Bad Oldesloe . Anlässlich des Internationalen Frauentags besuchte die Richterin, Hamburger Senatspräsidentin und Justizsenatorin die Kreisstadt.
Als Richterin, Hamburger Senatspräsidentin und Justizsenatorin in Hamburg und Berlin kämpfte sie stets für die Gleichberechtigung. Anlässlich des Internationalen Frauentags sagte Lore Maria Peschel-Gutzeit im Bella-Donna-Haus in Bad Oldesloe: „Es ist noch nicht gut, wir dürfen nicht nachlassen.“ Die 84-Jährige, die heute als Anwältin in Berlin arbeitet, mahnte: „Wenn alle Frauen Führungspositionen scheuen, bleibt es die nächsten 3000 Jahre so.“ Zur Gleichstellung von Mann und Frau sei es trotz Frauenquote noch ein weiter Weg. Die Zahlen geben ihr Recht: In den Vorständen der 200 umsatzstärksten Unternehmen lag der Frauenanteil Ende 2015 bei gut sechs Prozent.
Peschel-Gutzeit war auf Einladung des Stormarner Netzwerks Frauen in Führung (FiF) und des kommunalpolitischen Frauennetzwerks KOPF Stormarn in die Kreisstadt gekommen. Im Mittelpunkt ihres Vortrags stand die Frage, warum Frauen nur zögerlich in die Chefetagen einziehen. Am Beispiel ihrer Biographie führte die Juristin den knapp 50 Zuhörerinnen vor Augen, wie steinig der Weg an die Spitze ist. Als sie sich 1984 als erste Frau um das Amt des Senatspräsidenten am Hanseatischen Oberlandesgericht bewarb, habe sie ein „Gewitter von Intrigen“ erlebt, die nur ein Ziel kannten: „mich zu verhindern“. Zwischenzeitlich habe sie den Glauben an die Kollegialität verloren, doch sie besiegte die Widersacher. Diese Erfahrung habe sie stärker gemacht. So stark, dass sie 1991 Justizsenatorin wurde. Ein großer Schritt für jemanden, der nicht aus der Politik kommt. Die dreifache Mutter wusste: „Hätte ich Fehler gemacht, hätten es nachfolgende Frauen umso schwerer gehabt.“
Peschel-Gutzeit ist alleinerziehende Mutter
Sie war sich dieser Verantwortung ebenso bewusst wie ihrer eigenen Verpflichtung: „Ich wollte Einfluss nehmen und gestalten können.“ Dafür nahm sie jede Gelegenheit wahr, auch als Alleinerziehende. „Wir Frauen können uns nicht beklagen, dass uns nichts geboten wird und dann ablehnen, wenn ein Angebot kommt.“ Für Peschel-Gutzeit hängt das Vorankommen entscheidend von der inneren Haltung ab. „Wenn ich Ziele im Leben habe, muss ich dafür kämpfen. Doch das Kämpfen fällt vielen Frauen schwer.“
Viele Frauen seien mutlos, so Peschel-Gutzeit. Doch es brauche Entschlossenheit und Beharrlichkeit, um voranzukommen. Entscheidend sei das Selbstwertgefühl. „Wer mit sich selbst eins ist und sich nicht verletzen lässt, den kann so leicht nichts aus der Bahn werfen“, sagt die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes erster Klasse. Frauen müssten lernen, mit Niederlagen umzugehen. Häufig münde ein Fehlschlag in Selbstkritik und Selbstzweifel.
Frauen dürfen laut Peschel-Gutzeit ihre Selbstständigkeit nicht aufgeben
Männer hingegen „schütteln sich kurz und sagen dann: Das nächste Mal klappt’s!“. Und während diese einen Lebensplan hätten, hielten sich Frauen meist alles offen und wunderten sich dann, „wenn der Zug abgefahren sei“, sagte Peschel-Gutzeit. „Ich darf als Frau nicht aufhören, selbstständig zu sein.“ Ein weiterer Stolperstein sei der Wunsch, geliebt werden zu wollen. Damit gingen Frauen Konflikten aus dem Weg und handelten den Erwartungen anderer entsprechend.
Für Peschel-Gutzeit liegt der Grundstein der Gleichberechtigung in der Erziehung: „Mütter müssen ihren Töchtern Selbstwertgefühl vermitteln, damit diese sich später nicht umpusten lassen.“ Denn eines ist für die Pionierin klar: „Eine Kanzlerin macht noch keinen Sommer.“