Zarpen. In Zarpen hat die „solidarische Landwirtschaft“ das erste Jahr gemeistert. Die Zeichen für die 42 Mitglieder stehen auf Wachstum.

Auberginen, Tomaten, Gurken, Salat und andere gesunde Köstlichkeiten soweit das Auge reicht: Auf einer Fläche von 10.000 Quadratmetern hat Stormarns einzige solidarische Landwirtschaft, kurz Solawi, in diesem Jahr zum ersten Mal Gemüse angebaut und Körbe voll geerntet. Das erste Jahr hat die 42-köpfige Gemeinschaft namens „Junges Gemüse“ also bisher gut gemeistert, und schon jetzt wird mit dem Gedanken gespielt, neue Mitglieder aufzunehmen. Ein weiteres Ziel der Gründer: ein Vorbild für weitere Solawis in Stormarn zu sein.

Wie jeden Tag ist Gärtner Michael Polanski (34) aus Rehhorst auf der Anbaufläche neben dem Redderhof in Zarpen zu finden. Gerade ist er dabei, die Tomaten in dem 8 mal 20 Meter großen Folientunnel zu durchforsten. Das heißt: einmal schauen, ob alles so wächst, wie es sollte. Polanski, der seine Ausbildung bei dem deutschen Bio-Anbauverein Demeter gemacht hat, sagt mit einem Lächeln im Gesicht: „Wenn die Sonne scheint, macht die Arbeit noch viel mehr Spaß.“ Doch er sei bei jedem Wetter an der frischen Luft unterwegs und kümmere sich um die Kulturen an Gemüse und Obst. Dann greift er nach einer kleinen, roten Tomate, steckt sie sich schnell in den Mund und schweigt für einige Sekunden. Er genießt. Derweil kommt Solawi-Mitbegründerin Barbara Schrage in das Gewächshaus gelaufen und grüßt freundlich. Die 64-Jährige sagt: „Mensch, das wächst hier alles hervorragend.“ Auch sie nascht eine Tomate.

Mitglied Jörn Hartje (47) holt seine Ware ab
Mitglied Jörn Hartje (47) holt seine Ware ab © HA | Isabella Sauer

Der Aufbau des Folientunnels Anfang März war für die Mitglieder eine große Herausforderung. Schrage: „Wir brauchten mehrere Anläufe und jede Menge Geduld, bis das Ding endlich stand.“ Eine weitere Herausforderung war das Anbringen des Bewässerungssystems. Aber innerhalb der Gruppe habe jeder andere Talente, die er immer wieder mit einbringe. „Der eine ist handwerklich begabt, der andere ist besser im Organisieren von Treffen“, sagt die Gartenfreundin und läuft aus dem Tunnel hinaus auf das Feld. Sie zeigt mit dem Finger auf verschiedene Kräuter, die hier angebaut werden. Und sogleich steigt der Duft von Schnittlauch, Minze und Thymian in die Nase.

Das Prinzip basiert auf Teilung der jährlichen Kosten

Seit Anfang des Jahres gibt es in Zarpen, im Norden des Kreises, die Solawi „Junges Gemüse“. Es ist eine Verbraucher-Erzeuger-Gemeinschaft, die nicht nur den Ansprüchen der Verbraucher gerecht werden will, sondern auch dem Landwirt hilft. Denn die Menschen wissen nicht nur, wo ihre Lebensmittel herkommen und wie Gurken, Kartoffeln und Zwiebelen produziert werden, sondern auch der Gärtner kann mit einem festen und regelmäßigen Einkommen sein Leben finanzieren. Das Grundprinzip einer solidarischen Landwirtschaft basiert auf der Teilung der jährlichen Kosten eines landwirtschaftlichen Betriebes. Zu Beginn des Wirtschaftsjahres kalkuliert der Landwirt seine Ausgaben. Darin enthalten sind Investitionen, Personal- und Reparaturkosten sowie alle Produktions- und Anbaukosten. Mit dem Kauf sogenannter Ernteanteile übernehmen die Mitglieder dann jeweils einen Teil der Gesamtkosten.

Der Folientunnel auf dem Redderhof
Der Folientunnel auf dem Redderhof © HA | Isabella Sauer

Nicht alle Mitglieder der Solawi sind aktiv, manche holen sich auch nur ihr Gemüse ab. „Das ist aber auch nicht schlimm. Jeder so, wie er mag“, sagt der Strohhut tragende Gärtner Polanski. Wer allerdings Lust hat, der kann an den regelmäßigen Treffen teilnehmen. Dazu sagt Schrage: „Kürzlich haben wir gemeinsam Senf-Gurken eingemacht und ab und zu treffen wir uns zum Jäten.“ Auch arbeitet die Gemeinschaft an einem Rezepte-Blog im Internet. „Es gibt ja Tausende Ideen für tolle Gemüse-Rezepte“, sagt sie und schaut sich die grünen, dicken Bohnen auf dem Feld an.

Donnerstags und freitags wird geerntet

Jeden Donnerstag- und Freitagmorgen erntet Gärtner Micha, wie er von den meisten Mitgliedern genannt wird, das Obst und Gemüse. Dann wird die Ware zu den drei Verteilstationen in Bad Oldesloe, Rehhorst-Willendorf und Zarpen gebracht. Zu haben ist dann immer, was gerade reif ist. 70 Euro zahlen die Angehörigen der Solawi dafür monatlich im Voraus.

Das Depot in Zarpen ist auf dem Redderhof zu finden. Unter einem kleinen Zelt stehen mehrere grüne Kisten voller Gemüse. An der Wand ist eine Tafel angebracht, auf der immer genau drauf steht, was sich die Konsumenten einpacken dürfen. Am heutigen Nachmittag ist Mitglied Jörn Hartje da. Er greift zu einer Papiertüte, stellt sich vor das Schild und sagt: „So, dann packen wir mal unser Gemüse ein.“ Der 47-Jährige lächelt, während er eine Hand voll Petersilie, zwei Zucchini, eine Aubergine, zwei Salatköpfe und weiteres Grünzeug in einen Karton legt. Hartje ist er seit kurzem in der Solawi. Er sagt: „Ich finde das Prinzip großartig, alles ist frisch vom Acker.“ Er möchte auch im nächsten Jahr bei der Solawi mitmachen.

Das Gelände umfasst 10.000 Quadratmeter
Das Gelände umfasst 10.000 Quadratmeter © HA | Isabella Sauer

Gedanken über das nächste Jahr haben sich Gärtner Polanski und Solawi-Mitbegründerin Schrage auch schon gemacht. Für die beiden steht fest, dass sie gern weitere Mitglieder aufnehmen wollen würden. „Allerdings müssen wir dafür einmal alles durchrechnen und planen“, sagt Polanski. Aber so oder so haben die beiden ein Ziel vor Augen: Ein Vorbild für weitere Solawis in Stormarn zu sein. Polanski sagt: „Es wäre doch toll, wenn sich im Kreis weitere Menschen zusammentun. So wie wir.“

Weitere Informationen über die solidarische Landwirtschaft „Junges Gemüse“ in Zarpen gibt es bei Michael Polanski unter der Telefonnummer 0157/32 37 23 74 und der E-Mail gemuesemicha@posteo.de sowie bei Barbara Schrage unter Telefon 04533/21 69 und per E-Mail an barbara.schrage@gmx.net