzichtet er darauf und verteilt stattdessen Schokolade.

Viele Menschen sind auf die Blutspenden angewiesen

Während Schulen, Kitas, Restaurants und Einkaufszentren geschlossen sind, um das Ausbreiten des Coronavirus einzudämmen, sind Blutspendetermine in Schleswig-Holstein explizit vom Versammlungsverbot ausgenommen. „Auch und gerade in dieser außergewöhnlichen Zeit müssen wir die Versorgungssicherheit schwerkranker Patienten aufrecht erhalten“, sagt Professor Jürgen Ringwald gegenüber dem Abendblatt. Dazu zählen überwiegend Krebspatienten, die regelmäßig eine Bluttransfusion benötigen. Aber auch Unfallopfer sowie Magen-, Darm- und Herzkranke könnten ohne Spenderblut nicht ausreichend behandelt werden.

„Jeder Dritte von uns ist mindestens einmal im Leben auf das Blut anderer angewiesen“, sagt Professor Ringwald. Bislang gibt es keinen künstlich erschaffenen Ersatz, der die vielfältigen Funktionen des Blutes im Körper erfüllen kann. „Gehen uns die Blutpräparate aus, müssen Menschen sterben“, sagt der Mediziner mit Nachdruck. Noch sei die Versorgung in der Region gesichert. Doch das könne sich innerhalb kürzester Zeit dramatisch ändern. Institutsleiter Ringwald sagt: „Krisenzeiten führen erfahrungsgemäß zu Engpässen bei Blutspenden. Um diesen vorzubeugen, ist jeder Erwachsene, der sich gesund und fit fühlt, zum Spenden aufgerufen.“

Fischbeker hat bereits 92 Mal Blut gespendet

Um die unter ärztlicher Aufsicht durchgeführte Spendenaktion während der Coronakrise so sicher wie möglich zu gestalten, legt der DRK-Blutspendedienst noch mehr Wert auf Hygiene als sowieso schon üblich. Bereits am Eingang werden die Spendenwilligen zu Auslandsaufenthalten sowie Kontakt zu möglicherweise Infizierten befragt. Eine Temperaturmessung bestimmt außerdem, wer das Institut betreten darf. Schon leichtes Fieber, ein kratziger Hals oder andere Erkältungssymptome sind neben einer Durchfallerkrankung Ausschlusskriterien.

„Ich gehe davon aus, dass um mich herum alle gesund sind“, sagt Heinz Wollgramm. Mit seinen 72 Jahren gehört der Fischbeker zur derzeitigen Risikogruppe. Dennoch reiht er sich ohne Bedenken in die Warteschlange ein, die sich mittlerweile über drei Etagen des Instituts gebildet hat. 92 Mal hat er bereits Blut gespendet. Er sagt: „Für mich ist selbstverständlich, dass ich helfe, wenn ich kann.“

Abstände zwischen den Wartenden sind größer als sonst

So sieht das auch Yvonne Freinsheimer aus Lütjensee. Auch sie spendet seit Jahren regelmäßig Blut. Dass trotz der Krisensituation so viel Andrang beim aktuellen Termin in ihrem Heimatort herrscht, überrascht sie nicht. Sie sagt: „Gerade jetzt sieht man, dass die Hilfsbereitschaft auf dem Land größer ist als in der Stadt. Hier hält man einfach enger zusammen.“

Wenn auch nur im übertragenen Sinn, denn die Abstände zwischen den Wartenden sind größer als sonst. Die Gespräche drehen sich um Homeoffice und Klopapier, Eltern geben einander Tipps, wie die Kinder zu Hause bespaßt werden können. Wer vor der Blutabnahme zu wenig gegessen und getrunken hat, darf sich an dem liebevoll zubereiteten Buffet bedienen. Auch danach stärken sich die Spender dort mit warmen Speisen, Schnittchen und Selbstgebackenem. „Dafür sind unsere ehrenamtlichen DRK-Ortsverein-Helferinnen berühmt“, sagt Professor Jürgen Ringwald mit einem Lächeln.

Doch um die meist älteren Damen keinem Risiko auszusetzen, sind fertig abgepackte Snacks für die Spender geplant. Außerdem bittet Ringwald darum, zu den Terminen möglichst keine Kinder mitzubringen. Er sagt:„Der Spender sollte am besten allein zu uns kommen.“ Das Risiko, sich bei der Blutspende mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 zu infizieren, sei aufgrund der erweiterten Schutzmaßnahmen gering. Wer sich zusätzlich an die wichtigen Hygienevorgaben wie regelmäßiges Händewaschen, Abstand halten und das Einhalten der Nies- und Hustenetikette halte, sei so gut wie sicher. Ringwald weiter: „Die Chance, mit seiner Blutspende bis zu drei Menschenleben retten zu können, sollte jedem von uns ein großer Anreiz sein.“

An diesen Tagen können Sie im Kreis Stormarn spenden:

Dienstag, 24. März: Wakendorf I, Dorfgemeinschaftshaus, Lohsacker Weg 10, 15.30 bis 19 Uhr.

Mittwoch und Donnerstag, 25. und 26. März: Reinfeld, Matthias-Claudius-Schule, Marktplatz, 15.30 bis 19.30 Uhr.

Donnerstag, 26. März: Tremsbüttel Gemeindezentrum, Hauptstr./Lasbeker Str. 2, 16.30 bis 19.30 Uhr.

Dienstag, 31. März: Rethwisch, Feuerwehrgerätehaus, Am Sportplatz, 16 bis 19.30 Uhr.

Donnerstag und Freitag, 2. und 3. April: Reinbek, DRK-Zentrum, Birkenweg 3, 15 bis 19.30 Uhr.

Dienstag, 7. April: Tangstedt, Bürgerhaus Rade, Rader Weg 192, 16 bis 19.30.

Weitere Termine und Informationen unter www.blutspende-nordost.de und über die kostenfreie Telefon-Hotline 0800/119 49 11.

Wegen der Schließung vieler Einrichtungen ist der Blutspendedienst des Deutschen Roten Kreuzes dankbar für jeden Hinweis auf alternative Räume für Blutspenden.