Bad Oldesloe. Wie in Bad Oldesloe werden in vielen Stormarner Orten freie Immobilien nicht vermietet. Linke fordern härtere Auflagen.
In Hamburg demonstrieren an diesem Sonnabend Tausende gegen „Mietenwahnsinn“, auch im Kreis Stormarn ist Wohnen so teuer wie nie. Die Preise für Häuser haben sich in zehn Jahren von Reinbek über Ahrensburg bis Bargteheide und Trittau verdoppelt. Die Mieten sind drastisch gestiegen, liegen teilweise bei zwölf Euro und mehr je Quadratmeter. Laut Gutachtern sind jährlich 1000 neue Wohnungen nötig: Im vergangenen Jahrzehnt hat sich die Einwohnerzahl um gut 16.000 auf jetzt 243.000 erhöht.
Doch obwohl die Wohnungsnot offensichtlich ist, stehen nach einer Untersuchung der Stormarner Linken in nahezu allen Städten und Gemeinden reihenweise Häuser leer, liegen baureife Grundstücke brach. „Der Druck reicht offensichtlich nicht aus“, sagt Christian Vollpott, Fraktionsmitglied der Linken in Bad Oldesloe. Seine Partei sieht sowohl Kommunen als auch Kreis, Land und Bund in der Pflicht, schnell zu handeln, um das „Grundrecht auf Wohnen“ zu sichern.
In Neubaugebieten können Baugebote das Problem lösen
Vollpott hat allein in seiner Heimatstadt mehr als 150 unvermietete Immobilien und unbebaute Grundstücke aufgelistet. Die Palette reicht vom ehemaligen Nickel-Kaufhaus an der Lübecker Straße über die Blocks am Wendum und die Stoltenrieden-Hochhäuser bis zu Stadtvillen an der Salinenstraße oder Baulücken im Gebiet Steinfelder Redder. „Weil es seit Jahren kaum Zinsen fürs Geld gibt, wird mit Grund und Boden spekuliert“, sagt Vollpott. Welche Möglichkeiten es gibt, dagegen härter durchzugreifen, will die Oldesloer Verwaltung auf Linken-Initiative im Juni im Wirtschafts- und Planungsausschuss präsentieren. Für Neubaugebiete könnten Baugebote – zum Beispiel in einem Zeitraum von zwei Jahren – vorgegeben werden.
Niedersachsen hat jetzt ein Gesetz gegen Zweckentfremdung
„Das Problem besteht ja in allen Stormarner Kommunen“, sagt der Kreistagsabgeordnete Florian Kautter. In anderen Orten wie Bargteheide habe er ohne großartige Suche Immobilien entdeckt, die offensichtlich seit Langem leer stehen. Bei Wohnungsnot könne man nicht einzig auf Neubauten setzen, sondern müsse alle Möglichkeiten nutzen.
Eine davon sei ein Gesetz gegen Zweckentfremdung von Wohnraum nach niedersächsischem Vorbild. In Hannover hat der Landtag mit Stimmen von CDU und SPD beschlossen, dass Wohnungen unter anderem nicht länger als sechs Monate leer stehen oder länger als zwölf Wochen im Jahr als Ferienwohnung angeboten werden dürfen. Entsprechende Satzungen können Kommunen mit Wohnungsnot jetzt erlassen. Hannover erfährt über abgemeldete Stromzähler von Leerständen.
Wiener Modell könnte ein Beispiel für Kommunen sein
Zudem sollten sich die Kommunen wieder selbst im Neubau engagieren. Das Stormarner Bündnis für bezahlbares Wohnen – ein Netzwerk aus Kreis, Städten, Gemeinden und acht Unternehmen – reiche nicht. „Das ist nicht mehr als ein Willensbekenntnis“, sagt Kautter. „Wir brauchen kommunale Wohnungsbaugesellschaften.“ Stormarn könne als einzig schuldenfreier Kreis in Schleswig-Holstein da durchaus eine Vorreiterrolle einnehmen.
Ein gutes Beispiel sei das sogenannte Wiener Modell: Die österreichische Hauptstadt besitzt selbst rund 220.000 Gemeindewohnungen und verwaltet mehr als 200.000 weitere, die sie gefördert hat. Mehr als 60 Prozent der Einwohner leben in einer solchen Wohnung. Sie zahlen um die vier Euro pro Quadratmeter in älteren Immobilien und etwa 7,50 Euro bei Neubauten.
Die Metropolregion Hamburg wird weiter wachsen
„Das könnte auch eine Stadt wie Bad Oldesloe machen, zum Beispiel in einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft“, sagt Christian Vollpott. Der Eigenbetrieb müsse nicht den Gewinn maximieren, sondern rechne sich mit einer „Netto-Null“. Eine andere Variante sei die Vergabe von Grundstücken in Erbbaupacht – in der Regel über 99 Jahre. „Über Jahrzehnte haben die Kommunen ihre Flächen verscherbelt, und jetzt ist vielerorts alles weg“, sagt Vollpott.
Er blickt dabei auch auf die Landeshauptstadt: Die Kieler Ratsversammlung hatte im Herbst die Neugründung einer städtischen Wohnungsgesellschaft beschlossen, um Einfluss auf die steigenden Mieten nehmen zu können. 18 Jahre zuvor war die Kieler Wohnungsbaugesellschaft (KWG) verkauft worden.
Von allein werde sich die Situation in Stormarn nicht entspannen, so die Linken. „Die Metropolregion Hamburg wächst weiter, die Menschen ziehen her“, sagt Florian Kautter. „Hinzu kommt der demografische Wandel: Wir werden immer älter.“ Die Folge: Senioren bleiben länger in ihren Häusern, häufig zu zweit oder allein auf sehr vielen Quadratmetern.