Ahrensburg. Am 19. Juni trifft der Hauptausschuss die Grundsatzentscheidung, welche Art von öffentlichem Bad sich Ahrensburg künftig leistet.
Unbequeme Entscheidungen werden gern aufgeschoben. Ahrensburgs Politik schleppt schon lange eine Altlast mit sich herum, mit der sie sich besonders schwertut, weil sie an die Substanz einer Einrichtung geht, die eng mit der persönlichen Geschichte vieler Bürger der Stadt verbunden ist. Die Rede ist vom Badlantic, das mit jährlich 1,7 Millionen Euro und mehr bezuschusst wird. Das Problem hat sich verschärft, seit im November 2015 in einem Fachgutachten die Kosten einer notwendigen Sanierung beziffert wurden. Das Fazit lautete, das alte Bad sollte besser durch ein dem Bedarf angepasstes deutlich kleiner dimensioniertes ersetzt werden, das heutigen technischen und energetischen Standards entspricht.
Die Fraktionen haben sich danach ausgiebig beraten und auch eine Nutzerbefragung in Auftrag gegeben. Deren Ergebnis half nur bedingt weiter, weil die Frage offenbar auch Bürger, Sportvereine und Schulen in der Stadt polarisiert: Es gab eine knappe Mehrheit für den Neubau. Jetzt aber scheint weiterer Aufschub nicht möglich. Der Badlantic-Aufsichtsrat hat im April eine Empfehlung ausgesprochen und die Verwaltung eine Beschlussvorlage erarbeitet, über die der Hauptausschuss am Montag, 19. Juni, abstimmen wird. Noch ist nicht bekannt, was dem Ausschuss empfohlen wird, doch es lohnt, sich eine Wasserstandsmeldung vor Ort einzuholen.
Die Anlage wurde 1982/83 gebaut und 1998 modernisiert
Kay Peter Thiede, Betriebsleiter Technik und einer der beiden Geschäftsführer des Badlantic, startet seine Führung am Sportbecken, wo erwachsene Schwimmer Bahnen ziehen und Kinder mit einer Lehrerin Sprünge vom Ein-Meter-Brett probieren. Sobald sich lautstark die halbstündliche große Welle ankündigt, schwappt das Gros der Kinder sofort hinüber ins benachbarte 33-Meter-Becken. Dahinter ist in dem mit älteren Damen gut gefüllten, nur 1,35 Meter tiefen Warmwasserbecken (32 Grad) die Rheuma-Liga aktiv, soweit es der Platz zulässt. Daneben aalen sich Eltern in der Käpt’n-Blaubär-Lagune und beaufsichtigen planschenden Nachwuchs. Alles sehr übersichtlich an einem Donnerstagvormittag, auch das Freibad, das nach der „Auswinterung“ (Thiede) seit Mai geöffnet ist. Nur ein paar ältere Gäste lassen sich in dem Vierjahreszeitenbecken mit Whirlpool-Liege und Nackendusche verwöhnen.
Uns interessiert mehr der Zustand der Anlage, die 1982/83 gebaut und 1998 modernisiert wurde. Was auf den ersten Blick angenehm erscheint, das Blau der Becken, der bewusste Einsatz von Signalfarben und das viele Tageslicht, täuscht bei genauerem Hinsehen kaum darüber hinweg, dass vieles an Ausstattung und Gestaltung sehr in die Jahre gekommen ist. Beigebraune Kacheln wie im Foyer und in den Umkleiden finden sich zwar in der Halle kaum noch, doch maritim gedachte weißblaue Mosaiken sind ein Beispiel für das offensichtliche Stückwerk, das den Modernisierungsstau kaum kaschiert. Wie sagte der Gutachter 2015 im Ausschuss: „Sechs Becken aus verschiedenen Epochen. Eine durchgehende Linie wurde vor langer Zeit verlassen.“
„Es gibt wenige Bäder, die so großzügig und gut angelegt worden sind“
Das wird besonders deutlich im Ruhebereich auf der Galerie, dessen Eighties-Old-School-Style auch durch Wasserbetten, Massageliege und Solenebelkabine nicht an Flair gewinnt. Für gelungenere Kontrapunkte sorgen die Farbakzente im Bad, die markieren, was herausgehoben werden soll – etwa die markanten gelben Belüftungsrohre über dem Sportbecken. Hier werden Ansätze einer neu gedachten Schwimmbadarchitektur erkennbar. „Früher wollten wir die Technik verstecken, heute stellen wir sie heraus“, sagt Kay Peter Thiede.
Wie kompliziert die Technik ist, die ein so großes Bad benötigt, ahnen die meisten Besucher vermutlich nicht. Thiede geht beim Abstieg in die Tiefen des Gebäudes voran. Als er eine Metalltür öffnet, ist es, als würde man einen Technik-Dschungel betreten. Große Tanks, Kessel, Kompressoren, Pumpen und überall Systeme von Rohrleitungen. Dazu konstanter Lärm, dessen Intensität beim Rundgang variiert: von anhaltendem Brummen bis zum ohne Kopfhörer unerträglichen Krach, den Kompressoren und Ventilatoren für die Wellenanlage erzeugen.
Die Größe dieses unterirdischen Reichs lässt sich erahnen, obwohl die Orientierung rasch verloren geht. „Das Bad ist komplett unterkellert. Es gibt wenige Bäder, die so großzügig und gut angelegt worden sind“, sagt Thiede stolz. Er hat als 16-Jähriger seine Lehre im Badlantic begonnen und damals bereits die Bauphase begleitet.
Viele Teile der Anlage haben ihre Lebensdauer längst überschritten
Wie komplex, aber nachvollziehbar das System ist, erklärt Thiede am Beispiel der Wasseraufbereitung. Er deutet auf die Schwallwasserbehälter, große Auffangbehälter aus Stahlbeton unter den Becken. Er zeigt, auf welchem Weg das Schmutzwasser durch verschiedene Reinigungsstufen gepumpt wird: von der Siebfiltration, die grobe Teile wie Haare oder Pflaster festhält, über das Kiesbett in einem Tank, die Ozonanreicherung, die Bakterien tötet, die Aktivkohlefiltration, die das Wasser wieder vom Ozon befreit. Schließlich deutet er auf den Teil der Anlage, wo Chlor zugemischt wird und das Wasser wieder auf Badebetriebstemperatur gebracht wird, bevor es als Reinwasser wieder ins Becken zurückgepumpt wird.
Übrigens: Allein das Sportbecken fasst eine Million Liter. Für das Badewasser nutzt das Badlantic einen eigenen Tiefbrunnen. Dass dieses komplizierte System an seine Grenzen stößt, wird offenbar, wenn Thiede erzählt, dass viele Teile der Anlage ihre Lebensdauer längst überschritten haben.
Dass die Anlage auch nicht mehr zeitgemäß ist, weil sie effizienter betrieben werden könnte, bestätigt Frank-Ulrich Heel, kaufmännischer Betriebsleiter und Co-Geschäftsführer. So sei es etwa viel sinnvoller die Cottage-Sauna zu integrieren, um dort weniger Personal zu binden. Das Personal ist mit 42 Prozent der Hauptkostenfaktor im Etat von vier Millionen Euro.
Heel arbeitet seit 1985 im Badlantic. Er sagt, dass er wie Thiede eine starke emotionale Beziehung zum Badlantic habe. Doch er wägt ab. „Unsere wichtigste Aufgabe ist die Daseinsvorsorge. Die Stadt braucht eine Wassersportstätte. Eine Sanierung des Badlantic wäre möglich. Aber ein Neubau wäre dagegen Zukunftssicherung.“