Bad Oldesloe. Die Kreisverwaltung sieht vor allem das Vorranggebiet in Großensee kritisch. Und Was wird aus den Anlagen, die aus dem Entwurf fallen?

Das Land hat die Fläche für Windräder im Kreis Stormarn im neuen Entwurf des Regionalplans deutlich ausgeweitet. Fünf sogenannte Vorranggebiete haben zusammen knapp 262 Hektar. Das sind rund 58 Hektar mehr als noch Ende 2016 vorgesehen. Zurzeit sind circa 340 Hektar (0,45 Prozent der Kreisfläche) für Windräder reserviert. Mehrere dieser aktuellen Flächen fallen aus der Planung, sodass dort keine neuen Anlagen errichtet werden dürfen.

Vier im ersten Entwurf vom Dezember 2016 enthaltene Flächen sind nicht mehr dabei: Brunsbek (15,7 Hektar), Hammoor (67,3), Heilshoop (18) und Lasbek/Steinburg (33,4). Der Kreis Stormarn hat vor allem gegen eines der fünf Vorranggebiete Bedenken: das in Großensee. „Wir reden dabei über Abwägungskriterien“, sagte Günter Fischer, Fachdienstleiter in der Kreisverwaltung, im jüngsten Wirtschafts-, Planungs- und Bauausschuss (WPBA) des Kreistags. Das sei eine andere Stufe als die harten Kriterien, zu denen der von 800 auf 1000 Meter vergrößerte Abstand zu Wohnsiedlungen zählt.

Ziel für Klimaschutzprogramm nur zu 75 Prozent erreicht

Derzeit kommen die 40 Stormarner Windräder auf eine Leistung von rund 55 Megawatt (MW). Der neue Plan ermöglicht 30 Anlagen, die dank moderner Technik 93 MW leisten. Damit erreicht der Kreis das Ziel in seinem Klimaschutzprogramm aber nur zu 75 Prozent. „Wir wollen regenerative Energie gewinnen, doch bringen vieles dagegen vor, was über den erkennbaren Schutz der Bevölkerung und Tiere hinausgeht“, sagte Friedrich-Eugen Bukow (SPD). Es sei schwer nachvollziehbar, welche Bedeutung die Lage eines Baches für Windräder habe.

Jeder kann seine Bedenken einreichen

Bis zum 3. Januar können Stormarner im Internet ihre Stellungnahmen zu möglichen neuen Windparks im Kreis auf der Seite bolapla-sh.de unter „Online-Beteiligung Landesplanung – zweiter Entwurf Teilaufstellung Regionalplan III, Sachthema Windenergie“ abgeben.

Eine interaktive Karte führt den Nutzer zum jeweiligen Vorranggebiet. Plankonzept, Datenblätter und Umweltbericht ergänzen die Unterlagen, die insgesamt mehr als 1000 Seiten umfassen. Außer Stormarn gehören die Kreise Dithmarschen, Herzogtum Lauenburg, Ostholstein, Pinneberg, Segeberg und Steinburg sowie die Stadt Lübeck zum Bereich.

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Das sah Heinrich Dierking (Wählergemeinschaft Forum 21) ganz anders. Ihm waren die Formulierungen viel zu lasch. „Es ist richtig, dass man alles aufzählt. Ich hätte energischere Vorbehalte erwartet.“

Fachdienstleiter Fischer sieht die Kommunen, in denen Windparks abgebaut werden müssen, vor einer großen Herausforderung. „Wenn die Vorrangnutzung für die Altgebiete tatsächlich wegfällt, muss die Landesplanung die Gemeinden hinsichtlich der Folgen aktiv begleiten“, sagte er. Das sind die fünf Stormarner Vorranggebiete:

Dicht am Großenseer Gebiet brütet der Rotmilan
Dicht am Großenseer Gebiet brütet der Rotmilan © Adrian Encher

Großensee: Der Kreis bittet die Planer, die 19 Hektar große Fläche „noch einmal intensiv kritisch zu prüfen“. Aus naturschutzfachlicher Sicht könne dem Vorschlag nicht gefolgt werden. Das Areal, das an der Landesstraße 92 zwischen Golfplatz und der Grenze zu Brunsbek-Papendorf liegt, gehört teilweise zum Wohrensbarger Moor. Circa acht der 19 Hektar seien ein geschützter Landschaftsbestandsteil. Zudem brüte ein Rotmilan etwa 450 Meter südwestlich. Die Gemeindevertreter haben sich bereits quer durch alle Parteien gegen das Projekt ausgesprochen, planen eine Sondersitzung.

Bad Oldesloe-Schadehorn/Feldhorst: Das 22,5 Hektar große Gebiet besteht aus zwei Teilen, die der Bachlauf Poggenbek trennt. Die Naturschutzbehörde des Kreises weist darauf hin, dass das Gewässer zu einem Biotopverbundkonzept gehört. In der Umgebung sind Brutplätze von Kranich (790 Meter entfernt), Schleiereule (550 Meter) und Uhu (680 Meter). Sowohl in Bad Oldesloe als auch in Feldhorst stehen die Kommunalpolitiker den Plänen positiv gegenüber.

Kraniche brüten in der Nähe der Areale bei Feldhorst und Lasbek
Kraniche brüten in der Nähe der Areale bei Feldhorst und Lasbek © dpa | Patrick Pleul

Feldhorst/Rehhorst: Die 41,1 Hektar große Fläche ist für das sogenannte Repowering gedacht. Das bedeutet, dass dort innerhalb von zehn Jahren ein Windrad aufgestellt werden darf, wenn woanders zwei alte abgebaut werden. In den beiden Dörfern gibt es Windparks mit fünf und sechs Anlagen. Durch die neue Fläche fließt der Bach Bisnitz, der zu einem Biotopverbund zählt.

Großer Abendsegler: eine der sechs Fledermausarten bei Lasbek
Großer Abendsegler: eine der sechs Fledermausarten bei Lasbek © Fotolia / Wolter | Dirk Palapies

Lasbek-Barkhorst/Stubben: Das 102,8 Hektar große Gebiet gehört größtenteils zu Lasbek, hinzu kommen am Rand kleine Flächen in Steinburg und Stubben (Herzogtum Lauenburg). Sechs Windräder drehen sich dort bereits. Die Naturschutzbehörde beurteilt die Ausweisung „nach wie vor als kritisch“. Ein Gutachten aus dem Jahr 2017 zeige, dass im Ein-Kilometer-Radius Weißstorch, Kranich, Mäusebussard und Rohrweihe brüten. Im Drei-Kilometer-Radius wurden Weißstorch, Rotmilan, Kranich, Habicht, Kolkrabe, Rohrweihe, Mäusebussard, Uhu und Graugans registriert. Eine Fledermauskartierung ergab, dass sechs von 15 in Schleswig-Holstein vorkommenden Arten dort leben: Breitflügel-, Rauhaut-, Zwerg- und Mückenfledermaus sowie Großer Abendsegler und Braunes Langohr. Die Denkmalschützer weisen zudem darauf hin, dass Windräder den Blick auf die Eicheder Kirche und den baumbestandenen Anger beeinträchtigen könnten.

Der Blick auf die denkmalgeschützte Eicheder Kirche könnte leiden
Der Blick auf die denkmalgeschützte Eicheder Kirche könnte leiden © Kreisarchiv Stormarn

Steinburg-Eichede: Die 75,2 Hektar große Fläche östlich des Ortsteils Eichede ragt zu einem kleinen Teil in die lauenburgische Nachbargemeinde Schiphorst hinein. Sechs Windräder stehen direkt auf dem Areal. Zwei weitere liegen östlich geringfügig außerhalb und genießen Bestandsschutz. Das Gebiet ist nahezu vollständig Teil des Landschaftsschutzgebiets Eichede. Die denkmalgeschützte Eicheder Kirche könnte ebenso wie beim vorherigen Areal beeinträchtigt werden.