Bad Oldesloe. Wie Stormarner Städte und Gemeinden ihre Bürger mit Rück- und Ausblicken begrüßten. Abendblatt-Reporter waren in fünf Kommunen dabei.
Seit Jahren kämpft er gegen Rassismus und Fremdenhass. Jetzt hat Walter Albrecht vom Bündnis gegen rechts auf dem Neujahrsempfang der Stadt Bad Oldesloe für sein Engagement den „Silbernen Schlüssel“ erhalten. Der Preis wird einmal im Jahr an einen Bürger vergeben.
Wie üblich fand Walter Albrecht auch beim Neujahrsempfang im großen Saal des Kultur- und Bildungszentrums deutliche Worte gegen Fremdenfeindlichkeit: „Wir sind eine tolerante und weltoffene Stadt und das braune Gesindel hat bei uns nichts zu suchen“, begründete er sein Engagement, nachdem Bürgermeister Jörg Lembke und Bürgerworthalter Rainer Fehrmann ihm Schlüssel und Urkunde überreichten.
Albrecht spricht sowohl Linke als auch Konservative an
Albrecht nimmt kein Blatt vor den Mund, lässt auf Worte auch Taten folgen. Sein Bündnis vereint ein breites Spektrum politischer und gesellschaftlicher Akteure mit dem Ziel, rechtsextreme Kräfte aus der Stadt fernzuhalten. Wie effektiv das funktioniert, zeigte unter anderem die Großdemo im April 2016 gegen eine geplante Neonazi-Kundgebung. Damals folgten 1200 Menschen dem Aufruf des Bündnis und stellten sich den Rechtsradikalen in den Weg.
Dass Albrecht sowohl das linke als auch das konservative Lager anspricht, war ein wichtiger Grund für die Entscheidung: „Er ist der Motor des Bündnisses gegen rechts und gleichzeitig Verhinderer, dass dies ein ausschließlich linkes Bündnis ist“, sagte Rainer Fehrmann. Für den Bürgerworthalter, der seinen Posten zur Kommunalwahl räumen wird, war es die letzte Schlüsselübergabe.
Themen: Kita, Wohnraum, Haushalt und Straßenbaubeitrag
Bürgermeister Jörg Lembke sprach in seiner Rede über Themen, mit denen sich Verwaltung und Politik in den nächsten Monaten auseinandersetzen müssen: Schaffung von Wohnraum und Kitaplätzen, Einsparungen beim Haushalt, Straßenbaubeitragssatzung. Mit Blick auf die Wahl mahnte er zur Fairness: „Polemik und nicht einzuhaltende Versprechen werden in den politischen Diskussionen nicht helfen.“
Ahrensburg: Parkplätze und das „Wir-Gefühl“
Dass nicht Bürgermeister Michael Sarach, sondern seine Stellvertreterin Carola Behr neben Bürgervorsteher Roland Wilde die Gäste an der Tür zur Reithalle des Marstalls begrüßte, hat viele Gäste des Ahrensburger Neujahrsempfangs überrascht. Die Erklärung folgte wenige Minuten später, als Behr von der Bühne aus ihre Worte an die knapp 200 Besucher richtete. „Der Bürgermeister ist im Krankenhaus, er musste sich kurzfristig einem kleinen Eingriff unterziehen“, erläuterte die CDU-Stadtverordnete und stellvertretende Bürgermeisterin. Aber es bestehe kein Grund zur Sorge.
Während ihrer Rede zählte Behr die Errungenschaften des vergangenen Jahres auf, erwähnte explizit unter anderem die „erfreuliche“ Entwicklung der Gewerbesteuer, den rechtzeitig beschlossenen positiven Haushalt für das neue Jahr und den Baubeginn am Lindenhof. Beim Blick auf die Projekte des neuen Jahres betonte sie die Notwendigkeit, das Parkplatzproblem in Ahrensburg zu lösen und stellte in Aussicht, dass mit dem Bau einer Tiefgarage mit 240 Plätzen unter dem Stormarnplatz vielleicht sogar schon 2019 begonnen werden könnte.
Wilde dankte Ehrenamtlern, die sich in der Stadt einbringen
Bürgervorsteher Roland Wilde beschwor zu Beginn seiner Rede, wie schon mehrfach in den Jahren zuvor, das „Wir-Gefühl“ in der Schlossstadt. Das Miteinander von Politik und Verwaltung habe sich verbessert, sei aber noch nicht so, wie er sich das vorstelle. Wilde betonte die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung. „Die Menschen wohnen zuerst in der Stadt oder der Gemeinde und erst dann im Kreis oder im Land.“ Ahrensburg könne und werde seine Zukunft meistern.
Er dankte besonders den vielen Menschen, die sich ehrenamtlich für das Gemeinwohl der Stadt einsetzten. Dabei erwähnte er ausdrücklich auch die Politiker, die sehr engagiert arbeiteten und viel Freizeit opferten, und mahnte: „Sie sollten nicht Ziel von Beleidigungen sein.“
Großhansdorfer sollen ihren Stil beibehalten
„Unter den Anwesenden mag es Einzelne geben, die nicht mit dem einverstanden sind, was ich oder Bürgervorsteher Jens Heinrich sagen, auf den Weg bringen oder wofür wir stehen“, sagte Bürgermeister Janhinnerk Voß in seiner Neujahrsansprache. Trotzdem seien sie gekommen, hätten sich freundlich die Hand gegeben und alles Gute gewünscht. Das sei der Stil, den Großhansdorf pflegen müsse, so die Botschaft des Bürgermeisters.
In Großhansdorf werde Kritik meistens noch anständig formuliert. Das Laute, Pöbelige, Prollige sei bisher selten. Stil bedeute, andere ausreden zu lassen, sich offen gegenüber Andersdenkenden, Religionen und Herkunftsländern zu zeigen. Diese Tugenden müssten jedoch auch in der Waldgemeinde gepflegt werden. Vereine und Verbände würden zunehmend als Dienstleister angesehen, das Engagement für den Ort falle zunehmend schwer. „Wo früher ein Ast auf der Straße einfach zur Seite gezogen wurde, wird heute der Notruf gewählt“, beklagt Voß. Die Einwohner müssten darauf achten, zu erhalten, was den Ort lebenswert mache. Dabei wolle Großhansdorf bewusst nicht mit der stark steigenden Einwohnerzahl anderer Kommunen mithalten. „Wir fühlen uns mit unseren 9355 Einwohnern wohl“, so Voß. Dennoch werde in Kindergärten und Einkaufsmöglichkeiten investiert, aber eben unter Wahrung des Charakters der Gemeinde.
Mit Sorge blickte Voß auf die steigenden Ausgaben
Mit Sorge blickt Voß auf die steigenden Ausgaben, die in diesem Jahr voraussichtlich ein Defizit von rund 300.000 Euro bei den laufenden Kosten bedingen. „Bund und Land werden nicht müde, Forderungen nach Kinderbetreuung und Flüchtlingsintegration zu stellen, lassen uns mit den Aufgaben aber finanziell allein.“
Ungefähr 150 Bürger lauschten den Worten des Bürgermeisters, darunter viele Gemeindevertreter und auch der Ahrensburger Tobias Koch, seit vergangenem Jahr Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion in Kiel.
Reinbek verleiht seinen ersten Bürgerpreis
Es war ein Novum: Die Stadt Reinbek hat beim diesjährigen Neujahrsempfang am Sonntag erstmals den Bürgerpreis verliehen. Geehrt wurde die 49 Jahre alte Stephanie Steinert aus dem Stadtteil Schönningstedt. Die siebenfache Mutter schafft es neben ihrem Halbtagsjob als Diplom-Volkswirtin und der Familie, sich ehrenamtlich in der Gemeinde zu engagieren. „Das kann man nur, wenn man es gern macht“, sagt Steinert.
2006 gründete sie den Förderverein in der Kita Schönningstedt. „Ich hatte einfach so viele Ideen“, sagt sie. So organisierte sie Feste, Konzerte und Ausflüge. Um dies alles umsetzen zu können, sammelt sie Spenden. Ferner organisiert sie Geschenke-Aktionen für bedürftige Kinder. Auch in der Kirche engagiert sich Stephanie Steinert, ist seit rund acht Jahren Küsterin.
Schulden werden von 24,6 auf 35,8 Millionen Euro steigen
Neben all diesem ehrenamtlichen Engagement und ihrer Arbeit legt sie viel Wert auf die gemeinsame Zeit mit der Familie. „Mittags und abends sitzen wir alle am Tischen und essen zusammen, das ist mir wichtig.“ Ihre Kinder im Alter zwischen 5 und 19 Jahren leben mit in dem Haus in Schönningstedt.
Neben der erstmaligen Verleihung des Bürgerpreises gab es aber auch weniger erfreuliche Themen. In seiner Rede warf Bürgervorsteher Ernst Dieter Lohmann (CDU) in Sachen Finanzen einen pessimistischen Blick auf die kommenden Jahre: „Die Schulden werden von 24,6 auf 35,8 Millionen Euro steigen.“ Die Zahlen sind auch bei den Gästen hängen geblieben. „Das ist doch Wahnsinn“, sagt zum Beispiel Heidi Hilberoth, die sich für einen konsequenten Schuldenabbau ausspricht. Doch dies dürfte schwierig werden, glaubt sie. Hilberoth: „Zu den Schulden kommt ein enormer Sanierungsstau.“
Oststeinbek: Flüchtlingshelfer Jakob Rohde geehrt
Es ist ein wichtiger Beitrag zur Integration, die der Verein Flüchtlingshilfe Oststeinbek in der Gemeinde leistet. Für dieses ehrenamtliche Engagement ist der Vorsitzende, Jakob Rohde, am Sonntag beim Neujahrsempfang der Gemeinde mit dem Helmut-Landt-Preis ausgezeichnet worden. Seit 2015 unterstützen die Helfer Flüchtlinge und organisieren beispielsweise das Internationale Café oder den Männertreff.
Um sich weiter für die geflüchteten Menschen einsetzen zu können, überreichte Bürgermeister Jürgen Hettwer neben einer Urkunde auch einen 2500-Euro-Scheck an den Preisträger, der anschließend viele Hände zu schütteln hatte. Mehr als 300 Menschen waren zu dem Neujahrsempfang in das Bürgerhaus in Oststeinbek gekommen – so viele, dass nicht jeder nicht jeder einen Sitzplatz bekommen hat. Unter den Gästen waren auch Regina Kurth und Karin Wegrick: „Ich komme jedes Jahr hierher. Man trifft viele Leute und es ist immer nett.“