Ahrensburg/Bad Oldesloe. Stormarner Eltern mit mehreren Kindern protestieren gegen monatliche Zusatzbelastung. Geschwisterermäßigung soll zum Teil wegfallen.
Sie soll ab August für eine faire Lastenverteilung sorgen – und löst bereits vor Inkrafttreten Elternprotest aus: Die Kita-Reform, vom Landtag im Dezember 2019 verabschiedet, verändert die Finanzierung der Kinderbetreuung, doch nicht alle Eltern werden davon profitieren. Im Gegenteil. Familien mit zwei und mehr Kindern, von denen ein Kind im Schulhort ist, haben zum Teil erheblich höhere Betreuungskosten.
Mittelschicht sei Verlierer der Kita-Reform
Rund 220 Eltern aus Ahrensburg, Siek, Bargteheide, Delingsdorf und Hoisdorf haben sich zusammengetan, um auf negative Konsequenzen der Kita-Reform aufmerksam zu machen. Ihre Kritik: Vor allem Familien mit nur einem Kind werden entlastet. Familien mit mehreren Kindern, von denen eines als Schulkind nachmittags in den Hort geht, müssten erhebliche Mehrkosten schultern.
„Die Mittelschicht ist der Verlierer der Kita-Reform“, sagt die Ahrensburgerin Maren Warneke, die als berufstätige Mutter für die Betreuung ihres Krippen- und ihres Grundschulkindes mit monatlich mindestens 120 Euro Mehrkosten ab August rechnet. „Bislang haben wir von der Geschwisterermäßigung in Höhe von 70 Prozent fürs zweite Kind profitiert, doch diese soll ab August wegfallen. Dann wird es für vier- oder mehrköpfige Familien mit Betreuungsbedarf bis 16 Uhr oder länger richtig teuer.“ Konkret bedeutet das, dass diese Eltern trotz sinkender Grundgebühren viel mehr zahlen müssen.
Betreuung außerhalb von 8 bis 16 Uhr wird wohl auch teurer
Gemeinsam mit der Ahrensburgerin Marie Koch, dreifache Mutter und in Teilzeit berufstätig, hat Warneke ortsübergreifend Kontakt zu anderen Eltern aufgebaut, um bei Politik und Verwaltung für eine Änderung des Reformvorhabens zu werben. „Unsere WhatsApp-Gruppe wird immer größer“, sagt Warneke. „Gerade bemühen wir uns um Kontakt nach Reinbek und Bad Oldesloe. Es wird viele Familien in Stormarn finanziell treffen, doch das ist wenige Wochen nach dem Beschluss des Landtags noch gar nicht allen klar.“
Bei Familie Schoon aus Ahrensburg würde die monatliche Belastung von bisher 486 Euro durch die Betreuung von einem Krippen-, einem Elementar- sowie einem Hortkind von 8 bis 16 Uhr auf voraussichtlich 640 Euro steigen. „Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass die Essensgebühren wohl auch erhöht werden“, sagt Wiebke Schoon, die noch in Elternzeit ist und ab Herbst wieder in Teilzeit arbeiten möchte.
Mehrfachbelastungen drohen an mehreren Stellen
Mehrbelastungen drohen nicht nur durch die Neuregelung der Geschwisterermäßigung. Bislang waren die Kosten für die Betreuung in den Randzeiten, also vor 8 und nach 16 Uhr, in der Ahrensburger Kita Stadtzwerge, wo die Kinder von Schoon und Warneke untergebracht sind, über eine Umlage finanziert. Künftig wird hierfür bei Bedarf ein Stundensatz fällig, der mit 7,21 Euro für ein Krippen- und 5,66 Euro für ein Elementarkind zu Buche schlägt. Wer Randzeiten nutzen will, muss sie fürs gesamte Kindergartenjahr 2020/2021 und die komplette Woche buchen – unabhängig davon, wie der tatsächliche Bedarf ist.
„Ich hatte vor, dieses Jahr wieder in meinem Job anzufangen“, sagt Inga Krassow, Mutter von zwei Hort-, einem Elementar- und einem künftigen Krippenkind und derzeit noch in Elternzeit. „Doch wir müssen uns bis 7. Februar auf die Nutzung der Randzeiten festlegen, ohne die tatsächlichen Gesamtkosten und den Bedarf meines Arbeitgebers ab August zu kennen. Allein durch den Wegfall der Geschwisterermäßigung und der Kosten für Randzeitenbetreuung schätzen wir unsere Mehrkosten auf 517 Euro. Ich überlege, auf die Rückkehr in den Job vorerst zu verzichten, um Betreuungskosten zu sparen.“
Ahrensburg wartet noch auf Ausführungshinweise aus Kiel
Tatsächlich ist fünf Wochen nach der Beschlussfassung in Kiel noch vieles unklar. Fabian Dorow, Sprecher der Stadt Ahrensburg, die 24 Krippen und Kitas im Stadtgebiet betreut, sagt: „Ich kann die Unruhe verstehen. Die Reform darf nicht zu Lasten der Kinder und Eltern gehen. Wir haben vom Land noch keine Ausführungshinweise zur Kita-Reform erhalten. Fest steht aber: Für die Geschwisterermäßigung ist weiterhin der Kreis Ansprechpartner.“ Und die Kreisverwaltung hat eine klare Haltung. „Wir werden der Politik empfehlen, bei den Berechnungen für die Geschwisterermäßigung die Hortkinder künftig nicht mitzuzählen“, sagt Stefan Dzyk, Fachdienstleiter Familie und Schule beim Kreis.
Bislang wurden Schulkinder in Hortbetreuung als sogenanntes Zählkind berücksichtigt, wenn es um die Frage der Geschwisterermäßigung ging. Eltern profitierten von Zuschüssen in Höhe von 70 Prozent für die Betreuungskosten des jüngeren Geschwisterkindes. Kinder, die hingegen eine Offene Ganztagsschule (OGS) besuchen, wurden nicht mitgezählt, die Eltern erhielten keine Zuschüsse. „Mit der Kita-Reform will das Land alle Schulkinder gleich behandeln“, sagt Dzyk. „Würden die OGS-Kinder künftig genauso wie die Hortkinder bei der Geschwisterermäßigung mitgezählt, könnten wir die Bezuschussung als Kreis finanziell nicht mehr leisten. Wir haben im Kreis wesentlich mehr OGS- als Hortkinder.“ Die Reform sieht nur noch für mehrere Kinder einer Familie Ermäßigungen vor, wenn alle in Kitas oder Tagespflege untergebracht sind.
Familienminister Heiner Garg (FDP) hält am Nutzen der Reform fest. „Kommunen, auch der Kreis Stormarn, erhalten in der Summe dadurch mehr Mittel, nicht weniger. Wenn Träger oder Kommunen zusätzlich mehr Angebote bereitstellen wollen, müssen sie diese in Zukunft außerhalb der Standardfinanzierung allein bezahlen.“ Der Kreis Stormarn müsse die Geschwisterermäßigung für Hortkinder nicht streichen. „Für Geschwisterermäßigung war im Kita-Gesetz bislang überhaupt keine Höhe vorgesehen.“ Der Kreis könne darüber hinausgehende Leistungen weiterführen.
Jugendhilfeausschuss des Kreistags: Mo 10.2., 19.00, Kreistagssitzungssaal. Mommsenstraße 13, Bad Oldesloe