Ahrensburg. Bahn-Tochter DB Regio will Netz auch künftig betreiben. Für Pendler soll es mehr Komfort geben. Pro Bahn sieht Verbesserungsbedarf.

Nur ein Unternehmen hat Interesse daran, die hochfrequentierte Regionalexpress-Strecke zwischen Hamburg und Lübeck künftig zu betreiben. Auf die europaweite Ausschreibung des Elektronetzes Ost hat sich laut Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein (Nah.SH) einzig die DB Regio beworben. Die Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn ist bereits zum jetzigen Zeitpunkt für das rund 175 Kilometer lange Bahnnetz zuständig, zu dem außer der Strecke Lübeck–Hamburg (RE 8/80) auch die Linien Lübeck–Travemünde (RB 86) und Lübeck–Puttgarden (RB 85) gehören. Rund 24.000 Fahrgäste sind täglich in den Zügen unterwegs.

Neuer Vertrag soll von Dezember 2022 bis Ende 2035 gelten

Nah.SH kündigt an, das Angebot der DB Regio nun prüfen und bewerten zu wollen. „Die Entscheidung soll bis Ostern fallen“, heißt es. Der neue Vertrag soll von Dezember 2022 bis Ende 2035 gelten und dafür sorgen, dass Pendler beim Bahnfahren deutlich mehr Komfort genießen können.

So werden die Züge zwischen Hamburg und Lübeck werktags von 5 bis 24 Uhr (zurzeit bis etwa 21 Uhr) im Halbstundentakt fahren, an den Wochenenden bis 23 Uhr (zurzeit den ganzen Tag stündlich). Zusätzliche Spätfahrten sind ebenfalls geplant. „Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage zwischen Hamburg und Lübeck weiter zunimmt – auch in den Randzeiten außerhalb des Berufsverkehrs“, sagte Nah.SH-Sprecher Dennis Fiedel zur geplanten Ausweitung. Von Ende 2022 an sollen Hamburger und Stormarner zudem mit dem Regionalexpress stündlich bis an den Strand nach Travemünde fahren können – an den Sommerwochenenden sogar im Halbstundentakt.

Fahrgastverband hätte sich mehr Bewerber gewünscht

Sobald die Bahnstrecke zwischen Lübeck und Puttgarden ausgebaut und elektrifiziert ist, soll es auch eine durchgängige Verbindung von Hamburg nach Neustadt in Holstein geben. Dafür werden die Züge am Lübecker Hauptbahnhof geteilt. Stefan Barkleit, Vorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn, geht davon aus, dass die DB Regio angesichts fehlender Alternativen erneut den Zuschlag für das Streckennetz erhalten wird. „Land und Nah.SH haben dem Bewerber ein enges Korsett vorgelegt, was er hinsichtlich des Reisekomforts erfüllen muss“, sagt er. Das sei grundsätzlich gut.

Dauerärger am Bahnübergang Brauner Hirsch in Ahrensburg

Der Experte hätte sich aber mehr Bewerber und damit mehr Auswahl gewünscht. Denn die bisherige Leistung der DB Regio sei ausbaufähig, etwa hinsichtlich der Pünktlichkeit. „Die Quote des RE 80, der in Ahrensburg hält, liegt bei 88 Prozent. Damit ist sie deutlich von der angestrebten 95-Prozent-Marke entfernt“, sagt Barkleit. Dauerprobleme wie am Bahnübergang Brauner Hirsch müssten endlich behoben werden, fordert er. Für Verärgerung sorgt bei Pendlern zwischen Hamburg und Lübeck auch, dass immer wieder einzelne Waggons fehlen, zu viele Erste-Klasse-Wagen eingesetzt werden oder Züge komplett ausfallen.

Deutsche Bahn will auf Kritik von Pendlern reagieren

Zumindest hinsichtlich Pünktlichkeit und Zugausfällen will sich die Deutschen Bahn nach massiver Kritik nun bundesweit verbessern. Rund 22.000 neue Mitarbeiter sollen voraussichtlich eingestellt werden – vor allem Lokführer, Fahrdienstleiter und Instandhalter, sagte die Konzern-Spitze kürzlich nach einem Treffen mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) in Berlin. Die Bahn will demnach auch die Mitarbeiter-Teams verdoppeln, die sich um die pünktliche Abfahrt von Zügen kümmern. Wie stark der Norden davon profitieren wird, ist noch unklar.

Im Vergleich zu den anderen Bahnnetzen, die die DB Regio in Schleswig-Holstein betreibt, laufe es im Bereich Ost noch verhältnismäßig gut, sagt Stefan Barkleit, und verweist auf die Pannenserie auf der Marschbahn-Strecke.

Doch warum war das Interesse auf die Ausschreibung so gering? Der Pro-Bahn-Vorsitzende hat dafür zwei Erklärungen. Zum einen müsse auf der Strecke Lübeck–Puttgarden wegen des Ausbaus und der Elektrifizierung mehrere Jahre lang ein umfangreicher Schienenersatzverkehr angeboten werden. Zum anderen seien zurzeit deutschlandweit sehr viele Streckennetze ausgeschrieben. Einige seien deutlich größer und damit für Verkehrsunternehmen durchaus attraktiver.

Für die RB 81 wird erst später ein neuer Betreiber gesucht

Dennoch ist Barkleit überzeugt, dass die Bahnfahrt in Stormarn künftig angenehmer wird. Denn es ist geplant, die alten Dieseltriebwagen durch barrierefreie, elektrisch angetriebene Doppelstocktriebwagen zu ersetzen. Vorgabe für die Innenausstattung sind unter anderem behindertengerechte Toiletten, Bereiche für Rollstuhlfahrer, Kinderwagen und Fahrräder sowie kostenloses WLAN. In der ersten und zweiten Klasse sind Steckdosen vorgesehen. Zudem wird es eine Videoaufzeichnung, ein Reservierungssystem und Monitore geben, die den Reisenden Informationen zu ihrer Fahrt liefern.

Kiel will bis April über Auftrag für neue Fahrzeuge entscheiden

Nach Angaben des Landes werden rund 50 neue Fahrzeuge benötigt. Sie sollen auf den Streckennetzen Nord und Ost zum Einsatz kommen. Für die Wagen sind bereits Angebote beim Land Schleswig-Holstein eingegangen. Bis April will Kiel entscheiden, wer den Zuschlag für diesen Auftrag erhält.

Die Regionalbahnlinie RB 81 zwischen Bad Oldesloe und Hamburg ist von dem aktuellen Vergabeverfahren nicht betroffen. Für sie soll zu einem späteren Zeitpunkt ein neuer Betreiber gefunden werden, um dabei die geplante Einführung der S 4 zu berücksichtigen.

DB Regio meldet Störungen bei Twitter

Bahnreisende können sich ab sofort auch bei dem Kurznachrichtendienst Twitter über Störungen auf den Strecken in Stormarn informieren. Der Betreiber, die DB Regio Schleswig-Holstein, meldet Verspätungen und Zugausfälle über ihren dortigen Kanal @DBRegio_SH. Zudem erfahren Kunden den Grund für die Probleme und bekommen eine Ausweichmöglichkeit inklusive Bahnsteig genannt. Die Meldungen lassen sich auch unter der jeweiligen Linienbezeichnung finden, für die Regionalbahn zwischen Hamburg und Bad Oldesloe unter #RB81, für den Regionalexpress zwischen Hamburg und Lübeck unter #RE8 oder #RE80. Zudem werden per Twitter Rückfragen beantwortet.