Grosshansdorf/Reinbek. Kliniken in Reinbek, Grosshansdorf und Bad Oldesloe verfügen zusammen über 40 Intensivbetten. Landrat mahnt zu Rücksichtnahme.

Auch in Stormarn breitet sich das Coronavirus weiter aus. Am Freitag stieg die Zahl der bestätigten Fälle auf 29. Zwei Menschen werden bisher stationär betreut (Stand: 20. März, 15 Uhr). Die anderen befinden sich in häuslicher Quarantäne. Indes rüsten sich alle drei Stormarner Kliniken für eine steigende Patientenzahl. Mit dem Gesundheitsministerium in Kiel werden die Ressourcen im Intensiv- und Beatmungsbereich abgestimmt. Welche Krankenhäuser im „Süd-Ost-Cluster“, also für die Kreise Lübeck, Ostholstein, Stormarn und Herzogtum-Lauenburg die Versorgung von Covid-19-Patienten übernehmen, ist noch nicht entschieden.

Auch das Oldesloer Krankenhaus trifft Vorkehrungen

Für Besucher gesperrt: Eine Pflegekraft am Eingang der Asklepios Klinik in Bad Oldesloe.
Für Besucher gesperrt: Eine Pflegekraft am Eingang der Asklepios Klinik in Bad Oldesloe. © Nicole Brandstetter

Obwohl wir hier bisher nur einen bestätigten Fall haben, ist das nur die Ruhe vor dem Sturm“, sagt Andrea Schulz-Colberg, Sprecherin des St. Adolf- Stifts in Reinbek. „Wir haben die Abläufe optimiert, um unsere Patienten und Mitarbeiter schützen und Material einsparen zu können. Schon bald werden weitere Infizierte dazukommen.“ Der erste Patient im Reinbeker Krankenhaus ist ein 67 Jahre alter Mann. Er war am Dienstag in die Klinik gekommen. Er habe weder wissentlich Kontakt zu einer infizierten Person gehabt, noch sei er aus einem Risikogebiet zurückgekehrt. „Das positive Ergebnis des Abstrichs war für uns überraschend“, sagt Schulz-Colberg. „Er konnte mit Medikamenten gut eingestellt werden, liegt auf der nichtintensiven Isolierstation.“

Auch das Oldesloer Krankenhaus trifft Vorkehrungen für den Fall, dass sich die Zahl der Infizierten in den nächsten Stunden und Tagen erhöht. Mittlerweile ist ein Patient positiv getestet worden. Der Betrieb in der Asklepios Klinik funktioniere reibungslos. „Aber wir bereiten uns unter Hochdruck auf eine Vielzahl von schwerkranken Coronapatienten vor“, sagt Sigrun Senska, Geschäftsführerin der Oldesloer Klinik zum Abendblatt. Internistische Intensivplätze würden freigehalten, bei einer Zuspitzung der Lage würden die Beatmungskapazitäten ausgebaut, zusätzliche Intensivbetten gestellt. Zurzeit gibt es dort acht davon.

Mittlerweile werden viele Patienten auf das Virus getestet

Damit Patienten und Mitarbeiter nicht unnötig gefährdet werden, verbietet die Klinik – wie andere Krankenhäuser auch – seit Anfang der Woche Besuche. Wer nicht behandelt wird oder dort arbeitet, wird am Empfang abgewiesen. Dadurch soll verhindert werden, dass Angehörige das Virus einschleppen. Ausnahmen gelten für Palliativpatienten. Patienten, die kein eigenes Telefon besitzen, könnten die Klinik-Telefone kostenfrei nutzen.

Mittlerweile wird jeder Patient, der stationär aufgenommen wird und Erkältungs- oder Grippesymptome zeigt, auf das Coronavirus getestet. Laut Senska insbesondere, wenn der Patient aus einem Risikogebiet für Coronavirus-Infektionen kommt. 20 Intensivbetten und ein großer Bereich der nichtintensiven Betreuung stehen in der Großhansdorfer LungenClinic bereit. Die Experten für Lungenerkrankungen wollen ihre langjährige Erfahrung nutzen, um gerade bei schweren Verläufen schnell helfen zu können. Da das Virus vor allem die Atemwege betreffe und die Lunge in Mittleidenschaft zieht, gibt es in dieser Klinik die richtigen Ansprechpartner, sagt Chefarzt Professor Dr. Klaus F. Rabe: „Trotz bisher niedriger Fallzahlen im Norden sind die Menschen maximal verunsichert, kommen mit vielen Fragen zu uns. Doch die Abstimmung im Land läuft gut. Für eine effektive Zusammenarbeit wurden wir in verschiedene Klinik-Cluster eingeteilt.“

Langfristig geplante Operationen sollen ausgesetzt werden

Professor Dr. Klaus F. Rabe sagt, die LungenClinic sei auch bestens für schwere Fälle gerüstet.
Professor Dr. Klaus F. Rabe sagt, die LungenClinic sei auch bestens für schwere Fälle gerüstet. © Janina Dietrich

Rabe geht zunächst nur von Einzelfällen aus, sein Haus sei jedoch auch auf andere Lagen vorbereitet. Bis auf wenige Ausnahmen bei Härtefällen wurde auch in diesem Krankenhaus ein Besucherstopp verhängt und ein Urlaubsverbot für Mitarbeiter erlassen. Reiserückkehrer erwartet ein „klares Regime“, um Patienten und Kollegen zu schützen. Wechselnde Teams stellen den Betrieb auch bei möglichen Ansteckungen in der Belegschaft sicher. Gruppen des angeschlossenen Zentrums für Lungenforschung arbeiten zudem an neuen Medikamenten, die gegen das Virus eingesetzt werden könnten. „Seit Wochen plant eine Krisengruppe intensiv den Notfall“, sagt Rabe. „Wir werden die Spezialisten sein, wenn es darauf ankommt.“

Um mehr freie Plätze auf der sonst gut ausgelasteten Intensivstation mit Kapazität für zwölf Patienten zu schaffen, hat das St. Adolf Stift in Reinbek geplant, langfristig geplante Operationen auszusetzen. Zur Not könnten Operationssäle und Aufwachräume mit Betten ausgestattet werden, um mehr Patienten aufnehmen zu können.

Klinikteam wendet sich mit wichtiger Botschaft an Bevölkerung

Auch hier wurde ein Besucherstopp verhängt, ausgenommen sind Palliativstationen. Um weiterhin mit ihren Angehörigen in Kontakt bleiben zu können, können Patienten kostenlos telefonieren. „Nach einigen Diskussionen am Wochenende funktioniert das System nun fast reibungslos, Angehörige geben Wechselsachen für Patienten am Empfang ab“, sagt Schulz-Colberg. „Manchmal stehen trotzdem Besuchertrauben vor der Tür. Um mehr Menschen zu sensibilisieren, haben wir den Eingangsbereich mit Schildern plakatiert.“

Zusätzlich wendet sich das Klinikteam des St. Adolf Stifts nun mit einer wichtigen Botschaft an die Bevölkerung. Damit sich das Coronavirus nicht weiter verbreiten kann, sei es unabdingbar, sich möglichst wenig außerhalb der eigenen vier Wände aufzuhalten. Der Kaffeebesuch bei einer Freundin, Kartenspielabende oder gemeinsames Einkaufen sollten dringend verschoben werden. Damit Krankenhausmitarbeiter in wenigen Wochen nicht in die Situation kommen, „heftige Entscheidungen“ treffen zu müssen, so Schulz-Colberg.

Landrat Henning Görtz richtet Appell an alle Stormarner

Der Leiter der Zentralen Notaufnahme, Dr. Lars Schirrow, sagt: „Mein Team und ich haben sofort mitgemacht. Jetzt kommt es auf jeden Menschen da draußen an, sich solidarisch zu verhalten und für die nächsten zwei Wochen einfach mal zu Hause zu bleiben. Wir im St. Adolf-Stift möchten allen Patienten mit schwerem Verlauf die bestmögliche Versorgung zukommen lassen. Dafür müssen wir die Ansteckungskurve deutlich bremsen. Je mehr Menschen jetzt vernünftig sind, desto besser können wir uns um Schwerstkranke kümmern.“

Landrat Henning Görtz richtet einen Appell an alle Bürger Stormarns: „Die Zahl der Corona-Infektionen steigt von Tag zu Tag. Wir müssen versuchen, die Geschwindigkeit der Ausbreitung abzubremsen. Vermeiden Sie Menschenansammlungen, beschränken Sie soziale Kontakte auf das Nötigste.“ Um die Krise in den Griff zu bekommen, sei es unumgänglich, zu Hause zu bleiben. Auch wenn das Wetter am Wochenende noch so schön werde.