Ahrensburg. Neubauwohnungen kosten mehr als zwölf Euro pro Quadratmeter. Plan für 127 Sozialwohnungen an der Kastanienallee droht zu scheitern.
Bei durchschnittlich 12,50 Euro pro Quadratmeter liegt die Kaltmiete für die Lindenhof-Wohnungen. Ähnlich hohe Preise verlangt die Baugenossenschaft Neue Lübecker für ihre Neubauwohnungen an der Straße Ohlendamm. Für eine Vier-Zimmer-Wohnung mit rund 110 Quadratmetern werden zum Beispiel 1324 Euro kalt verlangt. Das entspricht 12,10 Euro pro Quadratmeter. „Ahrensburg ist ein teures Pflaster“, sagt Ursula Pepper, von 1998 bis 2010 Bürgermeisterin.
Doch warum sind die Mieten so hoch? Welche Möglichkeiten gibt es, günstigeren Wohnraum zu schaffen? Mit dieser Frage hat sich die Ahrensburger SPD im Peter-Rantzau-Haus beschäftigt. Unter der Leitung der ehemaligen Verwaltungschefin diskutierte der Fraktionsvorsitzende Jochen Proske mit Axel Bärendorf (Verein Heimat), Stadtplanerin Andrea Becker, Karlheinz Eckert vom Sozialverband Deutschland und Ingenieur Bernd-Christian Böttger über die Situation in Ahrensburg.
Auf ehemaligem VW-Gelände darf jetzt gebaut werden
„Wir brauchen Wohnungen, die weniger als zehn Euro pro Quadratmeter kosten“, sagt Proske. „Arzthelfer, Mitarbeiter im Einzelhandel, Pfleger und Erzieher sorgen dafür, dass unsere Stadt läuft. Aber sie können sich hier keine Wohnung mehr leisten.“ Sie müssten aufs Land ziehen, täglich pendeln und verstärkten damit die Verkehrsprobleme in der City. „Wir haben 14.000 Menschen, die zum Arbeiten nach Ahrensburg kommen“, sagt Becker. „Viele hätten hier gern eine Wohnung, um in den Genuss der kurzen Wege zu kommen.“
Um die 500 Wohnungen werden nach Rathausangaben zurzeit gebaut, der Großteil an der Hamburger Straße. Auf dem ehemaligen Opel-Dello-Gelände entstehen 54 Eigentums- und 43 Mietwohnungen. Auf dem Nachbargrundstück werden 38 Eigentumswohnungen gebaut, an der Brückenstraße weitere 50 sowie fünf Reihenhäuser. Los geht es jetzt auch auf dem ehemaligen VW-Gelände. Die Stadt hat gerade die Baugenehmigung für 106 Wohnungen ausgesprochen. Sozialwohnungen sind nur bei dem letzten der aufgezählten Projekte geplant (32 Stück). Dort wird die von der Politik beschlossene 30-Prozent-Quote für geförderten Wohnraum erfüllt. „Sie kann nur angewandt werden, wenn neues Baurecht geschaffen werden muss“, sagt Becker. Das sei auf dem Dello-Gelände und an der Brückenstraße nicht der Fall gewesen, daher habe man den Investoren dort keine Vorgaben machen können.
Großprojekt mit Sozialwohnungen auf der Kippe
Doch wie sieht es bei diesem Thema generell aus in Ahrensburg? Derzeit gibt es nach Angaben der Investitionsbank Schleswig-Holstein 465 Sozialwohnungen. Zum Jahresende fallen 55 wegen auslaufender Mietbindung weg, bis Ende 2025 sinkt die Zahl auf 274. „Wir haben bei diesen Wohnungen keinen Leerstand und kaum Fluktuation“, sagt Ursula Pepper. Neue Interessenten hätten es deshalb sehr schwierig.
Das größte Projekt für den Bau neuer Sozialwohnungen steht zudem offenbar kurz vor dem Aus. Wie berichtet, wollte der Ahrensburger Verein Heimat mit der Hamburger Baufirma Otto Wulff 127 Sozialwohnungen zwischen Kastanienallee und Bahntrasse bauen. „Das Projekt ist stark gefährdet“, sagt Axel Bärendorf. Dafür seien drei Faktoren verantwortlich: Zum einen hat der Gutachterausschuss des Kreises für das Grundstück einen hohen Marktwert von 375 Euro pro Quadratmeter festgestellt. Hinzu kämen die stark steigenden Baukosten. „Vor allem haben uns aber die Lärmschutzvorgaben an der Bahnstrecke überrascht“, sagt Bärendorf. Die Umsetzung koste knapp eine Million Euro. Nur Sozialwohnungen seien unter diesen Voraussetzungen an dem Standort nicht mehr finanzierbar. Verein und Baufirma haben der Stadt nun ein Angebot mit 55 Prozent Sozialwohnungen unterbreitet. Eine Entscheidung darüber hat die Politik noch nicht getroffen.
SPD fordert eine städtische Wohnungsbaugesellschaft
Deutlich weiter ist das Projekt Lindenhof. Das sechsstöckige Gebäude steht kurz vor der Fertigstellung, im Februar sollen die Bewohner einziehen. „Wegen der allgemeinen Preisentwicklung haben wir die Mieten in der laufenden Vermarktung noch um etwa einen Euro erhöht“, sagt Manja Engel von der zuständigen Hamburger Maklerfirma Thomas Klinke Immobilien GmbH. 44 Mietverträge wurden laut Engel bereits unterschrieben, weitere stehen kurz vor dem Abschluss. Unternehmen, die ihre Wohnungen für zwölf Euro pro Quadratmeter anbieten, seien keine Miethaie, betont Ingenieur Bernd-Christian Böttger. „Hohe Grundstückspreise und steigende Baukosten sorgen dafür, dass solche Mieten inzwischen zur Kostendeckung genommen werden müssen.“
Die Folgen der hohen Preise – in diesem Fall für den Hauskauf – seien beim Neubaugebiet Erlenhof sichtbar geworden, sagt Becker. „Wir haben festgestellt, dass dort vor allem Hamburger hingezogen sind. Sie konnten sich die hohen Preise im Unterschied zu vielen Ahrensburgern leisten.“
Könnte eine städtische Wohnungsbaugesellschaft die Lage verbessern? Die SPD ist davon überzeugt. „Das ist ein gutes Instrument, um der Not entgegenzuwirken“, sagt Proske. Die Stadt könne dann als Akteur in den Markt eingreifen. In Wien werde dieses Modell verfolgt, sagt Böttger. Dort wirke es preisdämpfend. „Die örtlichen Verhältnisse werden uns um die Ohren fliegen, wenn wir nichts unternehmen“, sagt Axel Bärendorf. Um mehr Handlungsspielräume zu haben, müsse der Flächennutzungsplan endlich erneuert werden, so Becker. Der alte Plan stammt von 1974. Seit vielen Jahren diskutiert die Politik ohne Ergebnis über eine Neuaufstellung. „Nur bei den dort ausgewiesenen Potenzialflächen kann die Stadt ein Vorkaufsrecht geltend machen“, sagt Becker. Für Ursula Pepper ein wichtiges Mittel. Sie sagt: „Die Stadt muss in die Lage versetzt werden, wieder mehr Flächen zu bekommen.“