Ahrensburg. Im Vorfeld des ITS-Weltkongresses im Herbst 2021 will Bahn-Tochter das Anrufsammeltaxi im Raum Brunsbek in Testphase ersetzen.
Wenn vom 11. bis 15. Oktober 2021 mehr als 10.000 Experten beim ITS-Weltkongress in Hamburg über die Mobilität der Zukunft diskutieren, will die Hansestadt als Gastgeber zeigen, wie moderne Verkehrssteuerung in einer Metropolregion aussehen kann. In mehreren Projekten sollen bis dahin etwa Möglichkeiten vorgestellt werden, wie das Umland besser angebunden und vernetzt werden kann. Davon wird auch der Kreis Stormarn als Teil der Pilotregion profitieren.
In das Thema neue Mobilität kommt jetzt viel Bewegung
„Innerhalb weniger Tage ist plötzlich viel Bewegung in das Thema gekommen“, sagt Thilo Scheuber, Leiter des Fachbereichs Bau, Umwelt und Verkehr. Gerade erst habe sich die VW-Tochter Moia im Bau- und Planungsausschuss der Stadt Ahrensburg präsentiert. „Jetzt erwägt auch die Bahn-Tochter Ioki Mobilitätsangebote in Stormarn“, sagt Scheuber zum Abendblatt.
Raum Brunsbek/Rausdorf soll zu einem Testgebiet werden
Beide Unternehmen sind im Bereich der On-Demand-Angebote aktiv. Ähnlich wie beim Anrufsammeltaxi können die Kunden auch hier Transfers individuell beauftragen. Während Moia die Route je nach Fahrgastaufkommen festlegt, verkehren die Ioki-Kleinbusse auf festgelegten Linien. Im einen wie im anderen Fall geht es darum, den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu ergänzen oder alternative Mobilitätsangebote mit höchster Flexibilität zu schaffen.
Über die nationale Plattform „Zukunft der Mobilität“ der Bundesregierung soll in diesem und im nächsten Jahr bis zum Weltkongress Fördergeld in erheblichem Umfang in das so genannte Reallabor Hamburg fließen. „Deshalb werden nun möglichst schnell Teilprojekte definiert, um konkrete Förderanträge stellen zu können“, so Björn Schönefeld, ÖPNV-Experte in der Kreisverwaltung. Durch das Bundesprogramm Autonomes und Vernetztes Fahren seien Förderquoten zwischen 50 und 100 Prozent möglich.
Nachdem es bereits zu Anfang dieses Jahres erste Gespräche zu On-Demand-Angeboten für den Kreis gab, hatte Schönefeld sofort ein mögliches Testgebiet definiert. Die Gemeinden Brunsbek, Stellau, Stemwarde und Rausdorf liegen zwar ziemlich zentral in einem Gebiet östlich der Autobahn 1, nördlich der Autobahn 24 und westlich der Bundesstraße 404. Dennoch haben die Bewohner dort oft Probleme, ein Sammeltaxi ordern zu können. Ziel sei zudem die Anbindung Richtung Trittau/Neuschönningstedt, Haidkrug und Großlohe zu verbessern, wo überall der Umstieg auf reguläre Buslinien möglich ist.
Wenn der Kreis mit seinem Projekt zum Zuge kommt, könnte bereits Anfang Februar 2020 mit der Analyse des Testgebiets samt Kostenschätzung für den Betrieb begonnen werden. Federführend ist dann die Süderelbe AG mit Sitz in Harburg. Sie wird im Reallabor Hamburg die Teilprojekte zur besseren Anbindung ländlicher Gebiete koordinieren.
Per App können die Transfers von Kunden geordert werden
„Bis Ende Januar sollen Projektskizzen vorliegen, um die Fördermittel beantragen zu können“, sagt Süderelbe-Vorstand Olaf Krüger. Im Süderelberaum habe man sich in einem ersten Schritt auf eine Mobilitätsanalyse der Städte Stade, Buxtehude, Winsen, Buchholz und Lüneburg konzentriert und hier vor allem die Anbindung von Gewerbegebieten untersucht. Enge Kooperationspartner seien neben Ioki selbst die KVG Stade und die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH).
Mit einer App kann Ioki rund um die Uhr gerufen werden
„Mit Ioki würden wir in ländlichen Gegenden einen großen Schritt in die Zukunft machen und das bestehende System der Anrufsammeltaxis deutlich optimieren“, sagt Schönefeld. Mittels einer App können die Gefährte nicht nur rund um die Uhr angefordert werden, sondern sogar kurzfristig. Die Anmeldung soll bei entsprechendem Ausbau des Fahrzeugnetzes bis zehn Minuten vor Abfahrt möglich sein. Aufgebrochen wird zudem das hergebrachte Haltestellensystem. Im Ioki-Einsatzgebiet sollen zur optimalen Flächenabdeckung Haltepunkte in einem Abstand von nicht mehr als 200 Metern Entfernung möglich sein. Bezahlen kann der Kunde den Fahrservice dann über die App – wie etwa mit einer gültigen Fahrkarte des Verkehrsverbundes.
Integration ins Tarifsystem des Verkehrsverbunds
„Weitere Pluspunkte wären der Einsatz von E-Mobilen sowie die vollständige Integration ins Tarifsystem und den Fahrplan des Hamburger Verkehrsverbundes“, sagt Björn Schönefeld. Ein Vorteil gegenüber Moia, dessen Service mit Extrakosten verbunden ist. Auch wenn diese, zumindest in Hamburg, unter den regulären Taxitarifen liegen.
Wie attraktiv der Kreis Stormarn für Ioki offenbar ist, mag zudem die Tatsache belegen, dass sich die Bahn-Tochter, wie zuvor schon Moia, ebenfalls in Ahrensburg vorstellen will. Und zwar bei einer gemeinsamen Sitzung von Bau- und Umweltausschuss am 8. Januar. Thilo Scheuber sagt: „Ein Beleg dafür, wie das Thema alternative Mobilität gerade Fahrt aufnimmt.“