Bad Oldesloe. Nach einer Novelle des Waffenrechts müssen sich Inhaber von Jagdscheinen künftig einer Abfrage beim Verfassungsschutz stellen.

Von den verschärften Sicherheitsmaßnahmen im Zusammenhang mit den tödlichen Anschlägen auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke am 2. Juni und die Moschee in Halle/Saale am 9. Oktober 2019 sind jetzt auch die mehr als 1200 Jäger im Kreis Stormarn betroffen.

Am 20. Februar, einen Tag nach dem rechtsradikalen Anschlag im hessischen Hanau, bei dem zehn Menschen getötet worden sind, trat eine Änderung des Waffenrechts in Kraft, wonach Jagdscheine nur noch nach vorheriger Abfrage beim Verfassungsschutz neu ausgestellt oder verlängert werden können.

Jäger sind mehrstufigem Kontrollsystem unterworfen

„Ja, Jäger sind privilegiert. Doch als Waffenträger waren sie ohnehin schon einem mehrstufigen Kontrollsystem unterworfen, das bislang sehr gut funktioniert hat“, sagt Kreisjägermeister Uwe Danger aus Bad Oldesloe. Dass die Waidmänner nun auch noch vom Verfassungsschutz gecheckt werden sollen, hält er für „vollkommen überflüssig“.

Wer Jäger werden will, muss sich zuvor erfolgreich einem Prüfungsausschuss der Unteren Jagdbehörde stellen. Dabei müssen praktische Schießübungen ebenso absolviert, wie umfangreiches Grundlagenwissen und Rechtskenntnisse nachgewiesen werden. Erst dann kann der Jagdschein beantragt werden.

„Die Jagdbehörde muss zusätzlich Auskünfte vom Bundeszentralregister einholen“, sagt Danger. Dort sind strafgerichtliche Verurteilungen, Entscheidungen von Verwaltungsbehörden, Vermerke über Schuldunfähigkeit sowie besondere gerichtliche Feststellungen vermerkt.

Hinzu kommen Abfragen beim Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister und der örtlichen Polizei. „Bestimmte Eintragungen verbieten die Erteilung eines Jagdscheins und das Führen von Waffen, das ist bereits gängige Praxis“, so Danger zum Abendblatt.

Jagdscheine sind ein, zwei oder drei Jahre gültig

Dass Jäger nun unter einen gewissen Generalverdacht gestellt würden, könne er nur schwer nachvollziehen. Da gebe es doch „ganz andere Gruppen“, die wegen ihrer kriminellen Umtriebe und politischen Ansichten viel stärker im Fokus der Sicherheitsbehörden stehen müssten. „Dagegen ist die Jägerschaft natürlich viel leichter zu kontrollieren“, sagt Uwe Danger.

Die Untere Jagdbehörde muss fortan bei jeder Neubeantragung oder Verlängerung eines Jagdscheins den Verfassungsschutz beteiligen. Nach einer Präzisierung des Innenministeriums sind diese Abfragen ab 11. März möglich und sollen dann in der Regel nach zwei bis drei Wochen abgeschlossen sein. Ab 30. März werde es dann aller Voraussicht nach eine bundeseinheitliche Lösung auf vollelektronischer Basis geben.

Am 1. April beginnt für die Jäger das neue Jagdjahr

Jagdscheine sind, je nach Antrag, ein, zwei oder drei Jahre gültig. In dem jeweiligen Turnus muss er dann auch verlängert werden. Zusätzlich gibt es Tagesjagdscheine mit einer Gültigkeit von 14 aufeinanderfolgenden Tagen.

„Auf jeden Fall ist die Beteiligung des Verfassungsschutzes für die Untere Jagdbehörde mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden“, sagt Ingo Lange, Leiter des Fachdienstes Öffentliche Sicherheit der Kreisverwaltung auf Anfrage. Bislang seien die notwendigen Eintragungen von den Mitarbeitern sofort vorgenommen und die vorgelegten Jagdscheine bei Antragstellung umgehend gestempelt und gesiegelt worden.

„Das ist nun nicht mehr möglich, weil das Ergebnis der Abfrage beim Verfassungsschutz erst einmal abgewartet werden muss“, so Lange. Dabei könne es angesichts der neuen Rechtslage in den kommenden Wochen aber durchaus zu Verzögerungen kommen, weil nun mit einer Flut von Anträgen zu rechnen sei.

Dennoch ist Eile geboten, beginnt doch am 1. April für die Jäger des Kreises das neue Jagdjahr. Zum Problem könnte die Neuregelung vor allem für die etwa 200 Stormarner Pächter von Jagdrevieren werden. Weil ohne gültigen Jagdschein der Abschluss der notwendigen Pachtverträge nicht möglich ist.

In Stormarn sind 2570 private Waffenträger registriert

Seit Januar gab es 145 Anträge auf Jagdscheine, von denen die Untere Jagdbehörde des Kreises das Gros bis zum Bekanntwerden des ministeriellen Runderlasses bereits bearbeitet hatte. „Wir gehen aber davon aus, dass im Jahresverlauf weitere 330 Jagdscheine verlängert werden müssen“, so Lange. Aktuell gebe es in Stormarn 1452 gültige Jagdscheine

Ausgenommen Polizei und andere Sicherheitskräfte sind im Kreis Stormarn insgesamt 2570 private Waffenträger registriert. Dazu gehören rund 900 Sportschützen und zehn Waffensammler. Zudem Bootseigner, die im Besitz einer Signalpistole sind, sowie Erben von Waffen.

Auch diese Gruppen müssen sich künftig einer Regelabfrage beim Verfassungsschutz stellen. „Das gilt für alle Waffenscheininhaber“, so Dirk Hundertmark, Sprecher des schleswig-holsteinischen Innenministeriums.

Zahl „Kleiner Waffenscheine“ hat in Stormarn zugenommen

Zugenommen hat überdies die Zahl von Inhabern „Kleiner Waffenscheine“, von denen in ganz Stormarn 2166 ausgestellt und aktuell gültig sind. Sie berechtigen zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen, die der zugelassenen Bauart laut Paragraf 8 des Beschussgesetzes entsprechen und das Zulassungszeichen „PTB im Kreis“ tragen.

Beantragen können ihn Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Zudem würden laut Ingo Lange „die Zuverlässigkeit“ des Antragstellers, sowie eine ausreichende körperliche und geistige Eignung zum Führen dieser Waffen geprüft. Diese Eignung müssen selbstverständlich auch alle andere privaten Waffenträger nachweisen.