Ahrensburg. Wegen Krankmeldungen und Störungen fallen Züge zwischen Hamburg und Lübeck aus. Das hat auch mit dem Personalmangel zu tun.

Alle halbe Stunde fährt die Regionalbahn 81 auf den Gleisen zwischen Hamburg und Lübeck, fährt im Wechsel vom Hauptbahnhof bis Ahrensburg oder Bargteheide und zurück – mit „Halt in allen Unterwegsbahnhöfen“, wie es so schön in der Sprache der Deutschen Bahn heißt. Alle 30 Minuten, das ist der Takt, die Regel. Eine andere Regel, die vor allem von Pendlern häufiger eingehalten wird: Lieber im Internet informieren, als am Gleis überrascht werden.

Zugausfälle sorgen in Ahrensburg für Gleiswechsel und Verspätungen
Zugausfälle sorgen in Ahrensburg für Gleiswechsel und Verspätungen © Maidlin Scherm | Maidlin Scherm

Immer wieder kommen die Züge auf der Strecke zu spät – oder fallen ganz aus, wie zuletzt am Freitag. Bereits in nächtlicher Frühe meldete der „HVV Störungsmelder“ – eine inoffizielle Internetplattform, die Störungen im öffentlichen Nahverkehr in und rund um Hamburg beobachtet – auf Twitter und Facebook sieben Ausfälle für die Regionalbahn 81: „Grund: Fahrzeugdefekt & Personalausfall“.

Die Grippe-Zeit kommt erst noch

„Es gab eine kurzfristige Krankmeldung und eine Fahrzeugstörung“, sagt Bahnsprecherin Sabine Brunkhorst auf Abendblatt-Anfrage. „So schnell“, sagt sie, „konnten wir nicht mehr reagieren.“ Allerdings: Auch zwei Tage zuvor, am Mittwoch, waren schon mehrere Verbindung ausgefallen. Grund: „Fehlendes Personal“

Man muss kein Hellseher sein, um die These zu vertreten, dass sich daran auch in naher Zukunft nicht viel ändern dürfte. Im Gegenteil: Krankschreibungen etwa wegen Grippe werden im Herbst wahrscheinlicher, hinzu kommt das Wetter: Stürme, umknickende Äste und Bäume, dann der Schnee. Das Zugpersonal ist weiterhin knapp.

Scharfe Kritik von Minister Bernd Bucholz

Dass Lokführer fehlen – und wie dramatisch die Lage mittlerweile ist – war Anfang des Monats bekannt geworden. Täglich fallen seither „planmäßig“ rund 18 Züge in Schleswig-Holstein aus, die sonst frühmorgens oder spätabends im Raum Lübeck gefahren sind. Ein Schienenersatzverkehr ist eingerichtet. Ein Ende der Streichung sei derzeit nicht in Sicht, sagt Sabine Brunkhorst.

Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) hatte die Maßnahme der Bahn gegenüber der Deutschen Presseagentur vor einigen Wochen bereits scharf kritisiert. Die Versuche des Landes, Menschen von der Straße auf die Schiene zu bringen, würden „auf vielen Strecken buchstäblich ausgebremst“. Von der Bahn wünsche sich Bucholz mehr Investitionen in das Personal.

Ausbildung von neuem Personal dauert etwa ein Jahr

Eine schnelle Lösung ist dort aber nicht in Sicht, wie Bahnsprecherin Brunkhorst sagt. „Personal wächst nicht auf Bäumen“, sagt sie. Die Bahn bemühe sich nach Kräften, so Brunkhorst: Alle zwei Monate starten neue Ausbildungslehrgänge, auch würde mehr für die Ausbildung geworben. Bis ein neuer Bewerber das erste Mal in einer Lok vor einem Zug mit Passagieren sitzt, dauert es jedoch etwa zehn bis zwölf Monate. Für jede Baureihe gebe es gesonderte Prüfungen, auch die Streckenkunde werde abgefragt.

Am Ahrensburger Bahnhof spürt man die angespannte Lage vor allem in Form der ständigen Durchsagen: Ein „Zug fällt aus“, ein anderer „fährt heute von Gleis 3“. Auch Susanne Rose ist heute am Bahnhof. Sie arbeitet in Hammerbrook, pendelt täglich zwischen Schloss- und Hansestadt. „Die Bahnen fallen zu häufig aus“, sagt die 54-Jährige, kurz nachdem sie ihren Zug verlässt: „Die Zeit, die ich auf dem Weg verliere, muss ich bei der Arbeit hinten dranhängen.“ Ein Ausfall wie heute könne passieren, sagt Rose. Sie steige im Zweifel auf die U1 um. „Richtig ärgerlich ist es aber, wenn Pendler die Nachricht nicht pünktlich erreicht.“

„Elektronetz Ost“ wird neu ausgeschrieben

Die 18 Jahre alte Toni Ehlers bringt gerade ihre Freundin Linda Schwarzer zum Zug und ihre Enttäuschung auf den Punkt: „Zugausfälle sind echt nervig.“ Lindas Bahn hat heute keine Verspätung. Toni kenne es aber auch anders. „Als ich noch in Ahrensburg gewohnt habe, bin ich täglich gefahren.“

Der Zugverkehr im Norden bleibt weiterhin Thema, auch in der Landespolitik. Bis zum 7. September dieses Jahres war das sogenannte „Elektronetz Ost“ ausgeschrieben, das derzeit noch von der DB Regio AG betrieben wird. Zu dem Netz gehören auch die Regionalexpresszüge der Linien 8 und 80, die neben der Regionalbahn 81 auf der Strecke Lübeck–Hamburg fahren. Der neue Betreiber soll bis Anfang 2019 feststehen, der Vertrag dann vom Dezember 2022 bis Dezember 2035 gelten.