Grosshansdorf. Krankenhaus musste zehn Tage auf bekannte Nummern verzichten, sich mit Handys behelfen. Wechsel des Telefonanbieters klappte nicht.
Sogar Operationen mussten verschoben werden, medizinische Befunde umständlich aus anderen Kliniken und Praxen abgeholt oder per Post verschickt werden. Patienten, die einen Termin in der Unfallambulanz vereinbaren und Verwandte, die ihre Angehörigen nach einem Eingriff erreichen wollten, hörten nur: „Diese Rufnummer ist nicht vergeben.“ Zehn Tage lang musste sich die Großhansdorfer Spezialklinik für Orthopädie und Augenheilkunde, die seit 2011 auch in die unfallchirurgische Notfallversorgung eingebunden ist, mit Ersatznummern und Handys behelfen, bis Telefonanbieter 1&1 Versatel den Anschluss an andere Netze wieder herstellen konnte.
„Auf einmal blieb unser Telefon in der offenen Sprechstunde ungewohnt still“, beschreibt der Arzt Andreas Gerhardt die Situation in der Unfallambulanz am Sonnabend vorvergangener Woche. Während Notfallpatienten weiter per Rettungswagen die Klinik erreichten, konnten weniger dringende Fälle, die sich selbst nach einem Termin erkundigen wollten, das Krankenhaus nur noch per E-Mail kontaktieren. „Jüngere haben das gemacht“, sagt Gerhardt. „Auch darauf reagieren wir.“ Für Notfälle sei das aber natürlich nicht geeignet.
Patientendaten dürfen nicht per Mail versendet werden
Ein weiteres Problem: Sensible Patientendaten dürfen nicht per E-Mail gesendet, sondern müssen nach wie vor per Fax verschickt werden, so Gerhardt. Professor Jörg Braun, der Ärztliche Leiter der Klinik, ergänzt: „Operationen mussten deswegen in den ersten Tagen verlegt werden.“ Nur einige Praxen hätten mittels einer verschlüsselten Verbindung auch sensible Daten übertragen können. Unterdessen nutzten Mitarbeiter ihre Privathandys, später wurden auf Kosten der Klinik Prepaidkarten beschafft, um neuralgische Stellen wie die Unfallambulanz erreichbar zu machen. Nach einigen Tagen sei es gelungen, noch gültige Ersatzrufnummern vom bisherigen Anbieter Telefonica auf die Telefonanlage zu schalten. Außerdem konnte das Fax einer benachbarten Praxis mitgenutzt werden. „So sind wir wieder voll handlungsfähig geworden“, sagt Braun, der so etwas in seinem Berufsleben noch nicht erlebt hat.
Michael Karner, der als Technischer Leiter für die Telefonanlage zuständig ist, beschreibt die Situation so: „Anrufer, deren Telefonanschluss auch über 1&1 Versatel läuft, konnten die Klinik wie gewohnt erreichen. Aber das ist natürlich die Minderheit.“ Jene aus anderen Netzen wurden hingegen nicht durchgeschaltet. Wenigstens haben die Mitarbeiter innerhalb des Hauses nach draußen telefonieren können. „Wir sind Anfang November vergangenen Jahres von Telefonica zu 1&1 Versatel gewechselt“, sagt Karner.
Alter Anbieter muss Anrufe nur 60 Tage weiterschalten
Die Portierung, wie sich die Übertragung des Anschlusses an einen neuen Anbieter nennt, erweckte den Anschein, problemlos zu sein. „Bis zum 3. Februar“, so der Technische Leiter. Nachdem kaum noch Anrufe die Klinik erreichten, habe er an dem Sonnabend umgehend versucht, den Anbieter zu kontaktieren. Dieser sei vertraglich zu einer Behebung des Problems binnen acht Stunden verpflichtet. „Spätestens Montag läuft das wieder“, war sich Karner sicher.
Doch es kam anders. „Ich habe jeden Tag dort angerufen, mir wurde zugesichert, sich schnellstmöglich um das Problem zu kümmern.“ Der Anbieter sagte ihm, dass der Fehler schnell gefunden worden sei. Dennoch sei zehn lange Tage nicht absehbar gewesen, wann die Leitungen wieder funktionieren würden, sagt Karner. Warum die Sache so lange dauerte, sei für ihn unbegreiflich. „Wenigstens lag das Problem nicht bei uns.“ Folge für die Klinik: Anrufe, die sonst auf rund 500 verschiedenen Anschlüssen bei Mitarbeitern und Patienten eingingen, mussten nun von wenigen Anschlüssen aus bedient werden. „Ursprünglich war geplant, auch mit dem Ersatzanschluss zum neuen Anbieter zu wechseln. Ich werde mich jetzt dafür einsetzen, dass der bei Telefonica bleibt“, so Karner. Auch die Prepaidkarten werde er sicherheitshalber behalten.
Seit Dienstagmittag gehen gewohnte Nummern wieder
Anbieter 1&1 Versatel bestätigte auf Anfrage des Abendblattes, für das Problem verantwortlich zu sein. Pressesprecherin Anna Lottner spricht von einem sogenannten Routing-Problem: „Der bisherige Telefonanbieter hat die Portierung zu uns wegen unterschiedlich ausgefüllter Formulare abgelehnt.“ 60 Tage sei der alte Anbieter anschließend noch verpflichtet, Anrufe weiterzuleiten, danach würden die Nummern abgeschaltet. „Telefonica hat uns das vorher mitgeteilt, aber wir haben darauf leider nicht rechtzeitig reagiert“, gibt Lottner zu. Deswegen sei der Fehler erst nach Abschaltung der Weiterleitung offenkundig geworden. „Seither haben wir an höchster Stelle versucht, eine Lösung zu finden“, sagt die Pressesprecherin.
An sich sei die Portierung eines Telefonanschlusses etwas Alltägliches und verlaufe in der Regel problemlos. Warum der Kundenservice der Klinik jedoch nicht von sich aus Ersatznummern oder Mobiltelefone angeboten habe, konnte Lottner nicht erklären. Sie sagt aber zum Abendblatt: „Unser Kundenservice wird auf jeden Fall auf die Klinik zugehen und Entschädigung anbieten.“ Über die genaue Höhe dürfe sie jedoch keine Angaben machen.
Unterdessen ist die Park-Klinik seit Dienstagmittag um 13 Uhr wieder unter den gewohnten Rufnummern zu erreichen. Nur wenige Stunden nach der Anfrage durch das Abendblatt. Nach Auskunft der Pressestelle sei die Weiterschaltung jedoch bereits seit dem Morgen angestoßen gewesen.