Reinbek. Das Unternehmen Hertz Flavors bleibt der Stadt erhalten. Bürgermeister Björn Warmer machte die neue Standortsuche zur Chefsache.
Die Firma Hertz Flavors, ein in Europa führender Hersteller von Aromen für die Tabakindustrie, der zu den größten Gewerbesteuerzahlern Reinbeks zählt, bleibt der Stadt erhalten. Das Unternehmen hat einen neuen Standort gefunden und wird dort im kommenden Jahr bis zu 20 Millionen Euro in eine neue Zentrale samt Produktionsstätten und Lagerhalle investieren. Der Versuch, auf einer anderen Fläche in der Kommune die Pläne zu verwirklichen, war im vergangenen Jahr gescheitert. Bürgermeister Björn Warmer machte das Thema zur Chefsache. Auch sein Engagement sorgte dafür, dass Reinbek den Kampf um Hertz Flavors gewann. Das Unternehmen hatte sich schon mit Grundstücken außerhalb der Stadt befasst.
„Die hätten ohne Probleme woanders hingehen können. Es gab viele, die sich über den Zuzug gefreut hätten“, sagt Bauamtsleiter Sven Noetzel zum Abendblatt. Zuletzt wollten Reinbeks Kommunalpolitiker das Vorhaben von Hertz Flavors in einem Zug mit den Expansionsplänen der Firma Michaelis & Co auf den Weg bringen und das Gewerbegebiet Haidland in Richtung Schönningstedt erweitern.
Das Land verhängte einen Planungsstopp für das Gebiet
Der Papiergroßhändler hatte dort einen Gebäudekomplex mit Gewerbehallen und angeschlossenem Hochregallager, der zwischen 14 und 25 Meter hoch ist, vorgesehen. Dagegen wehrte sich eine Bürgerinitiative. Sie sammelte Unterschriften für ein Bürgerbegehren, übertraf die erforderliche Zahl von 1760 mit 2743 weit. Daraufhin machten die Stadtverordneten den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan rückgängig und hebelten somit das Begehren aus.
Eigentlich wollte Reinbek das Areal dann neu zuschneiden und schnellstmöglich zwei neue Aufstellungsbeschlüsse fassen: einen für die Michaelis-Fläche und einen für Hertz Flavors. Doch das Land Schleswig-Holstein verhängte einen zweijährigen Planungsstopp für das Gebiet.
So viel Zeit hatte Hertz Flavors wegen des starken Wachstum nicht. In den vergangenen Jahren baute die Firma, die seit 1966 in Reinbek ansässig ist, ihre Position auf den Märkten weltweit aus. Die Geschäftsführung ist zurzeit auf Dienstreise in Dubai. „Vor allem muss das Unternehmen seinen Kunden Produktionskapazitäten nachweisen“, sagt Noetzel. Momentan sind die Räume und Anlagen maximal ausgenutzt. Die Zentrale steht in der Scholtzstraße, zudem gibt es eine Halle in der Borsigstraße – und es wurden drei Außenlager angemietet.
Bürgermeister Warmer agierte als Vermittler
Die Firma hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie den Standort Reinbek bevorzugt. Tempo nahm das Thema vor drei Monaten wieder auf, als sich Verwaltungschef Warmer intensiv damit beschäftigte. Als Fläche für den Bau bot sich ein Acker in Verlängerung der Röntgenstraße im gemeinsamen Gewerbegebiet mit Glinde an. Sie gehört einem Landwirt. Der führte die Gespräche mit dem Unternehmen im Beisein von Warmer. „Es gibt eine Einigung“, sagte Reinbeks Bürgermeister, der als Vermittler agierte, dem Abendblatt.
Das Gelände hat eine Größe von 34.500 Quadratmetern. Warmer: „Es trägt allen Interessen Rechnung.“ Hier sei keine Sichtachse beeinträchtigt, und die Bürgerinitiative habe er auch schon informiert. Die Reaktion? „Uns wurde Erfolg gewünscht“, sagt der Verwaltungschef. Die Politik war immer auf Stand. Das bestätigt der SPD-Fraktionsvorsitzende Volker Müller: „Der Bürgermeister hat uns nach jedem Zusammentreffen informiert.“ Alle Parteien hätten großes Interesse am Verbleib des Unternehmens. Es sei richtig gut gelaufen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es jetzt noch Widerstand von irgendeiner Seite gegen das Projekt gibt“, sagt Müller.
Davon geht auch Björn Warmer aus. Der Reinbeker Bürgermeister: „Ein Weggang aus der Stadt wäre mit einem erheblichen Einnahmeverlust verbunden gewesen, den wir so schnell nicht hätten auffangen könnten.“ Nach Informationen der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn zahlt die Firma rund eine Millionen Euro Gewerbesteuer pro Jahr. Von allen Reinbeker Betrieben bekommt die Stadt um die 17 Millionen Euro per anno.
Rund 15.000 Quadratmeter sollen bebaut werden
Das familiengeführte Unternehmen, das im Jahr mehr als 3000 Tonnen Aromastoffe produziert und 90 Prozent der Produkte exportiert, hat seine Pläne bereits konkretisiert. Bebaut werden sollen 15.000 Quadratmeter mit einem modernen Büro- und Entwicklungszentrum, einer zweigeschossigen Produktionshalle und angeschlossenem Lager. Der Komplex hat maximal drei Geschosse und ist an einigen Stellen 14 Meter hoch. Allerdings benötigt Hertz Flavors die Flexibilität, langfristig bis auf 18 Meter gehen zu können. Die Zahl der Mitarbeiter soll von jetzt 65 auf 90 wachsen.
Den Aufstellungsbeschluss für die Änderung des Bebauungsplans soll der Bau- und Planungsausschuss am 10. Mai absegnen. Ende des Jahres will Warmer das Projekt in trockenen Tüchern haben.