Ahrensburg. 48-Jähriger hatte Bild von Hitler auf Facebook gestellt. Staatsanwalt: „Aufforderung, Tötungen von Angehörigen des Islam gutzuheißen“.
„Das ist ein abgekartetes Spiel. Das ist keine faire Verhandlung!“ Stefan M. (Name von der Redaktion geändert) glaubt, ihm widerfahre großes Unrecht. Immer wieder unterbricht der Trittauer Richter Paul Holtkamp während dessen Urteilsverkündung am Mittwoch in Saal 1 des Amtsgerichts Ahrensburg. Der Richter hat M. gerade zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20 Euro, also 800 Euro, verurteilt – wegen der Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen nach Paragraf 166 I des Strafgesetzbuches. Der lautet: „Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.“
Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass Stefan M. gegen diesen Paragrafen verstoßen hat, indem er im November vergangenen Jahres im Internet auf Facebook in der rund 600 Mitglieder zählenden Gruppe „Deutschland den Deutschen“ ein Bild eingestellt hat, das Adolf Hitler und drei seiner Generäle zeigt. Dazu stand der Satz: „Etwas vergas ich ... ach ja, den Islam.“ Wegen dieser Anspielung auf das Ermorden von Millionen von Menschen durch tödliches Gas auf Befehl von Adolf Hitler hatte der 48 Jahre alte Angeklagte nach einer Strafanzeige durch einen Internetnutzer bereits einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe erhalten. Weil der Trittauer dagegen Einspruch einlegte, kam es nun zur Verhandlung vor dem Amtsgericht.
Der Angeklagte Stefan M. zeigt sich uneinsichtig
Dort zeigt sich M. uneinsichtig. „Ich weiß nicht, warum ich das Bild eingestellt habe“, sagt er. „Das ist ein ganz normales Satirebild, das ist reine Satire.“ Er habe im Übrigen niemanden beleidigen wollen. Um die rechtsradikale Gesinnung von M. zu belegen, zeigt Staatsanwalt Moritz Ihde ein Foto vom Facebook-Profil des Angeklagten. Zu sehen ist ein Ring von M. mit dem Totenkopf-Symbol von Hitlers Leibgarde, der SS, und deren Motto „Meine Ehre heißt Treue“. M. gibt sich ahnungslos: „Ich wusste nicht, dass das ein SS-Zeichen ist.“ Was das ihm zu Last gelegte Bild von Adolf Hitler betrifft, so bestreitet der gelernte Bäcker gar nicht, dieses auf Facebook gestellt zu haben. „Ich fand das lustig. Ich meinte nicht, dass jemand vergast werden sollte“, sagt er. Er habe das Foto nach einem Tag wieder gelöscht.
Den Staatsanwalt beeindruckt das in seinem Plädoyer nicht. „Das Bild mit dem dazustehenden Satz ist eine üble Beschimpfung. Der Angeklagte hat inzident aufgefordert, Tötungen von Angehörigen des Islam gutzuheißen“, sagt er. Das andere Foto des Ringes mit dem SS-Symbol zeige, „welche Gesinnung in ihm steckt“. Auf Satire könne er sich nicht berufen. Er fordert die Strafe von 40 Tagessätzen zu je 20 Euro. Das will Stefan M. nicht auf sich sitzen lassen: „Ich lasse mir von ihnen nicht vorhalten, welche Gesinnung ich habe.“ Das streitige Hitler-Bild sei für ihn ein Satirebild. „Aber Satire ist in Deutschland ja nicht mehr erlaubt, siehe Böhmermann“, fügt M. hinzu.
Das Bild sei laut Staatsanwaltschaft eine Beschimpfung des Islam
Richter Holtkamp folgt mit seinem Urteil der Forderung der Staatsanwaltschaft. „Es kommt auf eine objektive Betrachtung an“, sagt der Richter in seiner Begründung, „darauf, wie ein vernünftiger Mensch das Bild und den Satz auffassen muss.“ Demnach sei das Bild eine Beschimpfung des Islam, die den öffentlichen Frieden störe. „Das Bild sagt aus, dass Hitler Angehörige des Islam hätte vergasen sollen.“ Ferner habe der Angeklagte gewusst, was die Kernaussage des Bildes ist. „Die Anforderungen an Satire sind hier nicht erfüllt. Das Bild fällt nicht unter den Schutzbereich der Kunstfreiheit“, sagt Richter Paul Holtkamp.
Stefan M. ist mit diesem Urteil überhaupt nicht einverstanden. „Sie sind doch von vorneherein befangen“, sagt er zum Richter. „Wer irgendetwas gegen das System sagt, ist doch gleich rechts.“ Der Angeklagte will gegen das Urteil Berufung einlegen.