Bad Oldesloe. Die Kreisbehörde muss bis 2025 rund zwei Drittel der Belegschaft ersetzen und erhöht deswegen die Zahl der Ausbildungsplätze.
Die Kreisverwaltung in Bad Oldesloe hat ein gewaltiges Problem. Von den 679 Mitarbeitern, davon 120 Beamte, die zur Jahreswende registriert waren, werden nach einer internen Prognose in den kommenden acht Jahren 223 in den Ruhestand gehen. Durch Fluktuation rechnet die Behörde sogar mit 426 Köpfen, die bis dahin ersetzt werden müssen. Also rund zwei Drittel der Belegschaft. Eine Herkules-Aufgabe angesichts der Tatsache, dass der Anteil der arbeitenden Bevölkerung hierzulande zurückgehen wird. Deswegen hat der Kreis eine Job-Offensive gestartet, unter anderem die Zahl der Ausbildungsplätze und jene für ein duales Studium erhöht. Auch will er im Kampf um Fachkräfte in der Öffentlichkeit präsenter werden und hat eine vierte Führungsebene eingezogen.
„Die Chancen auf einen Aufstieg bei uns sind so gut wie noch nie“, sagt Larissa Bebensee, Fachdienstleiterin und Personalchefin bei der Kreisbehörde. Allerdings spricht sie auch davon, dass Verwaltung einen verkrusteten Ruf habe und der Begriff sehr staubig auf Schüler wirke. Fachbereichsleiter Wolfgang Krause drückt es so aus: „Der öffentliche Dienst hat ein Imageproblem.“
Thema Quereinstieg soll eine größere Rolle spielen
Die Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers kommt in einer aktuellen Studie zum Schluss, dass es in Deutschland 2030 einen Engpass bei Verwaltungsfachkräften von 231.000 Personen geben wird. Landrat Henning Görtz kennt die Zahlen. Er sagt: „Wir müssen uns auch mit dem Thema Quereinstieg noch mehr beschäftigen.“
Lernen beim Kreis
Stormarns oberster Verwaltungschef wirbt mit zahlreichen Argumenten um Personal: zum Beispiel einer flexiblen Arbeitszeit zwischen 6 und 19 Uhr, Tele-Arbeit von Zuhause und damit einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Und als Beamter ist man mit dem Staat verheiratet, als Angestellter bei uns fast“, so Görtz. Soll heißen: Mitarbeiter müssen schon goldene Löffel klauen, um den Job zu verlieren. Und wer verbeamtet ist, erhält bei Krankheit unabhängig von der Dauer der Abwesenheit vollen Lohn. Görtz: „Für einen 16-Jährigen klingt der Beamtenstatus nicht gerade sexy, aber in der Familiengründungsphase sieht das anders aus.“
Mitarbeiter bekommen Weihnachtsgeld und eine Prämie
Und wie ist es mit der Bezahlung? In Schleswig-Holstein verdienen Beamte laut Besoldungstabelle A, in der die meisten eingestuft sind, zwischen 1965 und 6832 Euro brutto im Monat – je nach Funktion und Alter bei 32 Urlaubstagen im Jahr und einer Wochenarbeitszeit von 41 Stunden. Bis zur sogenannten A 10 gibt es vom Kreis, wenn der Mitarbeiter Kinder hat, zu den zwölf Gehältern eine anteilige Sonderzahlung. Weil Beamte nicht in die Rentenkasse einzahlen, haben sie im Vergleich zum Angestellten bei gleichem Bruttogehalt mehr netto. Stormarns Landrat hat übrigens eine B 6: Das sind 8962,77 Euro im Monat.
Angestellte bei der Behörde arbeiten 39 Stunden pro Woche bei 30 Tagen Urlaub im Jahr. Die Verdienstmöglichkeiten reichen bis zu 7239,42 Euro im Monat. Nach der Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten erhalten Mitarbeiter der Kreisverwaltung in der Regel 2250 oder 2544 Euro brutto im Monat. Hinzu kommt das sogenannte Weihnachtsgeld, das 88 Prozent eines Monatsgehalts umfasst, sowie eine Prämie. „Wir müssen uns bei den Entgelten nicht hinter der freien Wirtschaft verstecken, haben einen Abgleich mit kaufmännischen Berufen gemacht“, sagt Larissa Bebensee.
Sicherheit beim Beamtenstatus überzeugt viele Anwärter
Die 45-Jährige aus Lübeck hat nach dem Abitur beim Kreis ein duales Studium und Karriere gemacht. Sie begann bei der Wasserbehörde, wechselte zur Bauaufsicht und ist seit 2007 Personalchefin. Bebensee sagt: „Der Kreis bietet ein breites Aufgabenspektrum. In vielen Bereichen kommt man raus und hat Kontakt mit Menschen.“ Man gestalte mit und diene der Allgemeinheit. Für Beamte sind jährliche Fortbildungen Pflicht. Und der Kreis ermuntert Mitarbeiter, den Bereich zu wechseln, um den Wissensfundus zu erhöhen.
Den gleichen Weg wie Bebensee haben auch Sabrina Hagenstein (22) aus Neumünster, Svenja Babenihr (22) aus Großenbrode sowie die Kielerin Stefanie Felchle (24) eingeschlagen. Sie machen beim Kreis ein duales Studium und sind auf Widerruf verbeamtet. Hagenstein sagt: „Ich hatte mit den Gedanken gespielt, Jura zu studieren. Die Sicherheit beim Beamtenstatus hat mich allerdings überzeugt, eine andere Richtung einzuschlagen.“
Am 24. Juni öffnet Behörde ihre Türen für Interessierte
Die jungen Frauen studieren in Trimestern, haben nach vier Monaten Theorie immer eine Prüfung und zudem drei Praxisphasen. Felchle, die schon an der Kieler Universität den Bachelor in Germanistik und Geschichte erworben hat, ist gerade bei der Bauaufsicht. Sie sagt zum Abendblatt: „Beim Kreis geht es sehr kollegial zu. Die Ellenbogen auszufahren, bringt nichts.“ Und sie müsse im Unterschied zu Freundinnen aus der freien Wirtschaft nicht zum Chef rennen und um eine Gehaltserhöhung kämpfen. Nach dem Abschluss verdienen die drei rund 2500 Euro im Monat. „Das sind mehr als 2000 Euro netto, und die Krankenkasse ist dabei auch schon bezahlt“, sagt Hagenstein.
Bisher hatte der Kreis pro Jahr acht Plätze für zwei Ausbildungsvarianten und das duale Studium angeboten, 2017 sind es zwölf, ab 2018 dann 16. Beginn ist immer am 1. August. Für dieses Jahr sind alle Plätze belegt. Die Erhöhung wird aber nicht reichen, um den Aderlass zu kompensieren. „Es gibt beim Personal einen massiven Konkurrenzkampf unter Kommunen“, sagt Fachbereichsleiter Krause. Landrat Görtz betont, dass der Kreis nicht aktiv abwerbe.
Für 2017 wurden 28 neue Stellen geschafft
Es sind also andere Mittel für die Gewinnung von Mitarbeitern nötig und um die Attraktivität als Arbeitgeber zu stärken. Im März hat der Kreis eine vierte Führungsebene eingezogen mit Koordinatoren und Sachgebietsleitern. Zehn Personen haben davon schon profitiert. Für 2017 wurden in der Verwaltung übrigens 28 neue Stellen geschaffen, nicht alle sind besetzt. Aktuell hat der Kreis 689 Mitarbeiter.
„Wir haben unseren Auftritt auf Jobmessen intensiviert, aber noch Nachholbedarf im Internet“, sagt Bebensee. Derzeit arbeite man an einem Konzept, um noch sichtbarer zu werden. Am Sonnabend, 24. Juni, präsentiert sich der Kreis schon einmal einer breiten Öffentlichkeit beim Tag der offenen Tür von 10 bis 17 Uhr in der Mommsenstraße.
Dann wird auch Henry Lewczuk noch im Dienst sein. Der 64-Jährige aus Breitenfelde ist als Lebensmittelkontrolleur bei der Behörde angestellt und steht stellvertretend für viele Kollegen, die demnächst den Ruhestand genießen. Er sagt: „Ich hätte schon mit 63 gehen können, wollte das aber nicht.“ Deswegen habe er zeitig angefragt, ob eine Verlängerung möglich sei. Jetzt bleibt der frühere Bäcker und Konditor bis Juni 2018 und kann noch seinen Nachfolger einarbeiten.