Ahrensburg. Die Stadt kann nicht genügend Betreuungs-Möglichkeiten anbieten. Hunderte Kinder sind auf der Warteliste. Jetzt schlagen Eltern Alarm.

Zahlreiche Eltern in Ahrensburg sind verzweifelt, fühlen sich von der Stadt im Stich gelassen. 291 Kinder stehen auf der Warteliste für einen Krippenplatz in diesem Jahr. Nach Schätzungen des Fachdienstes für Kindertageseinrichtungen werden aber nur rund 80 Plätze frei. Mutter Helena Kriech erzählt: „Meine Tochter ist im Juli 2016 geboren. Auf mehrmaliges Nachfragen wurde mir jetzt gesagt, dass wir überhaupt keine Chance haben, weil gerade die Februar-Kinder die letzten Plätze für dieses Jahr bekommen.“ Ihr Mann Timo fügt hinzu: „Es ist mir unbegreiflich, wie ein solches Missverhältnis entstehen kann.“

Im Krippenbereich sieht es schlimm aus, heißt es von der Politik

205 Krippenplätze für Kinder zwischen einem und drei Jahren gibt es in Ahrensburg. Dazu kommen noch einmal 1000 für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren, sogenannte Elementarplätze. Zurzeit sind alle belegt. „Uns ist bewusst, dass es insbesondere im Krippenbereich schlimm aussieht“, sagt Doris Brandt (CDU), die Vorsitzende des Sozialausschusses. Doch auch insgesamt sind Betreuungsplätze knapp. Brandt erklärt: „Normalerweise wechseln Kinder mit drei Jahren von der Krippe in die Elementargruppen. Wenn dort aber keine Plätze frei sind, bleiben sie natürlich zunächst in der Krippe.“

Eine erste Lösung soll das im vergangenen Jahr beschlossene Projekt am Haus der Kirche sein. Dort wird die vom Deutschen Roten Kreuz betriebene Kita Gartenholz erweitert, sodass 20 Kinder im Alter ab drei Jahre zusätzlich betreut werden können. Die neu geschaffenen Plätze ermöglichen den Wechsel innerhalb der Einrichtung. Die Mütter, die jetzt eine Betreuung für ihre knapp einjährigen Kinder suchen, kann das allerdings nur wenig beruhigen. Sie sind auch deshalb verärgert, weil die Stadt sie so lange im Unklaren lässt.

Eltern beklagen mangelnde Information durch die Stadt

Der Bescheid mit der Zu- oder Absage komme oft erst spät, ohne mehrmaliges Nachfragen erhalte man kaum Informationen. „Im Herbst wurde mir gesagt, dass die Platzvergabe im Januar beginnt. Als ich dann wieder angerufen habe, hieß es: Sie bekommen im April Post“, berichtet Xenia Trupp. Auch das Ehepaar Kriech macht der Stadt Ahrensburg Vorwürfe: „Wir hätten uns schon viel eher nach anderen Möglichkeiten umsehen können. So haben wir ein halbes Jahr verloren.“

Eine andere Möglichkeit, das ist in den meisten Fällen eine Tagesmutter. Darauf verweist auch die Stadt die suchenden Mütter. Etwa 150 Plätze gibt es im Raum Ahrensburg. „Aber die sind auch fast alle bis nächstes Jahr belegt“, erzählt Xenia Trupp. „Ich habe schon neun Absagen bekommen.“ Es können auch nicht ohne Weiteres mehr Plätze gestellt werden, denn eine Tagespflegeperson darf nicht mehr als fünf Kinder betreuen. Zudem kommt eine Tagesmutter nicht für alle Eltern infrage. „Sie können einfach nicht die Flexibilität leisten wie eine Kita mit Früh- und Spätdiensten“, meint Mutter Daniela H. (Name auf Wunsch gekürzt) Auch Karen Hilbig wünscht sich für ihren Sohn eher einen Krippenplatz. Sie braucht ihn erst 2018 – und bekam schon jetzt von der Stadt den Tipp, sich nach einer Tagesmutter umzusehen. „Für mich wird damit das Problem auf die Familien verlagert“, sagt sie. „Ich wünsche mir, dass die Stadt sich kümmert und die Betreuung der Kinder gewährleistet.“ Seit Längerem sind neue Einrichtungen im Gespräch, beispielsweise neben dem Schulzentrum Am Heimgarten. Dort sollen, wie berichtet, mindestens drei bis vier Gruppen betreut werden. Auch für die Hausmeisterwohnung Am Heimgarten gibt es Pläne. Im Moment sind darin Hortkinder der Grundschule Am Reesenbüttel untergebracht, die aufgrund von Überbelegung und Bauarbeiten ausweichen mussten.

Erst kürzlich scheiterten zwei Kita-Pläne in Ahrensburg

Laut der CDU-Politikerin Doris Brandt wären die Räume perfekt, um auch weiterhin für die Kinderbetreuung genutzt zu werden. Eine Großtagespflegestelle soll entstehen, in der zwei Tagesmütter bis zu zehn Kinder betreuen. Allerdings weiß die Sozialausschussvorsitzende um die angespannte Situation: „Unsere Tagesmütter sind zurzeit sehr ausgelastet und es müssen sich erst einmal zwei finden, die das Projekt übernehmen wollen.“

Brandt betont, dass für jedes Vorhaben auch politische Mehrheiten notwendig sind. Erst kürzlich scheiterten zwei Kita-Pläne: Das Vorhaben einer christlichen, interkonfessionellen und bilingualen Kita im Gewerbegebiet Am Hopfenbach liegt vorerst auf Eis, weil der Träger, die TeachBeyond GmbH, das anvisierte Grundstück nicht bekam. Eine Einrichtung in einem ehemaligen Restaurant an der Hagener Allee wurde im Sozialausschuss wegen zu hoher Miete gekippt.

Aus Sicht von Karen Hilbig spart die Stadt damit an der falschen Stelle. „Wir sprechen doch hier nicht über eine Rutsche auf dem Spielplatz.“ Der Ahrensburger Timo Kriech sieht den Fehler ebenfalls bei der Verwaltung, verweist als Immobilienmakler auf andere Gegenden, in denen es trotz höheren Zuzugs deutlich besser laufe. Mütter merken außerdem an, dass es in Nachbargemeinden den Geschwisterbonus gebe. Dabei haben Kinder einen Vorrang in der Einrichtung, die von Bruder oder Schwester besucht wird. Für Eltern der Idealfall, weil sie so keine zusätzlichen Wege zurücklegen müssen.

Viele Mütter müssen jetzt auf andere Orte ausweichen

Viele Ahrensburger Mütter sind jedoch sogar gezwungen, auf andere Orte auszuweichen. Oder stehen ohne Betreuung da, müssen um den Wiedereinstieg in den Job bangen. „In der Politik wird oft Vereinbarkeit von Beruf und Familie propagiert. Die Realität sieht leider anders aus“, sagt Anne Schur. Daniela H. stimmt ihr zu. „Es ist so ärgerlich, wenn man sein ganzes Leben auf den Traumjob hinarbeitet und das dann wegen fehlender Betreuungsplätze gefährdet wird.“ Sie beschreibt ihre Situation als Zwickmühle, schließlich will sie ihren Sohn nicht bei einer beliebigen Person abgeben.

Alexandra Rosendahl sagt: „Ich habe auch Tagesmütter kennengelernt, bei denen ich meinen Sohn mit einem schlechten Gefühl gelassen hätte. Darunter hätte die Konzentration im Job gelitten.“ Karen Hilbig bringt die Sorgen vieler Mütter so auf den Punkt: ,„Meine Kinder sind das Wichtigste für mich und ich will sie einfach gut betreut wissen. Ich frage mich, wieso Ahrensburg das nicht auf die Reihe bekommt.“