Zarpen. Gärtner Michael Polanski gründet Stormarns erste solidarische Landwirtschaft. Mitglieder zahlen 70 Euro monatlich und teilen die Ernte.

Immer mehr Menschen wollen wissen, wo ihre Lebensmittel herkommen – und wie Gurken, Kartoffeln und Zwiebeln produziert wurden. Verbraucher in Stormarn können jetzt sogar noch weitergehen und selbst Bauer werden: In Zarpen im Norden des Kreises ist eine solidarische Landwirtschaft, kurz Solawi genannt, entstanden. Eine Verbraucher-Erzeuger-Gemeinschaft, die nicht nur den Ansprüchen der Verbraucher gerecht werden will, sondern auch dem Landwirt hilft.

Der Ursprung für die erste Solawi in Stormarn liegt im vergangenen Herbst. Da stellte sich Gärtner Michael Polanski (34) aus Rethwisch auf der Veranstaltung „Ernte deine Stadt“ im Bella-Donna-Haus in Bad Oldesloe vor. Polanski, der seine Ausbildung bei dem deutschen Bio-Anbauverband Demeter gemacht hat, sagt: „Ich hatte irgendwann die Idee, dass Stormarn auch endlich eine Solawi haben sollte.“

Wöchentlich gibt es für alle frisches Obst und Gemüse

Mitte Februar diesen Jahres war es dann so weit: Die Solawi mit dem Namen „Junges Gemüse“ gründete sich. Barbara Schrage, Mitarbeiterin im Bella-Donna-Haus und in der Solawi, erinnert sich an die Informationsveranstaltung in der Begegnungsstätte. „Das hat all unsere Erwartungen übertroffen“, sagt die 64-Jährige. „Nach meinem Vortrag über die solidarische Landwirtschaft wollten viele Zuhörer direkt einen Mitgliedsvertrag unterschreiben.“

Das Grundprinzip einer solidarischen Landwirtschaft basiert auf der Teilung der jährlichen Kosten eines landwirtschaftlichen Betriebes. Zu Beginn des Wirtschaftsjahres kalkuliert der Landwirt seine Ausgaben. Darin enthalten: neue Investitionen, Personal- und Reparaturkosten sowie alle Produktions- und Anbaukosten. Mit dem Kauf sogenannter Ernteanteile übernehmen die Mitglieder dann jeweils einen Teil der Gesamtkosten.

6000 Quadratmeter Acker beim Redderhof gepachtet

Für ihr Geld bekommen sie im Gegenzug ein Jahr lang wöchentlich die frischen Produkte vom Hof. Obst und Gemüse können an mehreren Verteilstationen abgeholt werden. Geplant sind Depots in Zarpen, Bad Oldesloe und Bargteheide. Gärtner Polanski sagt: „Wir werden die Ernte dort ausliefern, wo die meisten Mitglieder wohnen.“ In die Erntekisten kommt dann immer das, was gerade reif ist.

Michael Polanski ist Gärtner für Ökologischen Landbau. Vor zwei Jahren stellte er sich in Zarpen beim Redderhof vor und fragte, ob er Gemüse anbauen dürfe. „Ich bekam die Zusage, und das erste Geschäftsjahr mit dem Verkauf im Hofladen verlief gut“, sagt der Familienvater. Um sich seinen Berufswunsch zu erfüllen, musste er einige Hürden nehmen. „Nach der Ausbildung war ich erst einmal arbeitslos“, sagt Polanski. „Dann habe ich vom Jobcenter eine Einmalzahlung von etwa 1800 Euro erhalten, weil ich mich selbstständig machen wollte.“

Mitgliedsbeitrag wird ein Monat im Voraus bezahlt

Anfangs hatte Polanski beim Redderhof 3000 Quadratmetern gepachtet. Für dieses Jahr hat er die Anbaufläche verdoppelt. „Dadurch habe ich natürlich mehr Arbeit und benötige Unterstützung“, sagt er. Doch das sei kein Problem: Es gebe genügend Mitglieder, die ihre Hilfe bereits angeboten hätten. Zudem könne er sich vorstellen Praktikanten einzustellen.

Die Mitglieder zahlen ihren Beitrag von 70 Euro im Monat im Voraus. Damit gehen sie auch ein kleines Risiko ein, denn letztlich weiß keiner, wie die Ernte ausfallen wird. Polanski: „Das ist natürlich auch größtenteils vom Wetter abhängig.“

Das Folienhaus wird ende März aufgestellt

Die Kerngruppe vom „Jungen Gemüse“ trifft sich seit der Gründung regelmäßig. Sie hat bereits einen Finanzplan aufgestellt und den Anbauplan entwickelt. Mitglied Barbara Schrage sagt: „Mittlerweile sind wir 43 Personen, und wir wachsen immer mehr zu einer Familie zusammen.“ Was in diesem Jahr angebaut wird, haben alle zusammen entschieden. Schrage: „Wir haben 40 bis 50 Kulturen an Gemüse und Kräutern ausgesucht.“ Darunter sind Kartoffeln, Karotten und Petersilie.

Die Gemeinschaft hat sich auch ein Folienhaus gekauft, was Ende März aufgestellt werden soll. „Da muss ich mir aber noch Hilfe holen“, sagt der Gärtner, „denn ich muss eine Bewässerungsanlage anbringen.“ Wie das geht, habe er während seiner Ausbildung bei Demeter nicht gelernt. „In dem kleinen Gewächshaus werden eher die exotischen Pflanzen angebaut“, sagt Michael Polanski weiter. Dazu zählten zum Beispiel Tomaten und Paprika.

Einmal in der Woche gibt es Erntekisten

Bis das erste Gemüse geerntet werden kann, müssen sich alle noch ein wenig gedulden. Und bis dahin gibt es noch so einige Dinge zu regeln. „Wir sind noch auf der Suche nach möglichen Verteilstationen“, sagt der Gärtner. Zudem wird noch ein ehrenamtlicher Fahrer gesucht, der einmal in der Woche die Erntekisten zu den Depots bringen kann. „Da werden wir sicher jemanden finden. Warum sollte nicht alles weiterhin so gut laufen wie bisher“, sagt Barbara Schrage. Das Konzept komme schließlich gut an. Jedes Mitglied der Solawi könne Erfahrungen im Gärtnern sammeln und seine Familie ernähren. Polanski ergänzt mit einem Lächeln: „Vielleicht habe ich im nächsten Jahr schon jede Menge halb ausgebildete Gärtner.“

Weitere Informationen über die solidarische Landwirtschaft „Junges Gemüse“ in Zarpen gibt es bei Michael Polanski unter der Telefonnummer 0157/32 37 23 74 und der E-Mail gemuesemicha@posteo.de sowie bei Barbara Schrage unter Telefon 04533/21 69 und per E-Mail an barbara.schrage@gmx.net.