Ahrensburg. Harte Kritik an Michael Sarach: Politiker aller Ahrensburger Fraktionen monieren massive Verzögerung. Warum hielten sie so lange still?
Der Abendblatt-Bericht über die massiven Verzögerungen im Bestreben, die Bedeutung der Ahrensburger Innenstadt mithilfe eines Marketingkonzepts zu stärken, zieht empörte Reaktionen von Politikern und Teilnehmern der Lenkungsgruppe nach sich. Es herrscht Unverständnis darüber, dass sich die Verwaltung bisher außerstande sieht, das Konzept zur Abstimmungsreife zu bringen und den Mitgliedern des Hauptausschusses zu präsentieren. In der Kritik steht vor allem der Bürgermeister. Zum einen habe er die Besetzung der für das Vorhaben zuständigen Stabsstelle im Rathaus zu verantworten. Zum anderen präsentiere er keine zeitnahe Lösung des Problems. Erklärt Michael Sarach das Stadtmarketing nun zur Chefsache?
Mit dem Konzept hat der Verwaltungschef seine Beamtin Angelika Andres beauftragt. Wie mehrfach berichtet, ist es um das Verhältnis zwischen dem Dienstherrn und seiner Mitarbeiterin nicht zum Besten bestellt. Hintergrund sind Streitigkeiten um die Umsetzung Andres’ von der Leitung des städtischen Bauamtes an die Spitze der Stabsstelle Strategische Stadtentwicklung. Auch ging es um ein aus ihrer Sicht zu schlecht ausgefallenes Arbeitszeugnis. Der Ärger wurde sogar vor dem Verwaltungsgericht ausgetragen, sei aber inzwischen beigelegt, wie Michael Sarach sagt. Doch für ihre neue Aufgabe habe sich Andres wohl von Anfang an nicht wirklich begeistern können.
WAB äußert Zweifel an der Qualifikation von Frau Andres
Peter Egan, Stadtverordneter der Wählergemeinschaft WAB, hält die Personalie für den Kardinalfehler Sarachs. Er sagt: „Er hat eine Frau auf den Posten gesetzt, für den sie weder richtig qualifiziert noch richtig motiviert ist. Dabei müsste gerade auf solch einer Position jemand sitzen, der den Karren wirklich zieht.“ Christian Schubbert, Stadtverordneter der Grünen und Mitglied des Hauptausschusses, ergänzt: „Da passt vieles nicht zusammen. Auf der einen Seite sagt die Verwaltung, es handele sich um eine für die Stadt extrem wichtige Position. Aber die Besetzung der Stelle verdeutlich, dass der Bürgermeister der Sache offenbar doch nicht den Stellenwert beimisst, den sie tatsächlich verdient. Die Verzögerungen sind höchst unglücklich und einer Stadt wie Ahrensburg nicht würdig.“
Dabei habe er damals in bester Absicht gehandelt, wie der Bürgermeister selbst sagt. Er habe Andres den Job zugetraut, „gehofft, dass sie die neue Aufgabe gut macht“. Doch nun ist Andres nach Abendblatt-Informationen seit mehreren Monaten krankgeschrieben. Die Folge ist Stillstand bei dem für Ahrensburg so wichtigen Vorhaben.
Sarach: Keine Verschleppung durch Verwaltung
Sehr zur Verärgerung des Stadtforums. Der Vorsitzende des Vereins, der die Interessen von rund 100 Kaufleuten vertritt, will sich zwar offiziell nicht über die Arbeit der Lenkungsgruppe äußern, die verfahrene Situation nicht kommentieren. Doch Götz Westphal sagt: „Ich bedaure sehr, dass es seit einem halben Jahr Stillstand gibt. Aber das rechne ich nicht Frau Andres zu.“
Deutlicher in der Kritik wird Detlef Levenhagen, seit Sommer 2017 Fraktionschef der CDU: „Das Ganze ist von der Verwaltung verschleppt worden. Das Verfahren hätte auch ohne Frau Andres längst fortgeführt werden können. Dass der Bürgermeister sagt, es gehe nicht ohne sie, sehe ich anders.“ Außerdem sei dessen Personalführung in Bezug auf Frau Andres „nicht immer einwandfrei“ gewesen.
Sarach kontert, fragt: „Was habe ich schon für Möglichkeiten? Ich müsste einen Beamten mit der Aufgabe betrauen.“ Dieser müsse die nötige Kompetenz mitbringen. Außerdem müssten der oder die Betroffene sowie die Personalvertretung dem zustimmen. Sarach: „Das sagt sich alles so einfach, ist es aber nicht.“ Verschleppt habe die Verwaltung jedenfalls nichts, „das wäre fahrlässig und töricht“. Dafür sei das Thema viel zu wichtig. Und es gebe „wohl kaum jemanden, der die Entwicklung so bedauert wie ich“, so Sarach.
In der Verwaltung hat niemand Zeit für das Konzept
Auf die Frage, warum er nicht selbst Hand anlege bei der Vollendung und Präsentation des Konzepts, warum er nicht Bauamtsleiter Peter Kania mit ins Boot hole, sagt der Bürgermeister: „Ich habe schließlich noch andere Dinge mit hoher Priorität zu erledigen, dafür fehlt mir schlichtweg die Zeit.“ Ähnlich sehe es im Bauamt aus. Jochen Proske, Stadtverordneter und SPD-Spitzenkandidat für die Kommunalwahl, sagt zum Stand der Dinge: „Das ist ein sehr schwieriges Thema. Schon der Start war holprig, aber zwischenzeitlich wurden ein Fahrplan und klare Ziele definiert. Wir waren auf einem gutem Weg. Dass Frau Andres so lange ausfällt, dafür kann niemand etwas.“ Doch Aufgabe des Ahrensburger Bürgermeisters sei es nun, eine Lösung zu finden.
Der FDP-Fraktionschef bezeichnet den bisherigen Verlauf des Prozesses als ein „Armutszeugnis für die Stadt“. Die Stadtverordneten hätten bei der Verwaltung schon 2017 darauf gedrängt, „dass der Prozess unabhängig von der Personalie Andres zu Ende gebracht wird. Das hat der Bürgermeister damals abgelehnt“, sagt Thomas Bellizzi. „Und zwar mit dem Hinweis auf fehlende Personalkapazitäten.“ Es sei ein großer Fehler gewesen, „jemanden auf die Stelle zwangszuversetzen, anstatt jemanden auszuwählen, der für den Job brennt.“ Das räche sich jetzt.
Verbandschef Strehl vermisste einen Aufschrei der Politik
Bellizzi schlägt vor, „dass die Verwaltung schnellstmöglich dafür sorgt, das Konzept für ein Stadtmarketing fertigzustellen. Zur Not auch, wenn dadurch Extra-Kosten bei der Lübecker Beratungsgesellschaft Cima anfallen.“ Die Firma hat den Prozess von Beginn an begleitet. Der Marketing-Plan solle dem Hauptausschuss unbedingt noch vor der Konstituierung des neuen Stadtparlaments zur Abstimmung vorgelegt werden, sagt Bellizzi. Besonders bitter sei für ihn, dass zwei der fünf Politiker, die zur Lenkungsgruppe zählen, nach der Kommunalwahl am 6. Mai ausscheiden werden. Somit seien deren Nachrücker zwangsläufig an der Entwicklung des Konzepts kaum beteiligt und wüssten wenig über die Hintergründe zu Weichenstellungen.
Peter Egan benennt noch ein aus seiner Sicht grundsätzliches Problem: „Das Thema ist gut für die Stadt, aber vielleicht gar nicht so gut bei der Stadt aufgehoben. Vielleicht könnten das die Kaufleute oder andere viel besser. Die Kosten, die bisher aufgelaufen sind, haben bisher jedenfalls keinen Nutzen.“
Der Ahrensburger Gastronom Axel Strehl, Mitglied der Lenkungsgruppe und Landesvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes, stimmt ein: „Ich finde es schade, dass so viel Steuergeld und Zeit, die Ehrenamtliche aufwenden, verschwendet werden, weil der Verwaltungschef das nicht geregelt bekommt.“ Die Runde sollte „schnell wieder zusammengerufen werden, zur Not unter Federführung der Cima, die das bisher gut gemacht hat“, so Strehl. „Es muss doch wohl möglich sein, dass das Projekt auch ohne Frau Andres zu Ende gebracht wird.“ Allerdings wundere es ihn auch, dass es vonseiten der Politik solange keinen Aufschrei gegeben habe.