Bad Oldesloe. Neue Flächen bei Großensee und Bad Oldesloe. Teil bestehender Gebiete könnte erweitert werden. Reaktion in Kommunen gemischt.

Pläne des schleswig-holsteinischen Innenministeriums, neue Flächen für Windkraftanlagen auszuweisen und einen Teil der bestehenden Gebiete zu erweitern, stoßen in den Städten und Gemeinden in Stormarn auf ein geteiltes Echo. Wie berichtet, wenden sich Gemeindevertreter aus Großensee gegen den derzeit aktuellen zweiten Entwurf der Regionalplanung. Andere Orte, wie Bad Oldesloe, begrüßen sie. Das Abendblatt zeigt, wo neue Anlagen entstehen könnten, wo bereits welche stehen und wie die jeweiligen Kommunen und Naturschützer zu den Entwicklungen stehen.

In Großensee hatte Gemeindevertreter und Ex-Bürgermeister Uwe Tillmann-Mumm (Aktive Wählergemeinschaft Großensee, AWG) gesagt: „Wir befinden uns im direkten Einzugsbereich von Hamburg und haben einen entsprechenden Siedlungsdruck.“ Sollten die Pläne der Landesregierung Realität werden, drohten sie dem Ort Entwicklungspotenzial zu nehmen. Darum wollen die Kommunalpolitiker zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um rechtzeitig vor Fristablauf Anfang Januar eine Stellungnahme zu formulieren.

Probleme mit neuen Anlagen zeichnen sich auch im Steinburg ab. Dort stehen zusammen mit einem benachbarten Windpark im Kreis Herzogtum Lauenburg bereits acht Anlagen. Bürgermeister Wolfgang Meyer (CDU) sagt: „Im neuen Entwurf gibt es eine Fläche in Richtung Ortsteil Eichede, die teilweise sehr kritisch gesehen wird.“ Sie liege in einem Landschaftsschutzgebiet und rücke der denkmalgeschützten Kirche näher. Die Gemeinde will auf ihrer heutigen Sitzung des Umweltausschusses deswegen der Ortsgruppe der Bürgerinitiative „Gegenwind“ die Möglichkeit geben, Argumente vorzubringen.

Bis Juni 2019 gilt noch ein Moratorium

Windkraftanlagen im Kreis Stormarn
Windkraftanlagen im Kreis Stormarn © HA | HA Grafik/Frank Hasse

Anders hingegen die Situation in Bad Oldesloe. Die Kreisstadt verfügt bereits über eine Anlage. „Wir sind dem quer durch die Fraktionen gegenüber positiv gestimmt“, sagt der stellvertretende Bürgermeister Horst Möller (CDU). Er hoffe, dass im zu Oldesloe gehörenden Schadehorn gebaut werde. Entscheiden müssten das jedoch die Bauern, deren Flächen betroffen sind. „Die Verpachtung ist sehr lukrativ“. Deswegen rechne er mit einer entsprechenden Nutzung, sollte die Fläche in einen endgültigen Plan übernommen werden.

Ebenfalls positiv gestimmt ist Ernst-Wilhelm Schorr aus Feldhorst. Im Gebiet seiner Gemeinde im Norden des Kreises stehen bereits sechs Anlagen, „und die sind akzeptiert“, sagt der Bürgermeister von der Kommunalen Wählervereinigung Feldhorst (KWF). Sie könnten ersetzt werden durch einen neuen Windpark auf einem auch in der Nachbargemeinde Rehhorst gelegenen Areal. „Ich habe den Bürgern empfohlen, sich dazu zu äußern.“ In welche Richtung das gehe, könne er jedoch noch nicht sagen, sehe die Entwicklung selbst gelassen. „Ich warte auf die endgültigen Pläne.“

Ein abschließendes Urteil mag auch Harald Lodders (SPD) aus Lasbek noch nicht fällen. Seine Gemeinde hat sechs Windkraftanlagen. Auch die seien akzeptiert. „Wichtig ist, dass neue Windräder für die Menschen so verträglich wie möglich gebaut werden“, so der Bürgermeister.

Naturschützer sehen Gefahren für die Vogelwelt

Zu einer abschließenden Bewertung sind auch die Naturschützer aus der Nabu-Ortsgruppe Bad Oldesloe noch nicht gekommen. Sie sehen vor allem Gefahren für Großvögel und Fledermäuse. „Seeadler können mit den Anlagen kollidieren und Fledermäuse in den Sog der Rotorblätter kommen.“ Abstände von 3000 Metern zu einem Horst von Seeadler oder Schwarzstorch seien darum unabdingbar. „Wir brauchen die Windkraft als regenerative Energie, glauben aber, dass weniger als zwei Prozent der Landesfläche dafür ausreichen“, so der Oldesloer Ortsvorsitzende Klaus Graeber. Solaranlagen könnten eine Alternative sein.

Der Angst, dass 200 Meter hohe Windräder (gerechnet bis zur Spitze des Rotorblattes) bald das Landschaftsbild säumen, tritt Ministeriumssprecher Tim Radtke entgegen. „Große Anlagen stehen sich gegenseitig im Wind“. Das typische Windrad in Schleswig-Holstein werde eine Höhe von circa 150 Metern haben. Wollten Investoren höhere Anlagen bauen, müssten diese gemäß der 3H-Regelung drei Mal weiter von dem nächsten bewohnten Haus entfernt sein, als sie hoch sind. Bei geschlossenen Ortschaften sei es sogar die fünffache Höhe. „Die Landesregierung will bis zum Jahr 2025 zehn Gigawatt regenerativen Strom erzeugen“, sagt Radtke. Das könne mit Windkraftanlagen auf knapp zwei Prozent der Flächeerreicht werden. „Damit ist dort jede andere Nutzung unzulässig, die die Windkraft ausschließt“, so der Pressesprecher

Verwaltungsgericht hatte bestehende Pläne gekippt

Um die größeren Abstände zu Siedlungen möglich zu machen, sind einige Kriterien, etwa im Denkmal- und Naturschutz, gelockert worden, sagt Radtke weiter. Altanlagen, die nicht mehr in Vorranggebieten stehen, dürften dafür jedoch nur noch bis zum Ende ihrer Laufzeit betrieben werden.

„Bis Juni 2019 gilt in Schleswig-Holstein noch ein Moratorium, das den Bau neuer Anlage nur mit Ausnahmegenehmigung zulässt“, so der Ministeriumssprecher. Nötig geworden war diese Regelung, weil das Oberverwaltungsgericht Schleswig bestehende Regionalpläne 2015 wegen Rechtsfehlern außer Kraft gesetzt hatte. „Und einen Wildwuchs neuer Anlage wollte das Land verhindern“, so Radtke. Gegen den ersten Entwurf waren 6500 Stellungnahmen Verwaltungen, Verbänden und Bürgern eingegangen.