Barsbüttel. Frank Horch präsentiert neue Umleitungsstrecke wegen Baustelle an Landesgrenze zu Barsbüttel. Den Bürgern reicht das aber nicht.
Am heutigen Freitag geht im Barsbütteler Rathaus ein Brief des Staatsrats der Hamburger Wirtschafts- und Verkehrsbehörde, Torsten Sevecke, ein. Weil Verwaltungschef Thomas Schreitmüller gerade urlaubt, wird ihn sein Stellvertreter Rainer Eickenrodt von der örtlichen Wählergemeinschaft BfB öffnen. In dem Schreiben steht, wie Hamburg den Straßen-Streit mit der Stormarner Gemeinde lösen will. Eickenrodt kennt den Inhalt nach einem Telefonat bereits, die Absichten des großen Nachbarn haben sich im Ort inzwischen herumgesprochen – und stoßen auf wenig Gegenliebe. Stormarner sind verärgert über Seveckes Dienstherrn, Senator Frank Horch, der die Angelegenheit nach Protesten zur Chefsache gemacht hatte.
Wie berichtet, ist die einseitige Sperrung der Barsbütteler Straße auf Hamburger Gebiet vom 20. August bis Jahresende Anlass der Unstimmigkeiten. Dann wird ein 720 Meter langer Teilabschnitt bis zur Landesgrenze saniert. Das Befahren ist für Autos nur in Richtung Hamburg möglich. Dagegen wehren sich die Barsbütteler. Sie wünschen sich eine Ampelschaltung, damit die 13.700 Einwohner zählende Kommune weiterhin über die Hauptverkehrsader zu erreichen ist.
Bürger beteiligten sich an Postkartenaktion
Dass die zuständige Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) in der Hansestadt und der ihr zugeordnete Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) davon nichts halten, machten Vertreter zuletzt vor zweieinhalb Wochen auf einer Informationsveranstaltung in Barsbüttel deutlich und verwiesen auf das Veto der Polizei. 450 Menschen waren vor Ort, viele machten ihrem Unmut Luft. Davor hatten örtliche Parteien durch verschiedene Aktionen wie zum Beispiel eine Protestkartenaktion an Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) versucht, ein Umdenken der Hansestadt zu bewirken. Auch Barsbüttels Bürgervorsteher Peter Eckwerth (BfB) intervenierte in einem Brief an Horch. Beide kennen sich, arbeiteten in den 80er-Jahren zusammen bei der Phoenix AG.
Neue Variante: Umweg acht statt 20 Kilometer
Plötzlich keimte neue Hoffnung auf, nachdem sich der Wirtschafts- und Verkehrssenator der Sache persönlich annahm. Horch wies seine Mitarbeiter an, erneut Alternativen zu prüfen. Jetzt gibt es ein Ergebnis: Die offizielle Umleitungsstrecke – eine solche wird ausgeschildert – verläuft nicht wie geplant über Oststeinbek, Glinde und die Kreisstraße 80. Bei dieser Variante ist der Umweg nach Barsbüttel 20 Kilometer lang. Er verringert sich nun auf rund acht Kilometer, weil sich Hamburg für den Weg über Jenfeld und die Autobahnen 1 und 24 entschieden hat. „Das ist eine Ausnahmeregelung, denn normalerweise sind Autobahnen keine Umleitungsstrecken“, sagt Behördensprecherin Susanne Meinecke.
Zudem ist angedacht, den Bus 263 zwischen Hamburg und Barsbüttel von 7 bis 19 Uhr als Ringlinie zu installieren zwecks Reduzierung von Wartezeiten. Womöglich werden auch mehr Busse eingesetzt. Alle fahren über die Autobahn. Außerdem wird auf der vierspurigen Rodigallee – sie ist die Weiterführung der Barsbütteler Straße – ein Parkverbot ausgesprochen.
Die Hamburger Behörde will sich keine mangelhafte Informationspolitik vorwerfen lassen und betont, sie habe den Barsbüttelern im Januar 2017 eine öffentliche Veranstaltung angeboten, das Rathaus aber nicht auf ein entsprechendes Schreiben geantwortet.
Lebensmittelhändler rechnen mit Einbußen
Ob ein Treffen zu diesem Zeitpunkt die Wut der Bürger besänftigt hätte? Wahrscheinlich nicht. Denn Barsbüttels Verwaltung hatte schon bei einer Verkehrsbesprechung am 22. November 2016 mit Hamburg den Wunsch eines beidseitigen Verkehrs auf der Straße während der Sanierung geäußert.
„Die neue offizielle Umleitungsstrecke bringt Barsbüttel nichts“ sagt Rainer Eickenrodt. „Unserer Forderung wurde nicht nachgekommen.“ Eine Lösung der Probleme sehe anders aus. Das findet auch Grünen-Fraktionschef Joachim Germer: „Die Autobahn ist ohnehin die Strecke, auf der die Mehrzahl der Leute ausweicht, um nach Barsbüttel zu kommen.“ Dazu benötige es keiner Ausschilderung. „Hamburg präsentiert uns jetzt eine Mogelpackung.“
Behörde will Barsbütteler während der Arbeiten anhören
Bürgervorsteher Peter Eckwerth sagt, er habe nicht mehr erwartet. „Trotzdem bin ich enttäuscht.“ Ulf Haverland, ein örtlicher Firmenchef, stimmt zu: „Das hilft uns kein Stück weiter. Es herrscht Frust bei Unternehmern.“ Insbesondere Lebensmittelhändler erwarten Umsatzeinbußen wegen fehlender Kundschaft aus Hamburg.
Richtig in Rage ist der Stormarner Landtagsabgeordnete Lukas Kilian (CDU), der sich für die Barsbütteler Belange einsetzt. Er sagt: „Ich habe das Gefühl, dass Hamburg uns für dumm verkaufen will. Die Änderungen als Gewinn zu kommunizieren, ist Veralberung.“ Rund einen Monat nach Beginn der Arbeiten plant die Hansestadt wieder eine Informationsveranstaltung. Dort können Barsbütteler Verbesserungen vorschlagen – etwa veränderte Ampelschaltungen. Die Einbahnstraßenregel bleibt allerdings wie in Stein gemeißelt.