Reinbek/Ahrensburg. Im vergangenen Jahr wurden 28 Prozent weniger Einheiten erstellt als 2016. Bündnis für bezahlbares Wohnen weckt Hoffnung auf Besserung.

Es ist eine Zahl, die überrascht – und zwar im negativen Sinne: 2017 wurden im Kreis Stormarn 984 neue Wohnungen gebaut und damit 28 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Das hat das Statistische Bundesamt ermittelt. Angesichts des hohen Siedlungsdrucks im Kreis schlägt das Verbändebündnis Wohnen, in dem sich die Gewerkschaft IG BAU und Bauwirtschaft zusammengeschlossen haben, trotz eines Investitionsvolumens in Höhe von 218 Millionen Euro Alarm. „Das klingt viel. Tatsächlich müsste es aber mehr sein, wenn Stormarn seinen Beitrag zur Wohnraum-Offensive der Bundesregierung leisten will“, sagt IG-BAU-Regionalleiter André Grundmann. Der Neubau von bezahlbaren Wohnungen sei die einzige effektive Antwort auf steigende Mieten und die hohen Immobilienpreise.

Bündnis-Akteure legen ihre Priorität auf günstige Mieten

Landrat Henning Görtz bewertet die jüngste Zahl so: „Sie bestätigt den Handlungsbedarf, die Kurve sollte eigentlich nach oben zeigen.“ Er habe aber das Gefühl, dass die Kommunen die Problematik verstanden hätten. Ein Grund für Görtz’ Optimismus ist das sogenannte Stormarner Bündnis für bezahlbares Wohnen. Im April wurde ein entsprechender Vertrag unterschrieben. Mit im Boot sind 36 Städte und Gemeinden, der Kreis, die Genossenschaften Neue Lübecker, Walddörfer, Bergedorf-Bille, Wohnstätten Bad Oldesloe und Sachsenwald sowie die Firmen Semmelhaack, Plambeck und Frank-Beteiligungsgesellschaft.

Landrat Henning Görtz
Landrat Henning Görtz © HA | WAS Stormarn

Das Ziel sind pro Jahr bis zu 500 neue, attraktive und vor allem günstige Wohnungen. Bis zu 80 Millionen Euro wollen die Kooperationspartner per anno investieren. Oberste Priorität haben Mieteinheiten. Die Zusammenarbeit ist einer der schnellen Wege: Kommunen melden mögliche Baugrundstücke bei der Geschäftsstelle beim Kreis. Auf einem Datenblatt werden unter anderem Grundstücksgröße, Mindestpreis und gewünschte Zielgruppen erfasst. Der Kreis leitet die Informationen an die Unternehmen weiter, die Konzepte und Gebote einreichen können. Görtz sagt: „Ich appelliere an Städte und Gemeinden, bei Bebauungsplänen mutig zu sein.“ Laut Gutachtern fehlen in Stormarn jährlich 1000 Wohnungen. Wegen der steigenden Einwohnerzahl dürften es sogar mehr sein.

50-Millionen-Projekt soll Heimat für 700 Menschen bieten

Derzeit ist viel in Bewegung. Es wird gebaut, geplant, Vorhaben sind von der Politik auf den Weg gebracht. Im Reinbeker Stadtteil Neuschönningstedt entsteht das Quartier Schröders Koppel mit 16 Reihen- und vier Atriumhäusern, zehn Doppelhaushälften, 40 Eigentums- sowie 163 Mietwohnungen, von denen 30 öffentlich gefördert sind. Das 50-Millionen-Euro-Projekt soll Mitte 2020 abgeschlossen sein. Rund 700 Menschen werden dort leben können, momentan sind es 80.

In der Statistik für 2018 wird auch ein Projekt in Glinde nicht vermerkt sein, weil der Baubeginn erst für August oder September anvisiert ist und es mindestens ein Jahr bis zur Fertigstellung dauert. Auf dem Areal Altes Gleisdreieck im Zentrum schafft die Firma Semmelhaack 89 Wohnungen, davon 62 öffentlich gefördert, und 30 Reihenhäuser. Zudem werden am Holstenkamp 39 Sozialwohnungen mit zwei und zweieinhalb Zimmern verwirklicht.

In Barsbüttel tritt Gemeinde selbst als Investor auf

Beim Nachbarn in Oststeinbek stehen gleich zwei größere Projekte an, die von der Politik angeschoben wurden. Der Satzungsbeschluss fehlt noch. In der Brückenstraße gegenüber der Feuerwache plant Semmelhaack 80 Seniorenwohnungen, 30 Prozent davon öffentlich gefördert. Die Anlage könnte 2020 bezugsfertig sein. Zwischen den Straßen Willinghusener Weg und Hansetor im Norden der Gemeinde sind 90 Einheiten angedacht. Auch dort sollen ältere Menschen einziehen – in Eigentums-, Miet- und Sozialwohnungen.

In Barsbüttel wird die Gemeinde selbst als Investor aktiv, baut im Ortsteil Willinghusen gegenüber dem Sportplatz ein Haus mit 20 Sozialwohnungen. Beginn ist im Herbst. Voluminöser könnte es unweit des Nahversorgungszentrums in der Straße Am Akku werden, wenn der neue Flächennutzungsplan genehmigt ist. Dort sind dann laut Verwaltung rund 200 Wohnungen möglich in Häusern mit drei oder vier Geschossen. Die Genossenschaften Neue Lübecker und Sachsenwald haben Interesse signalisiert.

In Ahrensburg ist mit dem Erlenhof in den vergangenen Jahren eines der größten Neubaugebiete Schleswig-Holsteins entstanden. Rund 1000 Menschen haben dort ein neues Zuhause gefunden. Weitere Vorhaben werden zurzeit verwirklicht oder sind in der Planung. In der Endphase befindet sich das sechsstöckige Gebäude auf dem Lindenhof-Gelände. Bis Herbst sollen dort 62 Mietwohnungen entstehen.

106 Wohnungen auf früherem Dello-Gelände in Ahrensburg

Besonders viel wird an der Hamburger Straße gebaut. An der Ecke zum Waldemar-Bonsels-Weg, gegenüber vom U-Bahnhof West, entsteht bis Sommer 2019 ein Haus mit 14 Mietwohnungen. Bis dahin sollen auch die 106 Einheiten auf dem ehemaligen Dello-Gelände bezugsfertig sein. 38 Eigentumswohnungen sollen bis Ende dieses Jahres auf dem Nachbargrundstück gebaut sein. Bis Frühjahr 2020 errichtet ein Hamburger Unternehmen an der Brückenstraße 50 Eigentumswohnungen und fünf Reihenhäuser.

Sozialen Wohnungsbau gibt es auf dem ehemaligen VW-Gelände. 32 der 106 geplanten Wohnungen werden öffentlich gefördert. Beim Bauprojekt an der Alten Reitbahn gilt das für zehn der 77 vorgesehenen Wohnungen. An der Kastanienallee in der 34.ooo Einwohner zählenden Schlossstadt sind weitere 127 Sozialwohnungen geplant.