Glinde. Geplant ist die Gründung eines Jugendbeirats. Anlass ist die umstrittene Schulfusion. Politiker signalisiert Unterstützung.
Frank Lauterbach ist gerade Geburtshelfer in Sachen Jugendbeteiligung. „Wir möchten wissen, was die Jugendlichen wollen, darum ist es wichtig, Ansprechpartner zu haben, die die Jugend vertreten“, sagt der Vorsitzende des Glinder Sozialausschusses. Deshalb berät der SPD-Fraktionschef jetzt die jungen Glinder, die der Politik ihren Wunsch nach einer Jugendvertretung für die Stadt vorgetragen haben. 15 Jugendliche haben einen kommissarischen Jugendbeirat gegründet und treffen sich fast wöchentlich. Sie sollen die Wahl einer offiziellen Jugendvertretung im November 2017 vorbereiten. Die SPD hat ihnen für die Arbeitstreffen ihr Sitzungszimmer zur Verfügung gestellt.
Auslöser für Initiative ist die umstrittene Schulfusion
„Die Jugend steht auf der einen Seite des Ufers und die Politiker auf der anderen. Wir wollen eine Brücke bauen“, erklärt Marcel Martens (19), einer der Aktiven, sein Engagement. Auslöser für die Initiative der Jugendlichen ist die umstrittene Fusion der beiden Glinder Gemeinschaftsschulen. Die Stadt hatte es versäumt, die Jugend im Vorwege zu beteiligen. Das holte sie im März dieses Jahres zwar nach, allerdings änderte das nichts an der Entscheidung der Politiker für die Fusion. Danach entwickelten die Schulsprecher der drei weiterführenden Schulen die Idee einer gemeinsamen Stadtschülervertretung. Zu ihnen stießen Sinan Tanrikulu (16) und Marcel Martens, die einen Jugendbeirat ins Leben rufen wollten. Jetzt gehen sie das Projekt gemeinsam an. „Wir wollen, dass die Jugendlichen gehört werden“, sagt Kjell Sonnenberg (18), Schulsprecher am Gymnasium.
Sein Interesse an Mitbestimmung begann 2012 beim Bau der Skaterbahn am Schulzentrum. „Ich habe mir die nicht gewünscht, und sie wird auch nur zum Graffiti-Spayen benutzt. Das Geld hätte man sinnvoller ausgeben können“, meint der 18-Jährige. Auch der Standort des künftigen Jugendzentrums in der ehemaligen Sporthallengaststätte Jever Deel am Schulzentrum kommt bei den Jugendlichen nicht so gut an. Sie wünschen sich lieber einen zentralen Treff, etwa in der leerstehenden Gaststätte Pfanne am Markt. Doch das Gebäude ist marode und soll einem Neubau weichen. Nur über dessen Zweck seien sich Politik und Bürgermeister noch nicht einig, sagt Frank Lauterbach. „Oben Büros und unten ein sozialer Treffpunkt“, schlägt Marcel Martens vor. Frank Lauterbach freut sich über das Engagement der Jugendlichen: „Wenn die sich selber finden und sagen, wir wollen was tun, dann bin ich der Erste, der dabei ist.“
Ein Konzept haben die Jugendlichen bereits entworfen
Ihre erste Aufgabe haben die Jugendlichen mithilfe von Stadtjugendpflegerin Angelika Thomsen schon erledigt. Sie haben ein Konzept und eine Satzung für die Jugendvertretung entworfen. Thomsen möchte den Entwurf noch mit der Satzung des Landesjugendbeirates abgleichen, die gerade überarbeitet wird. Danach soll er spätestens im Juli den Sozialausschuss und die Stadtvertretung passieren. Glindes Stadtvertreter haben schon auf ihrer letzten Sitzung signalisiert, dass sie die Idee unterstützen wollen.
Anders als in den Nachbarkommunen Wentorf oder Oststeinbek gibt es in Glinde bisher keine gewählte Jugendvertretung und darum auch noch keine städtische Satzung. Sie ist die rechtliche Grundlage für die Arbeit der Nachwuchspolitiker und legt zum Beispiel fest, wie viele junge Glinder dem Beirat angehören können. Aber auch, welche politischen Rechte die Jugendlichen haben, dass sie Anträge stellen dürfen und Auskünfte von der Verwaltung erhalten.
Im November soll der Jugendbeirat gewählt werden
Thomsen will im September damit beginnen, die Werbetrommel für die Wahl des Jugendbeirates zu rühren. Dann beginnt auch eine landesweite Kampagne zur Kandidatensuche. Sie ist Teil einer Initiative der Landesjugendverbände, die einheitliche Wahltermine für möglichst viele Kinder- und Jugendvertretungen im Land durchsetzen will. Der Wunsch nach jugendlicher Mitbestimmung in Schleswig-Holstein steigt: 2010 gab es landesweit nur 29 Jugendbeiräte, 2016 waren es schon 55. Ziel der Landesinitiative ist es, mehr Aufmerksamkeit für die Kinder- und Jugendbeteiligung zu gewinnen und den Paragrafen 47f der Gemeindeordnung in den Fokus des Interesses zu rücken. Er schreibt die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen vor.
Sinan Tanrikulu möchte, dass die Kandidaten sich im Herbst in allen Schulen vorstellen. „Wir sollten auch einen Stand auf dem Marktplatz haben, damit uns alle kennenlernen“, sagt der 16-Jährige. Er ist einer der fünf, die sich im Herbst für einen Sitz im Jugendbeirat bewerben wollen. Eine Woche lang, vom 20. bis zum 27. November, soll gewählt werden. Maximal 15 Mitglieder im Alter von 14 bis 21 Jahren soll der Glinder Beirat haben. Wahlberechtigt wären alle Kinder und Jugendlichen ab zehn Jahren. Auf rund 1600 schätzt Angelika Thomsen ihre Zahl.