Ahrensburg. Stadt soll lebenswerter werden. Parteien suchen Lösungen für innerstädtischen Verkehr. Doch sie wollen unterschiedliche Wege gehen.
Unnötigen Verkehr aus der Innenstadt heraushalten und Alternativen durch Car-Sharing, E-Bikes, Fahrräder und Busse anbieten – das sind die Pläne der Ahrensburger Parteien für die mobile Zukunft der Schlossstadt. Während bei den Zielen Einigkeit herrscht, gibt es für den besten Weg dahin unterschiedliche Konzepte, wie zuletzt bei der Entscheidung für einen temporären Parkplatz auf dem Stormarnplatz deutlich wurde. Welche Ideen haben die Parteien? Welches Verkehrsaufkommen erwarten Verwaltung und Mobilitätsforscher für Hamburgs Umland? Das Abendblatt hat nachgefragt.
Die Linke will kein Geld für neue Parkplätze ausgeben
Auf einer Veranstaltung der Linken zum Thema Verkehrswende sagte ihr Fraktionsvorsitzender Ali Haydar Mercan: „Wir wollen den motorisierten Individualverkehr aus der Innenstadt heraushaben.“ Dafür müssten Alternativen geschaffen werden. Geld in neue Parkplätze oder eine Tiefgarage zu „versenken“, das wolle die Partei jedenfalls nicht, so Mercan. Die CDU will den Verkehr zwar auch reduzieren, hält eine autofreie Innenstadt in absehbarer Zukunft aber für unrealistisch. Fraktionschef Detlef Levenhagen sagt: „Ältere Menschen müssen zum Arzt oder Pakete abgeben.“ Außerdem verursachten Auswärtige rund 50 Prozent des Verkehrs. „Wenn wir wollen, dass die weiter bei uns einkaufen, können wir sie nicht aufs Fahrrad verweisen“, so der CDU-Mann. Doch auch er konstatiert: „Derzeit ist die Innenstadt zu voll mit Autos.“
Eine Lösung sieht seine Partei in der Schaffung einer Tiefgarage mit 240 Plätzen unter dem Stormarnplatz. Und zwar als eine zentrale Anlaufstelle, von wo aus die Wege in der Innenstadt zu Fuß zurückgelegt werden könnten. Levenhagen sagt auch: „Wenn wir etwas ändern, muss das in Absprache mit den Geschäften im Ort geschehen.“
Ähnlich sieht das Peter Egan von der Wählergemeinschaft WAB. „Wir wollen die Dominanz des Autoverkehrs in der Innenstadt zurückdrängen.“ Ihn auf Null zu reduzieren, werde jedoch nicht möglich sein. Wenn durch den angedachten Umbau einiger Straßen und Plätze die Zahl der Parkplätze in der Innenstadt reduziert werde, sei das in gewissem Maße wünschenswert, so Egan. Es müsse jedoch im Vorwege klar sein, ob und wie wegfallende Parkplätze kompensiert werden. „Der provisorische Parkplatz auf dem Stormarnplatz soll den Wegfall der Alten Reitbahn während des Neubaus kompensieren, die spätere Tiefgarage unter dem Stormarnplatz die an der Hamburger Straße.
Weniger Verkehr in der Innenstadt ist auch das Ziel der SPD. „Doch auf dem Weg dahin brauchen wir eine Zwischenlösung.“ Für Fraktionschef Jochen Proske wäre dies das jüngst verworfene Parkhaus auf dem Stormarnplatz gewesen. „Die Lösung ist uns von der Verwaltung viel zu negativ dargestellt worden“, sagt der Sozialdemokrat. Um eine optimale Lösung zu finden, müssten Politik und Verwaltung noch besser verstehen, wer wann wo und wie lange Parkplätze in der Stadt benötige. „Was benötigen Anwohner, Pendler, Einkäufer und die Arbeitnehmer der Geschäfte?“
FDP-Fraktionsvorsitzender Thomas Bellizzi sagt: „Wegfallende Parkplätze nicht zu ersetzen, ist utopisch.“ Der öffentliche Personennahverkehr sei gerade für die oft keine Alternative, die aus dem ländlichen Umland in die Schlossstadt kommen. „Und den Takt und das Netz so zu verdichten, bis das der Fall ist, ist wirtschaftlich nicht zu machen.“ Verbote oder eine beabsichtigte Verknappung der Parkmöglichkeiten sind jedenfalls für den Liberalen kein probates Mittel, die Menschen zum Umdenken zu bewegen. „Die Leute müssen überzeugt werden“, sagt er. Ein vernünftiges Parkleitsystem, Anruf-Sammel-Taxis und Car-Sharing könnten dazu beitragen. „Gerade für Menschen im Schichtdienst, die früh morgens oder spät abends mobil sein müssen“, so Bellizzi.
Die Grünen wollen nach der Sommerpause ein Konzept vorlegen
Am nächsten kommen den Wünschen der Linken offenbar die Grünen. Fraktionsvorsitzende Nadine Levenhagen sagt: „Eine autofreie Innenstadt ist in wenigen Jahren realistisch.“ Ein entsprechendes Konzept wolle die Partei nach der Sommerpause vorlegen. Ein erster Schritt dazu sei der von der Verwaltung angedachte Umbau einiger Innenstadtstraßen, nach dem der „Dreizack“ aus Hamburger Straße, Manhagener und Hagener Allee einen Teil seiner Parkplätze verlieren soll. „Durchgangsverkehr und Parkplatzsuche sollen aus der Innenstadt, die jetzt noch von Autos beherrscht wird“, sagt Levenhagen. Anders als die Linken halten die Grünen jedoch eine Tiefgarage unter dem Stormarnplatz für ein probates Mittel dazu. „Denn die Aufenthaltsqualität wächst ohne Autos“, ist Levenhagen überzeugt. In einem nächsten Schritt könne dann auch der Rathausplatz gesperrt werden.
Dass es auch in der weiteren Zukunft Bedarf an Parkplätzen und eine gute Erreichbarkeit der Innenstadt mit dem eigenen Auto gibt, davon ist Bauamtsleiter Peter Kania überzeugt. „Selbst wenn das autonome Fahren eines Tages kommt, wird der Verkehr nicht unbedingt weniger“, sagt er. Anstatt sich das Auto zu teilen, würden weiterhin viele Nutzer allein fahren. „Außerdem wird die Nutzergruppe durch Jugendliche und Senioren größer, die bisher noch nicht oder nicht mehr mit dem Auto unterwegs sind.“ Dasselbe gelte für den Lieferverkehr. „Früher wurde zentral an ein Geschäft geliefert, heute gibt es viele kleine Lieferungen von Internetbestellung nach Hause.“ Dafür fielen jedoch Fahrten zum Geschäft weg. „Eine Rechnung mit vielen Variablen“, sagt Kania. Ahrensburgs Innenstadt lebe von ihrer guten Erreichbarkeit. „Das sollte nicht geändert werden“, sagt der Bauamtsleiter. Eine Tiefgarage könnte jedoch helfen, den Parkverkehr aus der City herauszuhalten. „Dafür darf das Parken an der Straße aber nicht mehr billiger sein“, sagt der Bauamtsleiter.
Auf die Art des Car-Sharings kommt es an
Car-Sharing könne dennoch helfen, den Verkehr zu reduzieren, ist Carsten Redlich vom Anbieter Cambio überzeugt. „Aber nur stationsbasierte Systeme.“ Alles andere seien eher „Selbstfahrer-Taxis“. Schließlich solle das Auto – egal ob elektrisch oder konventionell angetrieben – nur bei Notwendigkeit und nicht aus Bequemlichkeit genutzt werden. So könnten zehn bis 15 Privatautos ersetzt werden. „Gleichzeitig ist das für uns nur wirtschaftlich, wenn das System nicht nur als Zweitwagen-Ersatz genutzt wird“, sagte Redlich bei der Diskussionsveranstaltung der Linken.
Unterdessen spricht sich Professor Wolfgang Maennig von der Universität Hamburg dafür aus, ein entsprechendes Angebot im Zweifel mit einer Anschubfinanzierung durch die öffentliche Hand zu schaffen und auszuprobieren. „Dann wird die Nachfrage auch in der Vorstadt kommen“, ist er überzeugt. Jedenfalls sollten die Kommunen mehrere Anbieter anfragen, um den Zuschussbedarf zu kennen. Einsparpotenzial könnte sich dann zum Beispiel bei schlecht ausgelasteten Buslinien ergeben. Das sei ein prüfenswerter Vorschlag, wie es unisono aus der Ahrensburger Politik heißt.