Reinfeld/Ahrensburg. DEr Reinfelder Ralf Ide entwickelt das Sicherheitstraining Ki-do. Acht Tipps, wie sexuell motivierte Angriffe abgewehrt werden können.

Es ist später Nachmittag. Eine Frau ist in der Bahn auf ihrem Weg in den Feierabend. Ein Mann setzt sich auf den Sitz vor ihr, breitbeinig und lässig. Er schaut sein Gegenüber herausfordernd an. Die Frau überkommt ein ungutes Gefühl. Da merkt sie eine Hand auf ihrem Oberschenkel – die Hand des Mannes von gegenüber.

„In meinen Kursen gibt es leider viele Frauen, die eine solche oder ähnliche Situationen erlebt haben“, sagt Ralf Ide. Der Reinfelder leitet regelmäßig Selbstverteidigungskurse für Kinder, und speziell für Mädchen und Frauen. Jüngst auch in der Stadtbücherei Ahrensburg. Das Abendblatt war dabei.

Im Parkhaus, beim Joggen – viele der 20 weiblichen Seminar-Teilnehmer erzählen, in welchen Situationen sie Angst vor Übergriffen haben. Sexuelle Belästigung und Übergriffe sind keine Seltenheit. Eine EU-weite Umfrage hat ergeben, dass eine von drei Frauen seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren hat. Schleswig-Holsteins Justizministerin Anke Spoorendonk (SSW) hat sich erst kürzlich im Landtag für eine grundlegende Reform und Verschärfung des Sexualstrafrechts ausgesprochen. Hintergrund waren auch die Übergriffe zu Silvester in Köln, Hamburg und anderen Städten.

Aber was können Mädchen und Frauen tun, um sicherer durchs Leben zu gehen? Ralf Ide macht seit frühem Kindesalter Kampfsport. Der 57-Jährige hat den 5. Dan, also Rang, Karate, den 1. Dan Jiu Jitsu und arbeitet seit 30 Jahren als Gewaltpräventionslehrer. Er hat 1992 das Sicherheitstraining „Ki-do“ entwickelt, das auf pädagogisch-psychologische Tricks setzt, um Angriffe zu verhindern. „Die Teilnehmer lernen nicht nur, auf den Angreifer draufzuhauen, sondern bereits vorher an dem Vertrauen in sich selbst zu arbeiten“, sagt er über das Ki-do Konzept. Das sind wichtigsten Schritte:

1. Auf einen sicheren Stand achten

Nicht mit mir! Einem körperlichen Angriff geht in der Regel ein psychischer „Kampf“ voraus. Dabei prüft der Täter mit Blicken und Worten, ob er sich nähern kann oder ob die Frau zu viel Widerstand und Stärke ausstrahlt. Wer diesen „Psycho-Kampf“ gewinnt, der wird keine physischen Angriffe befürchten müssen. Deswegen sei es bereits wichtig, auf die eigene Körpersprache zu achten und die Signale, die damit ausgesendet werden. Wichtig ist: am besten schulterbreit stehen.

Auch beim Sitzen sollte darauf geachtet werden, nicht unsicher die Beine zu verschränken oder die Hände in den Schoß zu legen, sondern mit beiden Beinen am Boden aufrecht zu sitzen.

2. Mit lauter und bestimmter Stimme sprechen

Mut finden, den Mund aufzumachen. Ein klares Signal wird auch durch die Lautstärke der Stimme gesendet. Ebenso sollte das Anschreien geübt werden. Denn so können in einer Gefahrensituation auch Nebenstehende aktiviert und der Angreifer eingeschüchtert werden.

3. Wachsam sein

Augen auf. Bestimmte Situationen können umgangen werden. Denn wer seine Umgebung aufmerksam wahrnimmt, kann Gefahrensituationen schneller erkennen und dann auch gleich reagieren.

4. Die Kontrolle behalten

Ruhig bleiben. Auch in Stresssituationen ist es wichtig, die Kontrolle über die eigenen Emotionen zu behalten. „Denn Angst lähmt, Schmerz lenkt ab und Wut macht blind, sagt Ralf Ide.“ Wer kontrolliert ist, kann überlegter handeln.

5. Den Angreifer irritieren

Geistig überlegen sein: Dies ist dem Ki-do-Konzept zufolge der Schlüssel. Dem Angreifer könne bereits mit gezielten Worten vermittelt werden, dass bei dem Spiel nicht mitgespielt wird.

6. Die eigene Hemmschwelleüberwinden

Es ist nicht leicht, den Hebel im Kopf umzustellen, dass es in einigen Situationen unerlässlich ist, sich zu wehren und dem Angreifer in der Gefahrensituation auch wehzutun.

7. Sich sinnvoll wehren

Der Angreifer soll so außer Gefecht gesetzt werden, dass er einem selbst keinen Schaden mehr zufügen kann. Tritte an das Schienbein helfen wenig und steigern eher nur die Aggressivität des Angreifers.

8. Weitere Taten vermeiden helfen

Durch eine detaillierte Beschreibung des Täters können gegebenenfalls weitere Taten verhindert werden. Wichtig ist es, den Mut aufzubringen, eigene Beobachtungen der Familie und der Polizei anzuvertrauen.


Um gefährliche und unangenehme Situationen wie die der Frau in der Bahn zu vermeiden, können die acht Tipps des Reinfelders helfen. Besonders schwierig sei es, die eigene Hemmschwelle zu überwinden. „Da hilft nur üben“, sagt Ide. Denn das regelmäßige Besuchen von Selbstverteidigungskursen könne dazu beitragen, dass eigene Ängste und Unsicherheiten Schritt für Schritt gemeinsam abgebaut werden.

Weitere Informationen und die Anmeldung zu Ki-do-Seminaren von Ralf Ide gibt es im Internet unter www.das-projekt-ki-do.de.

An diesen Orten im Kreis Stormarn können nicht nur Frauen in Probetrainings zur Selbstverteidigung reinschnuppern.

Ahrensburg Selbstverteidigungskurs speziell für Frauen, Mo., 11.4., Mi., 13.4., Mo., 18.4., Mi. 20.4., jeweils 20-21.15 Uhr, große Sporthalle der Grundschule Am Schloss, Kosten: 25 Euro, Anmeldung unter Telefon 04102/506 14

Bad Oldesloe Taekwon-Do, Mo., Mi., Do., 18.30-19.30Uhr, Internationales Taekwon-Do Center E.T.B.S., Wolkenweher Dorfstr. 4

Barsbüttel/Jenfeld Kung Fu, Do., 19.30-21 Uhr, Jenfeld Haus, Charlottenburger Str. 1

Glinde Karate, Di., 19-20.30 Uhr, Do., 19.30-21 Uhr, linke Halle, Oher Weg 24

Reinbek Ju-Jutsu , Di., 20-21.30 Uhr, Theodor-Storm-Str. 22,
TSV-Halle, Saal 3

Reinfeld Probetraining WingTsun, Mi., 17.45-18.45 Uhr, Therapiezentrum Holstenhof, Segeberger Straße 2