Bargteheide. Experte schreibt Buch über das Gebiet. Warum das Moor nicht mehr als CO2-Speicher funktioniert, aber immer noch wertvoll ist.
„Das Bargteheider Moor ist tot.“ Das ist die Erkenntnis von Ingo Hartung, dem Experten für die Moorflächen im Kreis Stormarn. Gleichzeitig betont der 60-Jährige aber auch die außergewöhnliche ökologische Bedeutung des Gebietes für die Region. „Für die Artenvielfalt der Tier- und Pflanzenwelt ein unschätzbarer Wert“, so Ingo Hartung.
Mehr als 116 unterschiedliche Vogelarten leben dort, 70 von ihnen brüten jährlich. Mit der flachen Teichmuschel und der Malermuschel sind zwei bedrohte Muschelarten ansässig, ebenso vier Reptilien- und acht Amphibienarten, deren Bestand auf der Roten Liste artgeschützter Tiere verzeichnet ist. Auch alle 197 Pilzarten sind geschützt. Doch seiner eigentlichen Funktion, als Speicher für Kohlenstoffdioxid (CO2), kommt das Moor nicht mehr nach.
127 Fotos auf 125 Seiten
Seine Erkenntnisse hat der ehemalige Fahrdienstleiter der Eisenbahn und heutige Mitarbeiter einer Mietwagenfirma in einem Buch zusammengefasst. Ehrenamtlich und in eigenem Auftrag kartierte Hartung 45 Hektar Bargteheider Moorfläche, dessen Kern nur ein knappes Hektar umfasst. Den Grund für das Sterben des Moores sieht der Experte in der schleichenden Trockenlegung des Gebietes. Seit elf Jahren steht das Moor unter intensiver Beobachtung des Hobby-Naturkundlers. Er sagt: „Um angrenzende Flächen landwirtschaftlich nutzbar zu machen, wurden sie trockengelegt. Das wirkt sich auch auf das Moor aus.“ Dazu kämen die klimatischen Veränderungen. Moorlandschaften bedecken weltweit ein Areal von vier Millionen Quadratkilometern, das entspricht drei Prozent der Erdoberfläche. Die größten noch intakten Regenmoore der Erde liegen in Westsibirien. Diese verfügen über ein Kohlenstoff-Speichervolumen von etwa 138.000 Megatonnen CO2.
Nur ein bis zwei Prozent der Moorlandschaften sind intakt
In Deutschland sind nur noch ein bis zwei Prozent ehemaliger Moorlandschaften intakt. Werden Moore durch Entwässerung zerstört, fehlt der natürliche CO2-Speicher, und das seit 8000 Jahren im Moor eingelagerte CO2 wird freigesetzt, warnt der Experte. „In 20 bis 25 Jahren ist das Bargteheider Moor komplett verschwunden.“ Bürgermeister Henning Görtz beruhigt: „Naturschützer bestätigen das, es hat aber keinen Einfluss auf die Tier- und Pflanzenwelt.“ Seine Leidenschaft für Geologie und Topografie hat der Vater einer erwachsenen Tochter schon vor Jahrzehnten entdeckt. „Ingo Hartung ist Experte auf seinem Gebiet. Es gibt niemanden, der das Bargteheider Moor besser kennt“, so Görtz.
Das Reizvolle an dieser Region ist für den Pölitzer die Geschichte des Moores. „Es ist mit nur 900 Jahren ein sehr junges Moor“, so Hartung. Dazu kommt die Nähe zur A 1. Schon während des Baus der Reichsautobahn in den Jahren 1934 bis 1937 wurden angrenzende Gebiete trockengelegt und der Grundwasserspiegel abgesenkt. Von 1920 bis 1975 diente ein Teil des Bargteheider Moores als Mülldeponie. Dort fand Hartung in einer Tiefe von gut einem Meter unter der Abdichtung 40 Jahre alten Plastikmüll. Nur zehn Prozent davon waren nach dieser Zeit zersetzt. „Es dauert mindestens noch 400 Jahre, bis der Müll weg ist“, sagt er. Auf dem Plateau der ehemaligen Deponie hat sich eine besondere Vegetation mit einem hohen Insektenvorkommen von über 700 Arten entwickelt.
Auf seinen Wanderungen durch das Moor entdeckte Hartung weitere bedrohte Tiere wie den Moorfrosch, die Waldeidechse oder die Kreuzotter. Die geballte Vielfalt beeindruckt den Experten, der über 570 verschiedene Pflanzenarten dokumentierte. Größte Teile des Bargteheider Moores liegen im Privatbesitz. Ein Wanderweg startet am Ortsausgang Bargteheide Richtung Hammoor und führt an der Straße L 89 entlang des Moores.