Bargteheide/Lübeck. Im dritten Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder sollte das erste Plädoyer gehalten werden. Doch Sven S. verzögert den Ablauf.

Beim Prozess um die tödlichen Schüsse auf die Bargteheiderin Svea T. hat der Angeklagte mit einer Flut von Beweisanträgen und Erklärungen für Verzögerungen gesorgt. Die Folge: Die Dritte Große Strafkammer am Landgericht Lübeck wird ihr Urteil voraussichtlich erst am Donnerstag, 6. Juni, verkünden. Ursprünglich war als Termin Mitte Mai vorgesehen.

Der Prozess gegen den 37 Jahre alten Gerüstbauer dauert seit Januar. Es ist der dritte Versuch, zu einem rechtskräftigen Urteil gegen Sven S. zu kommen. Er soll seine Ex-Freundin im August 2016 unter einem Vorwand in seine Wohnung gelockt und sie dort mit drei Schüssen getötet haben, weil er die Trennung nicht akzeptieren wollte. Das Landgericht verurteilte ihn wegen heimtückischen Mordes Ende 2017 zu lebenslanger Haft, doch der Bundesgerichtshof hob das Urteil wegen eines Formfehlers auf. Zuvor war ein erster Prozess nach einer Erkrankung des damaligen Verteidigers geplatzt. Seit Jahresbeginn beschäftigen sich neue Richter mit dem Fall. Sie mussten in etlichen Verhandlungstagen alle Zeugen erneut befragen.

Schüsse hätten sich versehentlich gelöst

Die Beweisaufnahme sollte am Donnerstag abgeschlossen werden, Staatsanwalt Niels-Broder Greve wollte sein Plädoyer halten. Doch dazu kam es nicht. Sven S. legte dem Gericht mehrere Beweisanträge und Erklärungen vor. Sie drehten sich hauptsächlich darum, dass er nicht – wie von der Staatsanwaltschaft behauptet – noch zwei Mal auf sein Opfer geschossen habe, als es bereits am Boden lag. Bereits zu Prozessbeginn hatte er gesagt, die Schüsse hätten sich „versehentlich gelöst“.

Die als Beweismittel präsentierten Einschusslöcher auf dem Fußboden passten nicht zum Tatgeschehen, sagt Sven S.

Er wolle Sveas Jacke und das Laminatstück noch einmal sehen und „mit einem Zollstock seine Vorstellungen klar machen“. Die rechtsmedizinische Sachverständige im vorherigen Prozess habe auch Zweifel geäußert, behauptet der Angeklagte. Sie müsse erneut gehört werden. Sven S. beginnt, sich in Rage zu reden. Er liest seine Worte schnell von verschiedenen Zetteln ab, gestikuliert dabei teils wild mit den Händen. Das Gericht müsse ein Verfahren wegen Falschaussage gegen einen Beamten der Spurensicherung einleiten, fordert der Bargteheider. „Der Tatort wurde manipuliert, um das Gericht davon zu überzeugen, dass Svea auf dem Boden liegend von zwei Schüssen getroffen wurde. Das war aber nicht so.“

Der Polizei wirft S. unterlassene Hilfeleistung vor

Anderen Polizisten wirft er unterlassene Hilfeleistung vor. „Die Notärztin durfte erst nach 62 Minuten die Wohnung betreten, weil die Polizei auf das SEK gewartet hat. Bei sofortiger Behandlung wäre Svea noch am Leben.“ Dann verlangt er, dass alle seine SMS-Korrespondenzen aus der Zeit vor der Tat ausgewertet werden. Damit wolle er zeigen, dass er Sveas Tod nicht geplant und die Tatwaffe nur zum Schutz vor Einbrechern besorgt habe.

Der Vorsitzende Richter Kai Schröder entscheidet schließlich, die rechtsmedizinische Sachverstände beim nächsten Termin am 2. Mai zu hören. Die anderen Anträge lehnt die Kammer nach mehrstündigen Beratungen ab.