Bargteheide. Bargteheider Unternehmer fürchten Zerstörung der Einzelhandelsstruktur in der Stadt durch neues Einkaufszentrum Am Redder 2.
Im Kampf um Kunden und Marktanteile plant die Unternehmensgruppe Bartels-Langness im Bargteheider Gewerbegebiet an der Lohe eine Investitionsoffensive in großem Stil. Künftig sollen auf dem zwei Hektar großen Terrain Am Redder 2 neben einer neuen Famila-Filiale noch ein Discounter, ein Tierfuttermarkt sowie ein Bau- und Gartenfachmarkt aus dem Boden gestampft werden. Dagegen regt sich massiver Widerstand anderer Gewerbebetriebe der Stadt.
Im Mittelpunkt der Kritik steht ein Verträglichkeitsgutachten der Cima Beratung + Management GmbH, das die Stadtverwaltung in Auftrag gegeben hat. Ziel war es, die Auswirkungen des Konzepts auf die bereits bestehenden Einzelhandelsstrukturen zu betrachten. „Dabei haben sich die Gutachter jedoch nur auf 26 Betriebe des Lebensmittel- und Drogeriebereichs bezogen, weil alle anderen Gewerbe angeblich nicht zentrumsrelevant sind. Bargteheide ist aber weit mehr als der Betrachtungsraum Rathausstraße“, moniert Kai Jentsch, Chef der gleichnamigen Gärtnerei in der Hamburger Straße. Wenn man bedenke, dass es in der Stadt rund 900 Gewerbetreibende gebe, dann habe eine umfassende, belastbare Verträglichkeitsprüfung überhaupt nicht stattgefunden.
Knapp 12.000 Quadratmeter sollen überplant werden
Dass Bartels-Langness den Abriss seiner völlig veralteten und nicht mehr zeitgemäßen Bestandsimmobilie zugunsten eines modernen Neubaus forciert, stößt weitgehend auf Verständnis. Auch wenn die Verkaufsfläche des neuen Famila-Markts künftig um stattliche 1000 auf dann 4200 Quadratmeter erweitert werden soll, zuzüglich 500 für eine Mall mit Shops in der Vorkassenzone.
Um allerdings noch mehr Frequenz für den Standort zu generieren, sollten dort auch flankierende Fachmärkte weiterer Branchen angesiedelt werden. In einer Größenordnung, die alles in allem noch einmal 7200 Quadratmeter plus 350 Parkplätze umfasst. „Da ist nur schwer einzusehen, warum in einem Gutachten nur Untersuchungen zu einem Drittel der Planfläche angestellt werden“, sagt Wolfgang Sarau, Vorsitzender des Rings Bargteheide Kaufleute (RBK). Sich nur auf die Rathausstraße zu fokussieren, sei der Tragweite des Großprojekts nicht angemessen. „Außerdem wollen wir hier keine Ahrensburger Verhältnisse, wo sich immer mehr Konsum in Gewerbegebiete auf der grüne Wiese verlagert.
Rathaussprecher Alexander Wagner versuchte, das beengte Sichtfeld der Gutachter damit zu erklären, dass der Stadt derzeit noch ein Einzelhandelskonzept fehle: „So hat die Cima offenbar selbst definiert, was zentrumsrelevant ist: nämlich der Bereich zwischen Rewe Am Markt und dem Bahnhof.“
Für Jörn Andresen, Chef der gleichnamigen Baumschule am Langenhorst 4, nur 1500 Meter vom Famila-Grundstück entfernt, ist das Projekt der Unternehmensgruppe Bartels-Langness völlig überzogen und maßlos. „Es gibt eine gewachsene, funktionierende Einzelhandelsstruktur in Bargteheide. Warum die jetzt aufs Spiel gesetzt werden soll, erschließt sich mir nicht“, sagt er.
Für einen weiteren Bau- und Gartenfachmarkt sehe er keinen Bedarf. Mit seinem Betrieb und der Gärtnerei Jentsch sei der Grünbereich bestens abgedeckt. Und für Baustoffe, Werkzeuge und Maschinen gebe es bereits die Baumärkte Gaycken und Holländer, die ebenfalls im Gewerbegebiet nördlich der Lohe angesiedelt sind.
Fraktionen hatten plötzlich noch Beratungsbedarf
Zumal ein neuer Bau- und Gartenfachmarkt nach Ansicht von Kai Jentsch mit 5000 Quadratmetern, inklusive Freiflächen und Kalthallen, für heutige Maßstäbe unterdimensioniert wäre. Normal seien inzwischen 10.000 bis 15.000 Quadratmeter. „Um bei einer Größe von 5000 Quadratmetern wirtschaftlich zu sein, müsste der neue Baumarkt fast 30.000 Kunden im Jahr haben. Das dürfte bei einem Einzugsgebiet mit 20.000 Menschen schwierig werden“, sagt Jentsch. So stelle sich die Frage, ob der Bau- und Gartenfachmarkt womöglich nur Platzhalter für etwas ganz anderes sei. Doch darüber sollte spätestens dann Klarheit bestehen, wenn eine Änderung des Bebauungsplans beschlossen werde.
Was die Gewerbetreibenden unterdessen unisono wundert, ist die Tatsache, warum den Kommunalpolitikern die gravierenden Nebenwirkungen der Famila-Planungen offenbar nicht aufgefallen sind. Ursprünglich sollte die Änderung des Bebauungsplanes 5a bereits in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Planung und Verkehr zur Beschlussreife gebracht werden. Doch nach den mahnenden Einsprüchen aus dem Auditorium sahen plötzlich alle Fraktionen weiteren Beratungsbedarf.
51,1 Millionen Euro Umsatz allein mit Lebensmitteln
Nach einer ausdrücklichen Empfehlung seitens der Cima-Gutachter hat sich Bartels-Langness von dem Discounter inzwischen verabschiedet. Trotzdem wird den Lebensmittelhändlern und Drogerien im Zentrum laut Cima rund 4,7 Prozent an Umsatz verloren gehen. Was aber angesichts des relevanten Gesamtumsatzes von 51,1 Millionen Euro im Jahr als unkritisch bewertet wird.
Im Januar soll es nach Abendblatt-Informationen ein Gespräch von Famila mit dem Ring Bargteheider Kaufleute geben, bevor das Thema am 13. Februar wieder in den Ausschuss kommt. „Wir hoffen bis dahin auf breite Zustimmung für die dann abgestimmte Planung, sodass wir das B-Planverfahren schon bald auf den Weg bringen können“, sagte Famila-Sprecherin Solveig Hannemann auf Abendblatt-Nachfrage.
Da das Umsatzpotenzial in der Stadt in den nächsten Jahren kaum größer werde, plädieren Bargteheides Grüne dafür, Bartels-Langness möge auch auf den Bau- und Gartenfachmarkt verzichten. „Stattdessen sollte das Unternehmen lieber über den Bau von Büros und Wohnungen und eine Teilentsiegelung der Fläche nachdenken“, mahnt Fraktionschefin Ruth Kastner. Torsten Frehe (CDU), der Vorsitzende des Planungs- und Verkehrsausschusses, könnte sich stattdessen die Ansiedlung eines Möbelmarkts vorstellen. „Prinzipiell können und wollen wir Konkurrenz aber nicht verhindern“, so Frehe.