Ahrensburg. Landes-CDU will Voraussetzungen für Testbetrieb schaffen. Politiker halten Ahrensburg oder Süden des Kreises geeignet.
Die CDU-Landtagsfraktion will dafür sorgen, dass neue Mobilitätsangebote wie der Fahrdienst Moia bald auch in Stormarn zulässig sind. Bisher ist das sogenannte Ridesharing, bei dem sich mehrere Fahrgäste einen Wagen teilen, in Schleswig-Holstein aus rechtlichen Gründen nicht möglich. „Das Personenbeförderungsrecht erlaubt nur Taxis“, sagt Lukas Kilian, CDU-Landtagsabgeordneter aus Glinde. „Nach Paragraf zwei kann aber eine Sondergenehmigung für einen auf vier Jahre befristeten Testbetrieb erteilt werden.“
In Hamburg ist dies bereits geschehen. Seit April 2019 sind die gold-schwarzen Elektro-Kleinbusse der VW-Tochter Moia in der Metropole unterwegs, haben im ersten halben Jahr 770.000 Fahrgäste transportiert. Nutzer müssen per Smartphone-App Start, Ziel und gewünschte Abfahrtszeit auswählen. Dann ermittelt der Dienst eine Routenführung, bei der auch andere Fahrgäste mitgenommen werden können.
Thema müsse zunächst im Kreisverkehrsausschuss diskutiert werden
Lukas Kilian möchte, dass bei den Fahrten künftig nicht mehr an der Landesgrenze Schluss ist. In der heutigen Sitzung des Arbeitskreises Wirtschaft/Verkehr mit den Koalitionspartnern von Grünen und FDP steht ein entsprechender Antrag der CDU auf der Tagesordnung. Sollten sich die drei Fraktionen bei dem Thema einig sein, könnte Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) den Auftrag erhalten, die „Experimentierklausel“ im Personenbeförderungsgesetz zu nutzen. Anschließend müssten die Kreise, die in Schleswig-Holstein für die Personenbeförderung zuständig sind, entscheiden, ob sie einen Testbetrieb in ihrer Region zulassen wollen.
Landrat Henning Görtz spricht von einer „hochinteressanten Sache“. Er sei „sehr aufgeschlossen“ für Gespräche, so Stormarns oberster Verwaltungschef weiter. Bisher habe es diese noch nicht gegeben. „Grundsätzlich ist alles gut, was dazu dient, den Individualverkehr zu reduzieren.“ Das Thema müsse aber zunächst im Kreisverkehrsausschuss diskutiert werden. Bei der Entscheidung spiele auch die Kostenfrage eine Rolle. „Wir müssen gucken, dass wir uns nicht selbst Konkurrenz machen“, sagt Görtz gegenüber dem Abendblatt und verweist auf Angebote wie die Stadtverkehre und Anruf-Sammeltaxis. „Wir müssten prüfen, wie viele Gäste wir durch das neue Angebot verlieren würden.“
Eine feste Einwohnerzahl sei für den Betrieb nicht entscheidend
Und wie sieht das Interesse bei Moia aus, den Betriebsbereich auf Schleswig-Holstein zu erweitern? Sprecher Christoph Ziegenmeyer sagt dazu auf Abendblatt-Anfrage, dass das Unternehmen im kommenden Jahr zunächst den Fokus darauf legen werde, sein Geschäftsgebiet und Angebot innerhalb Hamburgs auszuweiten. „Dann wäre einer der nächsten Schritte, zu prüfen, ob Moia auch in den angrenzenden Regionen eingeführt werden könnte“, so Ziegenmeyer weiter.
Letztlich hänge das von den lokalen Bedingungen ab. Wie ist das Verkehrsverhalten in der jeweiligen Stadt oder Gemeinde? Wie viele Menschen sind mit einem privaten Auto unterwegs? Wie viele von ihnen wären bereit, umzusteigen? All diese Faktoren müssten geprüft werden. Eine feste Einwohnerzahl, die für einen wirtschaftlichen Betrieb nötig sei, gebe es nicht. CDU-Politiker Lukas Kilian könnte sich Ridesharing-Angebote gut im Süden Stormarns vorstellen. Oststeinbek, Barsbüttel, Reinbek und Wentorf eigneten sich seiner Ansicht nach durch die unmittelbare Nähe zu Hamburg. „Hier eine Testphase zu starten, ist für die Region, aber auch das Land gewinnbringend“, sagt er. „Die Anbieter benötigen eine gewisse Anzahl von Fahrten, sonst lohnt sich das nicht.“
Niegengerd sieht Einführung von Ridesharing-Angeboten als sinnvoll an
Auch die Stadt Ahrensburg hätte seiner Einschätzung nach eine geeignete Größe. In ländlichen Gebieten sei es dagegen eher schwierig. „Ich würde mich freuen, wenn wir die rechtlichen Voraussetzungen bis Frühjahr 2020 schaffen könnten“, sagt Kilian. „Mit einem Auto fahren durchschnittlich nur 1,4 Personen. Beim Ridesharing teilen sich mehr Menschen ein Fahrzeug – das ist gut für den Klimaschutz und entlastet den Verkehr in den Städten.“
Als „überlegenswert“ bezeichnet der SPD-Kreistagsabgeordnete Reinhard Niegengerd die Einführung von Ridesharing-Angeboten in Stormarn. Er sagt: „Im Hamburger Umland – also in Ahrensburg, Großhansdorf und im Süden Stormarns – könnte es sinnvoll sein.“ Insbesondere in Ahrensburg fände er ein solches Angebot im Hinblick auf die geplante S-Bahnlinie 4 gut. „Das könnte ein guter Zubringerdienst zum Bahnhof sein und damit zur Reduzierung des Individualverkehrs und des Parkplatz-Problems beitragen“, sagt Niegengerd, der auch Mitglied des Kreisverkehrsausschusses ist.
Ausschussmitglied Joachim Germer (Grüne) ist skeptischer. „Vom Prinzip her wäre es natürlich eine Verbesserung, wenn elektrische Fahrzeuge unterwegs und auch für mehrere Fahrgäste offen sind“, sagt der Barsbütteler. Sorgen bereiten ihm jedoch die Auswirkungen auf das Taxigewerbe. „In Barsbüttel haben wir zum Beispiel nicht mehr viele Anbieter. Wenn diese wegen der neuen Konkurrenz aufgeben, wer übernimmt dann die wichtigen Krankenfahrten?“