Ahrensburg. Mehrheit der Politiker will das über zwei Jahre erarbeitete Konzept nicht umsetzen – vor allem aus Kostengründen.

Rund 260.000 Euro im Jahr – so viel müsste Ahrensburg nach Berechnungen der Beratungsgesellschaft Cima für ein professionelles Stadtmarketing ausgeben. Viel zu viel, findet ein Großteil der Politiker. CDU, Grüne, Wählergemeinschaft WAB und Linke stimmten im Hauptausschuss dagegen, die von der Steuerungsgruppe „Stadtmarketing“ erarbeiteten Ideen umzusetzen.

Seit 2017 hatten Vertreter aller Fraktionen mit der Kaufleutevereinigung Stadtforum, der Industrie- und Handelskammer (IHK), dem Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga), der Interessengemeinschaft Hagener Allee und der Verwaltung ein Konzept erarbeitet, wie Ahrensburg seine Attraktivität für Unternehmen, Touristen und potenzielle Neubürger steigern könnte. Sie entwickelten den Slogan „Ahrensburg vereint das Beste aus zwei Welten, wo Kinder glücklich groß werden, wo starke Wirtschaft weiter wächst und wo man das Leben bewusst genießt“ und sprachen sich beim letzten Treffen Ende Januar 2019 mehrheitlich für die Gründung einer GmbH aus.

Bürgermeister zeigt sich von Nein aus der Politik irritiert

Bürgermeister Michael Sarach zeigt sich irritiert über die jetzt erfolgte Ablehnung. „Es gab während des Prozesses viele Chancen, Nein zu sagen. Aber Sie haben immer alles abgenickt“, sagt der Verwaltungschef in Richtung Politik. „Und jetzt kommt kurz vor der Ziellinie die Kehrtwende.“ Tatsächlich stimmten die Politiker vor einem Jahr noch dafür, die Zusammenarbeit mit der Cima zu verlängern. Die Beratungsgesellschaft ist von Beginn an eingebunden. Das hat nach Rathausangaben Kosten von 62.582,10 Euro verursacht.

„Wir haben kein Problem mit Stadtmarketing, aber mit der Organisationsform und den Kosten“, sagt CDU-Fraktionschef Detlef Levenhagen. „Hochgerechnet auf zehn Jahre sind das fast drei Millionen Euro, das können wir nicht verantworten. Warum fangen wir nicht kleiner an und schauen erst mal, wie es sich entwickelt?“ Auch die Linke hält 260.000 Euro pro Jahr für „völlig überzogen“. Fraktionschef Ali Haydar Mercan: „Das meiste Geld ist nur für Personal gedacht.“ Zudem sei das Konzept nicht gut. Den Inhalt kritisieren auch die Grünen. „Im Konzept wird die Blue Night als Ankerveranstaltung für Ahrensburg bezeichnet – das geht gar nicht“, sagt Christian Schubbert. „Was hat die Aktion mit Ahrensburg zu tun? Blau ist nicht mal die Farbe der Stadt.“

Konzept überzeugte die Volksvertreter nicht

Auch die Grünen halten die Kosten für zu hoch. „Warum muss es gleich die größte und teuerste Variante werden? Wir haben andere Baustellen“, sagt Fraktionschefin Nadine Levenhagen. Kritik kommt auch von der WAB. Deren Fraktionschef Peter Egan bezeichnet den Ergebnisbericht als „schönfärberisch“. Er sagt: „Die Realität sieht anders aus. Wir brauchen Kita-Plätze, Straßensanierungen und vieles mehr.“ Zudem habe er starke Zweifel, ob das Projekt jemals eine Dynamik entwickeln würde. In der Tat ist das Stadtmarketing seit dem ersten politischen Beschluss im Jahr 2005 nur sehr langsam vorangekommen, immer wieder gab es längere Unterbrechungen. Egan sagt: „Ich sehe hier niemanden, der für das Vorhaben brennt.“

Ein Kritikpunkt ist die Besetzung der Stabsstelle strategische Stadtentwicklung mit Angelika Andres. Sarach hatte die studierte Diplom-Architektin und Stadtplanerin 2014 von ihrem Posten als Bauamtsleiterin dorthin versetzt, danach stritten beide wiederholt vor dem Verwaltungsgericht. Bei der richtungsweisenden Sitzung am Montag ist Andres nicht anwesend, um für ihr Thema zu werben. Eine Erklärung dafür liefert der Bürgermeister nicht, verweist nur auf den nichtöffentlichen Teil der Sitzung. Auf Abendblatt-Anfrage heißt es am Dienstag aus dem Rathaus, dass Angelika Andres in dieser Woche wegen einer Fortbildung nicht da sei.

Wirtschaftsvertreter fordert

Wirtschaft fordert hauptamtliches Stadtmarketing

Stadtforum-Chef Götz Westphal ist als einziger Wirtschaftsvertreter zur Sitzung des Hauptausschusses gekommen. „Ein Stadtmarketing muss professionell sein, mit hauptamtlichen Mitarbeitern“, sagt er. Das verursache natürlich Personalkosten. „Aber wenn dadurch nur ein einziger Betrieb, der sich mit dem Gedanken beschäftigt, aus Ahrensburg abzuwandern, bleibt, haben wir die Kosten für ein Jahr bereits wieder heraus.“

Unterstützung bekommt er von SPD und FDP. „Die Wirtschaftsvertreter haben ihre Freizeit geopfert, um an dem Konzept mitzuarbeiten“, sagt Doris Unger, die für die SPD in der Steuerungsgruppe saß. Sie bezeichnet das Verhalten der anderen Fraktionen als „Armutszeugnis“. Auch Thomas Bellizzi kann die Kehrtwende nicht nachvollziehen. „Wir wussten doch von Anfang an, dass es Geld kosten würde“, so der FDP-Chef. „Aber wir stehen im Wettkampf mit anderen Innenstädten und Gewerbegebieten, müssen etwas tun. Und wenn wir es richtig machen, kommt dadurch letztlich mehr Geld rein, als wir ausgeben.“ Benjamin Stukenberg (Grüne) überzeugt das nicht. Er sagt: „Wenn die Wirtschaft es ernst meinen würde, dann würden wir bei den Kosten halbe-halbe machen.“