Ahrensburg/Oststeinbek. Viele Reaktionen auf Artikel über einen Oststeinbeker, dem zu viel Geld abgebucht wurde. Weitere Fälle betreffen große Unternehmen.

Norayr Adamyan ist inzwischen wieder gelassen. Noch vor wenigen Tagen war der in Oststeinbek lebende Flüchtling aus Armenien verärgert. Der Grund: Stress mit dem Telefonanbieter. Dieser hat ihm über Monate Geld vom Konto abgebucht für eine Leistung, die er nicht in Anspruch nimmt und für die kein Vertrag existiert. Konkret ging es um ein TV-Produkt von Vodafone.

Bei dem Unternehmen hatte der 25-Jährige im November 2015 einen DSL-Kontrakt für Festnetz und Internet abgeschlossen, die Telefonnummer seines Dolmetschers hinterlassen für eventuelle Fragen. Adamyan war damals der deutschen Sprache noch nicht mächtig. Anfang dieses Jahres meldete sich der Anbieter beim Helfer, machte ein Angebot und schickte die entsprechende Hardware. Diese überbrachte der Dolmetscher dem Armenier, der jedoch kein Interesse hatte und die Box an Vodafone zurückschickte. Trotzdem zog die Firma über drei Monate Geld dafür ein, telefonische Beschwerden beim Kundenservice und der Besuch eines Vodafone-Ladens in Hamburg zwecks Klärung blieben erfolglos.

Auch Betreuerin war zunächst machtlos

Auch als sich seine Betreuerin einschaltete und sich eine Vollmacht ausstellen ließ, stellte sich Vodafone stur. Dann konfrontierte das Abendblatt den Anbieter mit der Angelegenheit. Der schilderte seine Sicht der Dinge und versuchte, sich zu rechtfertigen, sah aber ein, Fehler begangen zu haben. Nun werden Adamyan die 125,61 Euro erstattet, der nur im System vorhandene Vertrag ist gelöscht.

Auf den Artikel meldeten sich zahlreiche wütende Leser bei uns, schilderten ihre Erlebnisse mit Unternehmen. Am Pranger steht nicht nur Vodafone, sondern auch die Konkurrenz.

Das rät die Verbraucherzentrale

Boris Wita ist Leiter der Rechtsabteilung bei der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. Er sagt, wie sich Kunden verhalten sollen, wenn ihnen der Telefonanbieter zu viel Geld vom Konto abbucht und es unterschiedliche Auffassungen über Vertragsinhalte gibt.

1. Zuerst die Vertragsunterlagen sichten und schauen, ob ehemals kostenlose Bestandteile kostenpflichtig geworden sind. Wenn man nicht weiß, warum Mehrkosten entstanden sind, die einzelnen Posten auf der Rechnung prüfen.

2. Gegebenenfalls das Unternehmen auffordern, Mitschnitte von Telefonaten zur Verfügung zu stellen – etwa bei Vertragsabschluss über die Hotline.

3. Den Anbieter auffordern, unberechtigte Beiträge innerhalb von zwei Wochen zurückzuzahlen. Andernfalls Drohung mit Sonderkündigung oder Strafanzeige. Das alles per Einschreiben mit Rückschein.

4. Wenn das Unternehmen nicht reagiert, bleibt nur der Gang zu einem Anwalt oder zur Verbraucherzentrale.

Vom Widerruf einer Lastschrift und dem Aussitzen der Sache rät Boris Wita ab: „Unternehmen haben automatisierte Abläufe. So kann es zu einem Gerichtsverfahren kommen und zu Mehrkosten, die im unglücklichen Fall der Kunde zu tragen hat.“ suk

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Jochen Simon: Zwei Wochen ohne Festnetz

Der Ammersbeker Jochen Simon ist seit Jahrzehnten Telekom-Kunde und hatte nie Probleme – bis Anfang dieses Monats. Plötzlich war er über seinen Festnetzanschluss nicht mehr zu erreichen. Wer ihn über diese Nummer kontaktieren wollte, hörte ein Besetztzeichen. Der 74-Jährige hat ein Handy, aber keine Flatrate. „Jedes Gespräch wird abgerechnet“, sagt der Rentner. Über diesen Weg versuchte er es vormittags bei der Kundenhotline, legte aber auf wegen der angekündigten 45 Minuten Wartezeit. Am Abend, kurz vor der Tagesschau, kam Simon zügig durch, schilderte sein Problem. „Die Telekom wollte etwas durchmessen, und der Mitarbeiter hat versprochen, mich auf dem Handy zurückzurufen“, so der Ammersbeker. Geschehen sei aber nichts und das Festnetz damit zwei Wochen außer Betrieb gewesen.

Auch dieses Falls nahm sich das Abendblatt an, fragte beim Unternehmen nach. Ein Sprecher meldete sich keine zwei Stunden später zurück. In einer E-Mail heißt es unter anderem: „Den Anruf bei unserer Hotline und die Historie kann ich leider nicht lückenlos nachvollziehen. Die Leitung ist heute als in Ordnung geprüft worden. Wir haben für morgen mit dem Kunden einen Termin zwischen 10 und 14 Uhr vor Ort vereinbart.“ Am nächsten Tag war der Techniker zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Ammersbek. „Der Herr hat nur wenige Minuten benötigt, um die Sache zu beheben. Das war ein Knopfdruck“, berichtet Simon. „Ich bin dem Abendblatt unheimlich dankbar, der Firma auf den Zahn gefühlt zu haben.“ Als Entschädigung erstattet die Telekom dem Rentner einen Monatsbeitrag.

Torsten G.: Anbieter ignoriert neue Verträge

Unzufriedenheit gibt es auch mit einem weiteren der großen Telefonanbieter. Torsten G. aus Oststeinbek ist nicht gut auf O2 zu sprechen. Im November vergangenen Jahres schloss er einen neuen DSL- und Mobilvertrag zu verbesserten Konditionen ab mit Beginn zum 5. Dezember. Tatsächlich wurden im Januar bei der Abrechnung die alten Tarife berücksichtigt. „Die Kundenhotline hat mir von Anschlussproblemen berichtet und gesagt, man arbeite daran. Es wurde mir versprochen, die Differenz gutzuschreiben“, sagt der 39-Jährige. Doch auch im Februar wurde wieder zu viel abgebucht. Es folgten diverse Anrufe bei O2 mit denselben Antworten: Man bitte um Verständnis und Geduld.

Dann wurde es dem Kunden zu bunt. Er suchte einen O2-Shop auf, wurde wegen des DSL-Vertrags an die Niederlassung in der City Nord in Hamburg verwiesen. Dort stellte ein Mitarbeiter zumindest den vertraglich vereinbarten Rabatt ins System ein, die Rückzahlung von rund 36 Euro konnte er nicht veranlassen und bat darum, an die Kundenbetreuung in Nürnberg zu schreiben. Die schmetterte die Forderung von Torsten G. erst ab mit einer unverständlichen Erklärung. Fünf weitere Anrufe waren dann nötig, damit der Oststeinbeker zu seinem Recht kommt. Das war im März.

Doch damit nicht genug des zeitintensiven Nachhakens und Frusts: Inzwischen wurden dem Kunden 28 Euro als Schadensersatz für eine angeblich nicht zurückgelieferte Fritzbox vom Konto abgebucht. Tatsächlich wurde ein solches Gerät nie an den Oststeinbeker geschickt. Das hat O2 auch bestätigt und den Fauxpas mit einem Systemfehler begründet. Auf das Geld wartet Torsten G. heute noch. Der Telekommunikationsanbieter hatte zugesagt, die 28 Euro auf der im Mai ausgestellten Rechnung zu berücksichtigen. Eine Beschwerde beantwortete eine Mitarbeiterin der Hotline so: „Der Posten im System ist noch offen. Wir arbeiten daran.“ In diesem Fall liegen dem Abendblatt sämtliche Dokumente sowie SMS-Mitteilungen des Unternehmens an Torsten G. vor.

Margit Schuster: Schikane nach Tod der Tochter

Die meisten Beschwerden der Abendblatt-Leser richten sich gegen das Unternehmen Vodafone. Womöglich liegt es an der Tatsache, dass der Anbieter in den Fall von Norayr Adamyan involviert ist. Schlimmes berichtet auch Margrit Schuster: „Nach dem Tod unserer Tochter habe ich ihren Vertrag bei Vodafone gekündigt. Man bat mich um meine Anschrift, um die Kündigung zu bestätigen.“ Dann habe sie laufend Rechnungen und Mahnungen erhalten, weil sie angeblich den Vertrag übernommen hätte. „Davon war allerdings zu keinem Zeitpunkt die Rede gewesen, da ich einen Mitarbeiteranschluss der Telekom habe und damit sehr zufrieden bin“, sagt sie. Margit Schuster hatte keine Bankverbindung angegeben, sodass Vodafone nicht in der Lage war, Beträge abzubuchen. „Es hat ein halbes Jahr Nerven gekostet, bevor man endlich Ruhe gegeben hat.“

Jonas Haberl: Beiträge neun Monate doppelt abgebucht

Rund 320 Euro von Vodafone fordert Jonas Haberl aus Glinde. Der 21-Jährige hatte im vergangenen Jahr seinen Mobilfunkvertrag gekündigt und einen neuen abgeschlossen – in einem Shop der Firma in Hamburg-Bergedorf. Seit neun Monaten werden von seinem Konto jedoch Beiträge für beide Kontrakte abgebucht. „Mein Sohn war sechsmal im Geschäft und hat sich beschwert. Er wurde immer wieder vertröstet“, sagt der Vater des Mechatronikers, Hans Haberl. Rückrufe seien versprochen und nicht eingehalten worden. Die Familie hat sich jetzt einen Anwalt genommen, um die Sache zu klären.

Alfons Zimmermann hat Lastschrift widerrufen

Probleme mit Kabel Deutschland, das inzwischen zu Vodafone gehört, hatte vor einiger Zeit Abendblatt-Leser Alfons Zimmermann. Als er mit seinem Anliegen wegen vertragsungemäßen Verhaltens nicht weiterkam, widerrief er die Lastschrift. Das wollte sich das Unternehmen natürlich nicht gefallen lassen. Durch Mahngebühren vervielfachte sich der streitige Betrag schnell, die Sache wurde an ein Inkassobüro weitergeleitet. „Die Forderungen des Anbieters stiegen von 140 auf rund 450 Euro. Da ich den Fall sehr gut dokumentiert hatte, habe ich nie reagiert, sondern gewartet, ob es zur Klage kommt. Einem gerichtlichen Mahnbescheid hätte ich widersprochen“, sagt Zimmermann.

Dann seien die Forderungen stufenweise verringert worden bis zum ursprünglichen Betrag. Er habe das alles weiterhin ignoriert und schließlich nichts mehr von Kabel Deutschland gehört. Zimmermann sagt: „Das Problem bei Vodafone sind automatisierte Prozesse, die nicht aufeinander abgestimmt sind. So läuft das Lastschriftverfahren einfach weiter.“