Glinde. Die Stadt streitet mit dem Eigner der Suck’schen Kate. Die zuständige Behörde sieht keinen Grund für eine Enteignung.
In Kürze wird Karin Prien (CDU), Schleswig-Holsteins Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, ein Schreiben aus Glinde erhalten mit brisantem Inhalt: Die Stadt beantragt darin, ein Enteignungsverfahren gegen den Eigentümer der Suck’schen Kate einzuleiten. Das 1855 erbaute reetgedeckte und derzeit unbewohnte Haus ist das älteste in der Kommune, genießt als Kulturdenkmal Bestandsschutz. Es gehört einem Geschäftsmann aus Hamburg-Bergedorf, der seit Jahren eine Sanierung verspricht, den Ankündigungen aber keine Taten folgen lässt.
Der Eigentümer will 2018 mit der Sanierung beginnen
Beim Blick auf das Gebäude an der Dorfstraße fallen einem sofort undichte Fugen, fehlendes Mauerwerk und abblätternde Holzfenster auf. Politiker fürchten den weiteren Verfall und entschieden sich jetzt zu diesem Schritt: Dem Antrag auf Enteignung der SPD auf der jüngsten Stadtvertretersitzung nach Paragraf 21 des Denkmalschutzgesetzes folgten geschlossen auch die Grünen. In der CDU gab es Ja- und Nein-Stimmen sowie Enthaltungen. Die Erfolgsaussichten sind jedoch gleich null. „Ich sehe keine Veranlassung, dort mit einem Enteignungsverfahren tätig zu werden“, sagt Michael Paarmann, Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege in Kiel. Der Landeskonservator ist mit dem Glinder Streit-Thema vertraut. Seinen Rat hatte sich schon die untere Denkmalschutzbehörde des Kreises Stormarn eingeholt. Diese steht in Kontakt mit dem Eigentümer und forderte ihn nach Intervention der Stadt im Herbst 2015 auf, die Einsturzgefahr der Kate zu bannen. Dem kam er nach. Vor wenigen Wochen drohte der Kreis dem Hamburger ein Zwangsgeld an wegen des undichten Daches. Jetzt ist über den oberen Bereich eine grüne Plane gespannt. Bisher sind also alle Auflagen der Behörde erfüllt worden. „Das Gebäude wird im Rahmen des Zumutbaren erhalten“, sagt Paarmann.
Laut dem Experten hat es in der Nachkriegsgeschichte in Schleswig-Holstein im Bereich der Denkmalpflege noch keine Enteignung gegeben. Die Stadt ist im Moment auch aus einem anderen Grund machtlos. Im vergangenen Sommer wurde dem Eigentümer die Baugenehmigung für die Sanierung erteilt. Das Konzept ist in enger Abstimmung mit der unteren Denkmalschutzbehörde entstanden. Weil der Bergedorfer durch die Genehmigung auch formal seine Absicht erklärt, das Haus auf Vordermann zu bringen, sind Voraussetzungen für eine Enteignung drei Jahre nicht gegeben. „Und es kann ein Verlängerungsantrag gestellt werden“, sagt Paarmann. Über die Schwierigkeiten einer Enteignung berichtete Glindes Bauamtsleiter Frank Thiemann den Politikern auf der Sitzung. Er hat selbst mehrere Jahre beim Denkmalschutz in Hamburg gearbeitet, sagt: „Auch dort ist mir kein vergleichbarer Fall bekannt.“
SPD-Fraktionschef Frank Lauterbach begründete den Antrag seiner Partei auch damit, dass ihn zahlreiche Bürger angesprochen hätten, „weshalb wir nichts tun“. Jetzt beschäftige sich aufgrund des Beschlusses die höchste Behörde im Land zumindest mit dem Thema Enteignung. „Wir wollen den Druck auf den Eigentümer dadurch erhöhen“, sagt Frank Lauterbach. Der Grünen-Ortsvorsitzende Jan Schwartz setzt sich schon lange für den Erhalt der Suck’schen Kate ein und hatte mit seiner Partei unter anderem eine Demonstration organisiert. Er sagt: „Das war mehr ein politisches Statement, welches wir abgegeben haben.“ Für den Kommunalpolitiker ist der Beschluss auch ein symbolischer Akt, um ein Zeichen zu setzen.
Glindes Entscheidungsträger votierten 2012 gegen Kauf
In dem Fachwerkhaus hatte einst der Schuhmacher Johannes-Hinrich Suck, der 28 Jahre lang Gemeindevorsteher war, gelebt. Als seine Enkelin im Jahr 2011 starb, veräußerten die Erben die Kate. Glindes Entscheidungsträger votierten damals mehrheitlich gegen einen Kauf. Heute sehen das viele Neinsager anders. Im September 2012 erwarb ein Geschäftsmann die Immobilie, die neben dem Gutshaus und der Glinder Mühle eines der Wahrzeichen der Stadt ist.
Nachdem das Gebäude zusehends verkam, ließ es die Verwaltung bei der zuständigen Behörde als Kulturdenkmal deklarieren. So ist es vor einem Abriss geschützt. Mitarbeiter der oberen und unteren Denkmalschutzbehörde werden im Glinder Bauausschuss am 8. März mit den Politikern über die Situation sprechen. Der Eigentümer sagte am Freitag gegenüber dem Abendblatt: „Ich will in 2018 mit der Sanierung beginnen und in das Haus einziehen.“