Ahrensburg. Kritik am Gesetz von Hoteliers, Gastronomen, Taxibetrieben und Spargelbauern. Frisuer-Innung kündigt höhere Preise an.

Der Mindestlohn stellt Unternehmer in Stormarn teilweise vor große Probleme. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) beklagt mangelnde Flexibilität bei der Planung von Arbeitszeiten, was letztendlich sogar Jobs kosten könne. Die Friseur-Innung kündigt Preiserhöhungen für Kunden in Folge des Gesetzes an, Taxibetriebe hätten bereits zahlreiche Aushilfen entlassen. Und Spargelbauern fürchten, Erntehelfer aus dem Osten zu verlieren, weil diese anderswo mehr verdienen könnten als hier.

Axel Strehl
Axel Strehl © Dorothea Benedikt

Schleswig-Holsteins Dehoga-Chef Axel Strehl sieht vor allem die mit dem Mindestlohn verbunden Regelungen kritisch: „Die 8,50 Euro sind nicht das Problem, sondern das Kleingedruckte.“ Seit Einführung des Mindestlohns sind Arbeitgeber verpflichtet, genau aufzuschreiben, wann und wie lange ihre Mitarbeiter tätig sind. Diese Aufzeichnungen müssen mindestens zwei Jahre aufbewahrt werden. Das sorge für einen erheblichen Aufwand. Als geradezu schädlich für die Branche betrachte er die Vorschrift, dass Mitarbeiter nur noch maximal zehn Stunden am Tag oder 48 Stunden pro Woche arbeiten dürfen. „Wir sind eine flexible Branche. Wir arbeiten, wenn die Gästen uns brauchen. Und nicht, wenn wir es nach Ansicht der Politik dürfen. Bisher bauen viele Mitarbeiter in den Sommermonaten Überstunden auf und über den Winter wieder ab, wodurch sie einen Ganzjahresjob haben.“ Durch die gesetzliche Begrenzung der Arbeitsstunden gingen solche Ganzjahresjobs verloren. Geradezu absurd sei für ihn die Aufzeichnungspflicht für Familienangehörige: „Wenn die Ehefrau oder volljährige Kinder im Familienbetrieb mithelfen, muss das ebenfalls dokumentiert und mit 8,50 Euro pro Stunde entlohnt werden.“ Das sei in der Praxis kaum umsetzbar.

Agentur für Arbeit registriert bisher keine Auswirkungen am Jobmark

In der Friseur-Branche könnte der Mindestlohn Auswirkungen auf die Preise haben. „Ich schätze, dass die Kosten für einen Friseur-Besuch um etwa zehn Prozent gestiegen sind oder es noch tun werden“, sagt Monika Böhmer, Obermeisterin der Friseur-Innung Stormarn. „Langfristig kann das dazu führen, dass manche seltener zum Friseur gehen.“ Grundsätzlich befürworte sie den Mindestlohn. Die Mitarbeiter in ihrem eigenen Betrieb, der Haarstube in Ammersbek, würden schon länger über dem Mindestlohn bezahlt. „Problematisch ist die Lohnerhöhung bei manchen Jungfriseuren, die noch nicht so viel Umsatz erwirtschaften“, sagt Böhmer. Auch Billig-Friseure würden künftig Probleme haben, ihre niedrigen Preise zu halten. „Bisher gab es aber, soweit ich weiß, keine Entlassungen oder Betriebsschließungen wegen des Mindestlohns“, sagt Böhmer. „Die meisten Kunden sind bereit, mehr zu bezahlen, wenn die Mitarbeiter mehr verdienen.“

Im Taxi-Gewerbe hat der Mindestlohn laut Verbandssprecher Thomas Krotz bereits Arbeitsplätze gekostet. „Manche Unternehmen haben schon vor dem Jahreswechsel 450-Euro-Aushilfen entlassen“, sagt Krotz. „Genaue Zahlen gibt es noch nicht, aber ich schätze, dass landesweit ein paar Hundert Aushilfen weniger beschäftigt werden.“ Die Taxitarife wurden wegen des Mindestlohns Anfang 2015 bundesweit erhöht, in Stormarn um 18 Prozent. „Dadurch wurden die Mehrkosten für das Personal weitgehend ausgeglichen“, sagt Sven Conradi von Taxi Reinbek. „Die Fahrgäste haben größtenteils Verständnis für die Preiserhöhung.“ Allerdings setze er nachts weniger Fahrer ein, weil sich das Geschäft nicht mehr lohne. Mats Hennig, Inhaber vom Taxenbetrieb Illing in Großhansdorf, glaubt, dass die Verfügbarkeit von Taxen in Zukunft schlechter wird. „In umsatzschwachen Zeiten wird immer weniger gefahren“, sagt Hennig. „Irgendwann haben wir hier vielleicht holländische Verhältnisse, also keine Taxis mehr nach 18 Uhr.“ Wegen der Mehrkosten für Personal beschäftige er drei Aushilfskräfte weniger als 2014.

Spargel-Bauer Bastian Soltau
Spargel-Bauer Bastian Soltau © Isabella Sauer

Auch Spargel-Bauern beklagen negative Auswüchse des Gesetzes. „Die Arbeitszeitbeschränkung ist für uns ein großes Problem“, sagt Bastian Soltau vom Hof Soltau in Stemwarde. „Unsere Erntehelfer wollen in der Saison so viel Geld verdienen wie möglich. Dass sie das nicht mehr dürfen, stößt auf Unverständnis.“ Soltau und sein Kollege Matthias Beeck vom Spargelhof in Hamberge fürchten, dass manche Erntehelfer nicht mehr wiederkommen, weil sie in anderen Ländern mehr Geld verdienen können. „Da die Erntemenge aber gleich bleibt, müssen wir mehr Leute einstellen“, sagt Beeck. Durch den Mindestlohn steige auch der Preis für den Spargel. Bastian Soltau schätzt, dass das Gemüse in diesem Jahr etwa 50 Cent pro Kilo teurer wird.

Machen sich die praktischen Erfahrungen der Unternehmer bereits am Arbeitsmarkt bemerkbar? Nachfrage bei der Agentur für Arbeit in Bad Oldesloe. „Bislang stellen wir keine negativen Auswirkungen fest“, sagt Heike Grote-Seifert, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur. „Die Arbeitslosenquote ist unverändert niedrig.“ In den Sommermonaten könnten sich die Auswirkungen des Mindestlohns nach Einschätzungen der Agentur für Arbeit jedoch deutlich bemerkbar machen, weil dann normalerweise mehr saisonale Arbeitskräfte eingestellt werden.