Glinde. Eltern der Bildungseinrichtung in Wiesenfeld wollen den Beschluss der Politik kippen. Zuerst brauchen sie jedoch 1298 Unterschriften.
Eltern greifen zum letzten Mittel, um die zum Sommer kommenden Jahres beschlossene Fusion der beiden Glinder Gemeinschaftsschulen zu verhindern. Jene der Bildungseinrichtung Wiesenfeld haben sich jetzt auf einer Schulelternbeiratssitzung darauf verständigt, ein Bürgerbegehren zu starten. Damit erreicht der Streit seinen vorläufigen Höhepunkt.
„Die überwältigende Mehrheit hat sich für diesen Schritt ausgesprochen“, sagt der Wiesenfelder Elternbeiratsvorsitzende Jürgen Reumann.“ Jetzt gehe es darum, eine Fragestellung für das Begehren zu formulieren. Ende März werde man sich wieder zusammensetzen und voraussichtlich im April mit dem Sammeln von Unterschriften beginnen.
Attraktivität der Stadt als Schulstandort
Glindes Kommunalpolitiker hatten sich für die Zusammenlegung mit der Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule ausgesprochen, um Ungerechtigkeiten zu beseitigen die Attraktivität der Stadt als Schulstandort zu erhöhen. Denn das Abitur ist nur in Wiesenfeld möglich, die zweite Gemeinschaftsschule hat keine Oberstufe und wird deswegen weniger nachgefragt. Weil die beliebtere Bildungseinrichtung nur 100 Jungen und Mädchen pro Jahr aufnimmt und wegen des hohen Interesses auch Interessenten abweisen muss, kann nicht jedes Glinder Kind seine Wunschschule besuchen. Dieser Zustand war für die Entscheidungsträger nicht mehr haltbar.
Deshalb sollen die Wiesenfelder zum neuen Partner ins Schulzentrum an den Oher Weg ziehen und das dort ansässige Gymnasium ihre neuen Räume am Holstenkamp erhalten. In diesen Standort hat die Stadt elf Millionen Euro investiert. Nach sechs Jahren werden die Arbeiten spätestens im August beendet sein.
Knapp 1300 Unterschriften braucht es
Sowohl Wiesenfelder Eltern, Schüler und Lehrer hätten sich eine Kooperation der beiden Gemeinschaftsschulen ohne Umzug gewünscht. Ihnen ist eine Schule mit dann rund 1300 Jungen und Mädchen zu groß. Reumann prangert auch die Kosten der Fusion an. Er beziffert sie auf mindestens zehn Millionen Euro und bezieht sich dabei auf eine Machbarkeitsstudie des Architekturbüros Trapez.
Die Eltern benötigen 1298 Unterschriften, das sind neun Prozent der Glinder Wahlberechtigten bei der vergangenen Kommunalwahl, damit ihr Antrag auf ein Bürgerbegehren von der Kommunalaufsicht des Kreises geprüft wird. Sie entscheidet, ob es zu einem Bürgerentscheid kommt. Ob ein Begehren in diesem Fall die Chance hat, zugelassen zu werden, darüber möchte Hermann Harder von der Kommunalaufsicht nicht spekulieren. „Weil ich nicht abschätzen kann, welche Entscheidungsbefugnisse das Kultusministerium bei dieser Sache hat“, sagt er.
Glinder Eltern und Politiker hatten ihre Standpunkte in zahlreichen Ausschusssitzungen, bei denen es mitunter hitzig zuging, ausgetauscht. Petra Grüner, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, sagt: „Ich finde es schade, dass unseren Argumenten wenig Gehör gegeben wird.“ SPD-Fraktionschef Frank Lauterbach: „Es ist das gute Recht der Eltern, ein Begehren zu starten. Das gehört zur Demokratie.“
So sieht die Gesetzeslage zum Bürgerbegehren aus:
Ein Bürgerbegehren kann jeder starten, der mit einem Beschluss der Gemeindevertretung nicht einverstanden ist. Ziel ist immer ein Bürgerentscheid, also die Abstimmung über eine kommunalpolitische Sachfrage. Damit das gelingt, müssen Begehren von einer Mindestzahl unterschrieben werden – und zwar solcher Personen, die zu den Kommunalwahlen wahlberechtigt sind. Wie viel Prozent der Stimmberechtigten unterzeichnen müssen, richtet sich nach der Einwohnerzahl der Kommune.
Besonders schwierig ist die Abgrenzung von zulässigen und unzulässigen Bürgerbegehren zu Fragen der Bauleitplanung. Bei bestimmten Themen kann es allerdings keine Begehren geben. Dazu gehört zum Beispiel die Abwasserbeseitigung in den Kommunen. Auch kann so nicht die Auflösung der Feuerwehr zwecks Zusammenlegung mit dem Nachbardorf auf den Weg gebracht werden. Der Haushalt sowie der Jahresabschluss einer Gemeinde können ebenfalls nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein. Das trifft auch auf die innere Organisation der Gemeindeverwaltung zu.