Ahrensburg. 700 Privatpersonen, Vereine und Institutionen haben bereits mehr als 6300 MoorFutures gekauft, darunter zwölf Stormarner.
Die erste Ferienzeit der neuen Dekade rückt unaufhaltsam näher. Am 30. März beginnen in Schleswig-Holstein die dreiwöchigen Frühjahrsferien. Auch wenn durch das grassierende Corona-Virus viele Familien derzeit wohl lieber zu Hause bleiben, locken Flug- und Schiffsreisen die Menschen weiter an ferne Gestade. Doch ist das Zeiten des Klimawandels noch opportun? Immerhin gibt es die Möglichkeit, mit dem Erwerb von Klimaschutzzertifikaten die eigenen CO2-Emissionen zu kompensieren.
Stiftung setzt sich für Erhalt der ausgebeuteten Moore rein
„Eine der effektivsten und kostengünstigsten Klimaschutzmaßnahmen besteht in der Wiedervernässung von Mooren, die weltweit die wichtigsten CO2-Speicher sind“, sagt Ute Ojowski, Geschäftsführerin der Ausgleichsagentur, einer 100-prozentigen Tochter der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein. Deshalb arbeite die Stiftung intensiv daran, die seit Jahrzehnten massiv entwässerten und durch Torfstich ausgebeuteten Moore im Land zu reaktivieren.
„Daran kann sich jeder, egal ob Unternehmen oder Privatperson, durch den Kauf von MoorFutures beteiligen“, erklärt Ojowski. Kürzlich hat sie das zukunftsweisende Schutzprojekt sogar während der Berliner Filmfestspiele in einem eigens gecharterten Berlinale-Bus vorgestellt. Um einen ersten großen Aufschlag zu realisieren, hat die Stiftung seit 2014 eine inzwischen 68 Hektar große Teilfläche des Königsmoors in der Eider-Treene-Sorge-Niederung (Kreis Rendsburg-Eckernförde) erworben.
Wälle auf einer Länge von 5600 Metern
„Das rund 1200 Hektar große Hochmoor ist im 20. Jahrhundert durch Gräben und Drainagen stark entwässert worden, um es als Grünland intensiv nutzen zu können“, so Ojowski. Die erworbenen Areale sind in den vergangenen Jahren sukzessive „stillgelegt“ und durch das Entfernen von Drainagerohren und das Verschließen von Gräben wieder vernässt worden. Zusätzlich wurden auf einer Länge von 5600 Metern Wälle errichtet, um das Oberflächenwasser auf der Fläche zu halten.
„Durch das Anheben des Wasserstandes werden die verbliebenen Torfe im Moor konserviert und als CO2-Speicher gesichert“, erläutert Ojowski gegenüber dem Abendblatt. Davon profitierten auch seltene Tiere wie etwa der Kiebitz, der Wachtelkönig, das Tüpfelsumpfhuhn und der Moorfrosch.
Ein MoorFuture-Zertifikat kostet den Käufer 64 Euro
Die Kosten für den Flächenankauf und die Vernässungsmaßnahmen hat die Naturschutz-Stiftung auf insgesamt 39.520 MoorFutures á 64 Euro inklusive Mehrwertsteuer verteilt. Bislang haben fast 700 Privatpersonen, Unternehmen, Vereine und Institutionen mehr als 6300 dieser Zertifikate erworben, darunter zwölf Privatpersonen aus dem Kreis Stormarn. Jedes Zertifikat steht für eine Tonne CO2, die nicht mehr in die Atmosphäre gelangt.
„Ich freue mich, dass die Schleswig-Holsteiner die Möglichkeit haben, sich freiwillig und direkt vor Ort für Natur und Klima zu engagieren“, sagt Robert Habeck, Parteichef der Grünen und ehemaliger Umweltminister des Landes. Mit dem Projekt MoorFutures der Ausgleichsagentur sei eine professionelle Umsetzung dieser wichtigen Naturschutzmaßnahme gewährleistet.
Die Motive für den Kauf der MoorFutures sind vielfältig. „Wir wollten den Ausgleich unserer CO2-Emissionen möglichst durch Beteiligung an einem regionalen Projekten realisieren“, sagt etwa Steffen Wagner, Geschäftsführer der Bremer Firma H. Erhard Wagner, die Wachsrohstoffe für Pharmazie, Kosmetik und technische Industrie produziert. Seit Januar 2015 kompensiert sie das gesamte, durch Übersee-Importe aus Asien und Südamerika freigesetzte CO2 unter anderem durch MoorFutures. Deren Konzept sei rundum überzeugend. „Zudem wird mit der Renaturierung des Königsmoors ein selten gewordener Lebensraum für viele Pflanzen- und Tierarten wieder hergestellt“, so Wagner.
Auch im Bargteheider Moor wird Flächenankauf geprüft
Laut Ojowski habe ihr eine Käuferin aus Hamburg geschrieben, Moore seien ohnehin eine faszinierende Landschaftsform, die es zu erhalten gelte: „Also habe ich mir zum Geburtstag statt Geschenken einen Beitrag für den Kauf von Klimaschutzzertifikaten gewünscht.“
Ein Schüler berichtete auf Nachfrage, dass er seine Aufwandsentschädigung für eine Ehrenamtstätigkeit unbedingt in ein Klimaschutzprojekt investieren wollte und schließlich im Internet auf das Projekt aufmerksam geworden sei. „Mir haben dabei vor allem die Regionalität, der Artenschutz und die direkte und messbare Decarbonisierung der Atmosphäre durch intakte Moore gefallen.“
Solch ein lokales Projekt ist jetzt auch im Bargteheider Moor geplant. Für Flächenankäufe hat die Stadtvertretung eine Million Euro bewilligt. Allerdings gestaltet sich der Ankauf hier deutlich schwieriger, weiß Phillip Meinecke, bei der Ausgleichsagentur für Moore in Stormarn zuständig: „Nach ersten Recherchen gibt es mehr als 20 Eigentümer. Dazu zählen unter anderem Erbengemeinschaften, was die Aufgabe nicht leichter macht.“ Zudem müsse mit der Nachbargemeinde Delingsdorf gesprochen werden, weil viele der ehemaligen Torfstichparzellen in deren Gemarkung liegen.
Elf Tonnen CO2 verursacht jeder pro Jahr
Jeder Bürger der EU verursacht durch die Nutzung der öffentlichen Infrastruktur, Wohnen, Mobilität und Konsum etwa elf Tonnen CO2-Emissionen im Jahr. Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, sollten die Pro-Kopf-Emissionen nicht mehr als 2,3 Tonnen CO2 betragen. In einem Einpersonenhaushalt entstehen im Jahresschnitt zwei Tonnen durch Heizen und Warmwasser, 0,75 Tonnen durch Stromverbrauch, zwei Tonnen durch 15.000 Kilometer Autofahren in einem Kleinwagen, fünf Tonnen durch 20.000 Kilometer mit einem Oberklassewagen, 0,3 Tonnen durch einen Kurzstreckenflug, vier Tonnen durch einen Langstreckenflug (hin und zurück).