Steinburg. Umweltausschuss der Gemeinde spricht sich gegen Neuausweisung eines Vorranggebietes aus. Anwohner schildern Erfahrungen.
Sie stehen am Horizont und sind doch nur gut 1000 Meter von den Grundstücken der Familien Busche und Krumbholz im Steinburger Ortsteil Eichede entfernt. „Und bei Ostwind hören wir sie auch“, sagt Sigrid Krumbholz-Mai. Acht Windräder stehen im Moment auf Gemeindegebiet und auf Schiphorster Grund im benachbarten Herzogtum Lauenburg. Wie berichtet, plant die Landesregierung, den bestehenden Windpark als ein Vorranggebiet für die Windenergienutzung auszuweisen. Dadurch können dort zusätzliche Anlagen entstehen und ältere Windräder durch höhere ersetzt werden. Dagegen wollen sich Gemeindevertreter und Einwohner nun wehren.
Wie groß das Interesse im Ort ist, zeigt auch die Beteiligung an einer eilig in den Herbstferien einberufenen Sitzung des Umweltausschusses. Im Gemeinschaftshaus in Mollhagen kamen mehr als 30 Ausschussmitglieder und Bürger zusammen, um über die neuen Regionalpläne zu diskutieren. Ausschussvorsitzender Wolfgang Busche (SPD) sagte: „Das Thema dürfen wir nicht schleifen lassen. Abgabefrist der Stellungnahme ist der 3. Januar.“ Nicht viel Zeit für die kleine Gemeinde am Rande Stormarns mit ihren rund 2700 Einwohnern darzulegen, warum sie gegen den Ausbau ihres Windparks ist.
Experten sollen Gemeinde bei Stellungnahme helfen
Busche sagte: „Wir müssen uns entscheiden, ob wir das das Amt Bad Oldesloe-Land machen lassen oder ein externes Planungsbüro beauftragen.“ Doch die Entscheidung wird den Ortspolitikern abgenommen. Der im Juni neugewählte Bürgermeister Wolfgang Meyer (CDU) meldete sich zu Wort. „Das Amt hat mir gegenüber erklärt, dass es fachlich dazu nicht in der Lage ist.“
Für Andreas Hack von den Aktiven Bürgern in Steinburg (ABiS) ist das kein Problem. Schon eine vorherige Stellungnahme sei in Zusammenarbeit mit einem Raumplanungsbüro entstanden, darauf könne aufgebaut werden. SPD-Fraktionsvorsitzender Heiko Busche brachte noch einmal sein Missfallen an den neuen Plänen des Landes zum Ausdruck, sagte: „Unsere Kirche und der Dorfanger sind als sogenannte Sachgesamtheit seit 2016 als Denkmal geschützt.“ Um historische Sichtachsen zu erhalten, sei eigentlich ein Abstand von fünf Kilometern einzuhalten.
Außerdem befinde sich das neue Vorranggebiet nach wie vor im Landschaftsschutzgebiet. „Für die bisherigen Anlagen gibt es nur eine Ausnahmegenehmigung“, so der SPD-Mann. Bürgermeister Meyer unterstützend: „Unter diesen Bedingungen können wir als Gemeinde nur gegen die Fläche sein“, sagte der CDU-Politiker, während Bürger zustimmend auf die Tische klopften.
Gutachten soll Ablehnung neuer Windräder verdeutlichen
Eine kurze Debatte entbrannte darüber, ob dem Gutachter bereits vorgegeben werden soll, wie die Stellungnahme auszufallen habe. Dirk Michalowski von der Bürgerinitiative GegenwindSteinburg bekräftigte: „Wir haben im vergangenen Jahr gegen einen vorherigen Plan binnen einer Woche 450 Unterschriften gesammelt.“ Nach den neuen Plänen werde der Ort von den Windparks Steinburg/Schiphorst und Lasbek geradezu in die Zange genommen. „Die neuen, vermutlich höheren, Windräder sehen wir dann von jedem Ortsteil aus“, so Michalowski.
Befürworter gebe es im Ort jedoch auch, gab Wolfgang Busche zu bedenken. Zumindest die, die durch Verpachtung ihrer Flächen im Moment an der Windkraft verdienen. Doch die sind an diesem Abend anscheinend nicht in das Gemeinschaftshaus gekommen, so fällt die Entscheidung des Ausschusses bei einer Enthaltung klar gegen das neue Vorranggebiet aus.
Der Bürgermeister wird nun beauftragt, mit dem Lübecker Planungsbüro Stolzenberg, das bereits die jüngste Stellungnahme erarbeitet hatte, Kontakt aufzunehmen und zusammen mit einer Arbeitsgruppe aus Ortspolitikern und Bürgern ein neues Papier zu erarbeiten. Dann soll das Thema noch einmal auf der nächsten Umweltausschusssitzung am 20. November besprochen werden. Endgültig entscheiden die Gemeindevertreter auf ihrer Sitzung am 17. Dezember. Allerdings werden die Kommunen in dem Verfahren nur gehört, haben kein Veto-Recht.
Anwohner befürchten mehr Schatten und Lärm
Doch wie lebt es sich mit den etwa 100 Meter hohen Windrädern, die im Ortsteil Eichede bereits seit 2004 stehen? Anwohnerin Sigrid Krumbholz-Mai sagte bei einem Ortstermin: „Wir haben extra ein paar Bäume gepflanzt, um sie zumindest vom Fenster aus nicht mehr zu sehen. Allerdings seien die Anlagen zumindest bei Ostwind im Garten zu hören. „Und im Winter ziehen sie lange Schatten.“
Ihr Nachbar und SPD-Gemeindevertreter Heiko Busche ergänzte: „Ich habe damals dafür gestimmt, wollte alternative Energiequellen voranbringen.“ Neue Anlagen sieht er jedoch kritisch. Sie kamen für Nachbarin Krumbholz-Mai überraschend. „Im ersten Entwurf war das Eicheder Gebiet noch entfallen. Die bestehenden Windräder hätten also mit Ende ihrer Lebensdauer abgebaut werden müssen.“ Zudem sei die Region durch die in unmittelbarer Nähe rotierenden Windmühlen in Lasbek-Barkhorst vorbelastet. Mit den bestehenden Anlagen hätten sie und ihr Mann Frieden geschlossen. Wolf Krumbholz sagte: „Wir befürchten jedoch, dass höhere Anlagen deutlich lauter werden und durch ihr Leuchtfeuer auch bei Nacht stören.“
Laut Innenministerium ist die Höhe neuer Anlagen in Vorranggebieten erst einmal nicht begrenzt.