Ahrensburg. Kritik von Expertengruppe an Verkehrspolitik sorgt für Diskussion. Politiker wollen etwas ändern, finden aber keine schnelle Lösung.

Ina Herrmann ist vor vier Jahren aus dem Umland nach Ahrensburg gezogen – und sie wohnt gern in der Stadt. „Es ist wunderschön hier. Mir gefallen die vielen Cafés und Sitzmöglichkeiten im Zentrum“, sagt die 52-Jährige. „Aber ohne Autos wäre das alles noch viel besser.“

Dieser Auffassung ist auch die Expertengruppe Städtebaulicher Denkmalschutz (wir berichteten). Die Fachleute, die Ahrensburg im Auftrag des Bundesministeriums für Bau zwei Tage unter die Lupe genommen haben, empfehlen Verwaltung und Politik „mehr Mut im Umgang mit dem Straßenverkehr“. Sie kritisieren, dass die Autos dominieren, Fußgänger und Radfahrer zu kurz kommen. Ihre Vorschläge: Die Innenstadt entlasten, die Autos runter vom Rathausplatz, die Straße am Alten Markt zeitweise sperren und die Manfred-Samusch-Straße zurückbauen.

Grüne und CDU: Parkplätze auf dem Rathausplatz erhalten

Ina Herrmann (52) schlägt vor, die Parkgebühren zu erhöhen, um die Autos aus der City zu bekommen.
Ina Herrmann (52) schlägt vor, die Parkgebühren zu erhöhen, um die Autos aus der City zu bekommen. © HA | Janina Dietrich

Nach Ansicht von Ina Herrmann ließe sich das Verkehrsproblem im Zentrum leicht lösen – ganz ohne lange Planungen und teure Umbaumaßnahmen. „Ich würde das Parken einfach richtig teuer machen, dann fahren automatisch viel weniger Autos in die Innenstadt“, sagt sie. „Der Preis regelt das schon.“ Sie selbst ist fast nur noch mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs, doch das sei wegen des vielen Autoverkehrs nicht ungefährlich. Vor allem die Ecke Lohe/Rondeel/Große Straße müsse endlich umgestaltet werden, findet sie.

Die Ahrensburgerin Aneta Reshöft wünscht sich, dass der Radverkehr in Ahrensburg mehr Aufmerksamkeit bekommt. Am Regionalbahnhof und den U-Bahnstationen fehlten ausreichend Abstellmöglichkeiten. „Da stapeln sich zum Teil die Fahrräder“, sagt die 32-Jährige. Ihr Mann beklage sich oft darüber, dass die Radwege im Dunkeln wegen ihres schlechten Zustands lebensbedrohlich seien. Sie selbst ist wegen ihre acht Monate alten Zwillinge zurzeit viel mit dem Auto unterwegs. Ihrer Ansicht nach ist die schlechte Ampelschaltung auch eine Ursache für die vielen Staus – insbesondere rund um den AOK-Knoten. „Für 200 Meter brauche ich dort oft zehn Minuten“, sagt Reshöft. „Mit zwei kleinen, schreienden Kindern im Auto ist das sehr nervig.“

Ahrensburger Politiker sind sich über die Fraktionsgrenzen hinweg einig, dass die Verkehrssituation verbessert werden muss. Das Wie sorgt allerdings bei einigen für Ratlosigkeit. „Das ist ein schwieriges Thema“, sagt Nadine Levenhagen (Grüne). „Natürlich wollen wir Autos in der Innenstadt gern vermeiden. Wir diskutieren seit Jahren über dieses Thema, haben aber keinen Lösungsansatz, wie wir das schaffen sollen.“ Sie als junger Mensch gehe immer zu Fuß in die Innenstadt, aber das könne man älteren Bürgern mit ihren Einkäufen nicht zumuten.

WAB für Tiefgarage, SPD und FDP für ein Gesamtkonzept

Um die Innenstadt zu entlasten, müsste es laut Ulf Starke (35) mehr Park-and-Ride-Plätze geben.
Um die Innenstadt zu entlasten, müsste es laut Ulf Starke (35) mehr Park-and-Ride-Plätze geben. © HA | Filip Schwen

Die Frage sei auch, was mit auswärtigen Besuchern, etwa aus Großhansdorf oder Ammersbek, passieren solle. Von dem Vorschlag eines autofreien Rathausplatzes hält die Grünen-Politikerin nichts. „Dann parken die Menschen die umliegenden Straßen samt der Wohngebiete voll. Oder sie drehen mit ihren Autos noch mehr Kreise auf der Suche nach einem Parkplatz“, sagt Nadine Levenhagen. „Damit verschieben wir das Problem nur.“

Die Vorschläge der Expertenrunde Städtebaulicher Denkmalschutz hörten sich zwar gut an, sagt Peter Egan, Fraktionsvorsitzender der WAB. „Es ist aber fraglich, ob sich das in der Praxis umsetzen lässt. Wir können nicht alles sperren. Irgendwie müssen die Menschen in die Stadt kommen.“ In der City gebe es nicht zur Einzelhändler, sondern auch viele Ärzte und Rechtsanwälte. Egan sagt: „Die können wir nicht komplett abschneiden.“ Seiner Ansicht nach brauche die Stadt dringend die Tiefgarage unter dem Stormarnplatz. Er will deshalb auch innerhalb seiner Fraktion noch einmal für das Projekt werben. Ohne neue Parkplätze ist seiner Meinung nach auch der geplante Umbau der Hamburger Straße in Gefahr. „Dann wird der Widerstand riesig sein, dort auch noch Stellplätze abzubauen.“

Die Autos auf dem Rathausplatz seien in der Tat „eine Katastrophe“, gibt Thomas Bellizzi (FDP) der Expertenrunde recht. „Aber wir können sie nicht runternehmen, ohne vorher eine Lösung zu haben.“ Seiner Ansicht nach müsse die Kritik der Fachleute als Anlass genommen werden, um endlich ein Gesamtkonzept für den Verkehr in Ahrensburg zu entwickeln. „Wir müssen mit der Flickschusterei aufhören, denn das bringt uns nicht weiter“, so Bellizzi. Ähnlich sieht das auch die SPD. Die Stadt benötige dringend ein Konzept, wie sich die unterschiedlichen Bedürfnisse der Menschen hinsichtlich der Mobilität gut vereinbaren lassen, sagt der Fraktionsvorsitzende Jochen Proske. „Wir haben in den vergangenen 20 Jahren immer nur Einzelprojekte betrachtet, ohne zu überlegen, welche Auswirkungen das auf den Gesamtverkehr in Ahrensburg hat.“

Ein autofreier Rathausplatz nur schwer umsetzbar

Regine Junge (55) möchte, dass der Rathausplatz auch weiterhin zum Parken genutzt werden darf.
Regine Junge (55) möchte, dass der Rathausplatz auch weiterhin zum Parken genutzt werden darf. © HA | Janina Dietrich

Ali Haydar Mercan (Linke) will, dass die Innenstadt mittelfristig vom Individualverkehr befreit wird, sagt: „Cafés und Einzelhändler werden davon profitieren, wenn mehr Menschen zu Fuß unterwegs sind.“ Die Umstellung funktioniere aber nicht von heute auf morgen, zuerst müssten der ÖPNV und der Radverkehr ausgebaut werden.

Ein autofreier Rathausplatz sei nicht umsetzbar, sagt Detlef Levenhagen (CDU). „Wir brauchen die Parkplätze, wo sollen die Menschen sonst hin?“ Dieser Meinung ist auch Passantin Regine Junge. „Der Rathausplatz ist nicht besonders schön“, sagt die 55-Jährige. „Aber er wird ohne Autos auch nicht schicker.“