Ahrensburg. Zahl der Taten steigt, Zahl der Strafurteile sinkt. Polizei will jetzt die Spurensicherung ausweiten und setzt auf DNA-Abgleich.
Die Wahrscheinlichkeit, als Einbrecher erwischt zu werden, ist schon sehr gering. Das Risiko, für eine solche Tat auch verurteilt zu werden, ist nochmals deutlich niedriger. Und dass ein Einbrecher ins Gefängnis kommt, ist eher unwahrscheinlich. Zu diesem Ergebnis sind bislang nicht nur erfahrene Kriminologen gekommen. Denn aktuelle Zahlen aus dem Justizministerium in Kiel belegen dies nun auch.
Vergangenes Jahr registrierten die Beamten landesweit 8456 Taten. Durchschnittlich wird in Schleswig-Holstein also etwa jede Stunde in ein Haus eingebrochen. 730 Tatverdächtige konnte die Polizei 2015 festnehmen und damit 753 Einbrüche aufklären. Doch nur 113 Einbrecher wurden im vergangenen Jahr verurteilt, 34 kamen ins Gefängnis.
Warum sehen nur wenig Tatverdächtige einen Richter?
Wie viele Verurteilungen es in Stormarn gab, lässt sich nach Angaben des Justizministeriums nicht sagen. Fest steht nur, dass die Ermittler 1281 Einbrüche im Kreis registriert haben. Damit liegt Stormarn nach wie vor auf dem zweifelhaften Spitzenplatz. 69 Tatverdächtige sind festgenommen und dadurch 79 Taten aufgeklärt worden. Allerdings dürfte ausweislich der landesweiten Zahlen nur ein sehr geringer Teil der Festgenommenen auch tatsächlich verurteilt worden sein.
Doch warum kommen nur so wenige Tatverdächtige vor einen Richter? Eine Studie des Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) ist zu dem Ergebnis gekommen, dass bei 80,1 Prozent der Verdächtigen das Verfahren bereits von der Staatsanwaltschaft eingestellt wird. „Größtenteils aus Mangel an Beweisen“, sagt die Soziologin Gina Wollinger vom KFN, die an der Studie „Wohnungseinbruch: Polizeiliche Ermittlungspraxis und justizielle Entscheidungen im Erkenntnisverfahren“ mitgearbeitet hat.
Aufklärungsquote ist in Stormarn besonders niedrig
Für die Ermittler bei der Polizei dürften solche Zahlen mehr als frustrierend sein. „Justiz und Rechtsprechung sind nicht unsere Baustelle“, sagt Ralf Lorenzen, Chef der Ahrensburger Kriminalpolizei: „Wir messen unseren Erfolg nicht an Haftbefehlen.“
Für die Polizei ist entscheidend, die Zahl der Taten zu reduzieren und die Aufklärungsquote zu verbessern. Letzteres ist in Stormarn mit 6,2 Prozent besonders niedrig. Landesweit liegt der Wert bei 8,9 Prozent. Das KFN geht nach der Studie jedoch davon aus, dass die tatsächliche Aufklärungsquote, also wenn ein Täter auch verurteilt wird, durchschnittlich bei 2,6 Prozent liegt.
Für die Landtagsfraktion der FDP sind die Zahlen alarmierend. Der innenpolitische Sprecher, Ekkehard Klug, hatte eine Kleine Anfrage zu Verurteilungen bei Wohnungseinbruchsdiebstahl in den vergangenen drei Jahren an die Landesregierung gestellt. Dabei ist laut Klug auffällig, dass die Zahl der Einbrüche gestiegen, die der Verurteilungen aber gesunken ist.
FDP-Sprecher fordert Strafverfolgungsdruck zu erhöhen
2013 klärte die Polizei landesweit von 7534 Einbrüchen 711 auf. Im selben Jahr wurden 131 Täter verurteilt. 2014 registrierte die Ermittler 7529 Taten und konnten sogar 945 Einbrüche laut Polizeistatistik aufklären. Doch nur 116 Einbrecher bekamen von einem Richter eine Strafe. Im vergangenes Jahr wurden 8456 Taten und 113 Verurteilungen gezählt.
„Dass in Schleswig-Holstein das Risiko, wegen eines Wohnungseinbruchs verurteilt zu werden, ausgesprochen niedrig ist, ist alarmierend“, sagt Ekkehard Klug und fordert von der Landesregierung den Strafverfolgungsdruck deutlich zu erhöhen. Denn eine hohe Aufklärungs- und Verurteilungsquote würde Täter abschrecken.
Vom Justizministerium heißt es indes, dass die Zahl der Verurteilungen nicht mit den Zahlen in der Polizeistatistik verglichen werden könnten. Denn die Polizei führe quasi Strichliste über die Anzahl der Taten. Erst seit Oktober 2015, wie eine Polizeisprecherin bestätigt, zählt sie auch die ermittelten Tatverdächtigen.
Polizei baut die Spurensicherung weiter aus
Hinzu kommt, so Oliver Breuer, Sprecher der Justizministerium, dass es zwischen dem Ermittlungsergebnis der Polizei und der Bewertung der Staatsanwaltschaft eine gewisse Diskrepanz gebe. Die Beweise würden nicht immer für eine Verurteilung reichen.
Daran möchte die Polizei jetzt etwas ändern und baut die Spurensicherung weiter aus. Seit 2012 sind 34 weitere Stellen im Kriminaltechnischen Institut (KTI) des Landeskriminalamts sowie bei den Spurensicherungen der Kommissariate (K 6) geschaffen worden. Laut Innenministerium sollen bis Ende dieses Jahres weitere elf Mitarbeiter einstellt werden, um Einbruchsspuren auszuwerten. Somit sind allein dieses Jahr 28 neue Stellen in der Kriminaltechnik geschaffen worden.
Damit lässt sich auch in der Zahlen der gesicherten Einbruchsspuren ein deutlicher Anstieg erkennen. 2015 sind in den Laboren des KTI 1812 Spuren gelandet. In den ersten acht Monaten dieses Jahres waren es schon 1770. Neben gesicherten Beweisen wie Fingerabdrücken und Schuhspuren waren darunter auch 430 DNA-Spuren mutmaßlicher Einbrecher.
Zuletzt konnte vor wenigen Wochen in Stormarn mittels einer DNA-Spur eine Tat aufgeklärt werden. Laut dem Ahrensburger Kripochef Ralf Lorenzen hatten Kollegen in einem anderen Bundesland einen Einbrecher festgenommen, dessen genetischer Fingerabdruck auch an Tatorten in Hamburg, Bayern sowie im Kreis Pinneberg und Stormarn gesichert wurde.