Bad Oldesloe. Noch immer wird Abfall nicht sauber getrennt. Organischer Müll landet oft im Restmüll. Nun wollen Kreis und Entsorger gegensteuern.

Mief ist durchaus ein Trennungsgrund. Doch was schon viele Beziehungen auseinander gebracht hat, funktioniert beim Müll offenbar nicht. Der bekanntlich besonders stark „duftende“ Bioabfall wird immer noch allzu gern zusammen mit dem Hausmüll entsorgt. Die Stormarner schmuggeln regelmäßig ihre Lebensmittel- und Gartenabfälle in die graue Tonne. Jetzt sagen Kreis und das zuständige Entsorgungsunternehmen, die Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH), den Biotonnen-Verweigerern den Kampf an.

Viele Stormarner finden Biotonnen ekelig, so der Experte

„Wir haben gerade einen Fall gehabt, bei dem ein Bürger regelmäßig seine Bioabfälle in der Natur entsorgt hat und sich strikt einer braunen Tonne verweigerte“, berichtet Tim Neben aus der Kreisverwaltung über einen besonders renitenten Müll-Trennmuffel. Nicht einmal eine zwangsweise aufgestellte Biotonne konnte den Totalverweigerer bekehren. „Er zahlt regelmäßig, aber benutzt hat er den Abfallbehälter noch nie“, sagt Neben.

Nun mag dies wohl ein bizarrer Einzelfall sein. Doch viel besser scheint auch das Benehmen der restlichen Stormarner nicht zu sein. Im Schutze der Gartenhecken nutzen viele 40 Prozent des Fassungsvermögens ihrer Restmülltonnen für Grünzeug und Lebensmittelabfälle. Dennis Kissel, Geschäftsführer der AWSH, hat dafür mehrere einfache Erklärungen: „Die Leute finden ihre Biotonnen ekelig. Die stinken nach einer Weile ja besonders. Und dann landen die Abfälle da, wo sie nicht hingehören“, sagt der Müll-Experte, der im Umweltausschuss des Kreises die Misere offenbarte.

Außerdem greifen die Kreis-Bewohner seiner Erfahrung nach gern auf einen Trick zurück, um sich der finanziellen Belastung einer zusätzlichen Abfallentsorgung zu entledigen. So gibt es die in der Theorie praktikable Möglichkeit, sich von dem eigentlich verpflichtenden Besitz einer braunen Tonne befreien zu lassen, wenn der Biomüll auf dem Grundstück kompostiert wird. „Wir bekommen derartige Anträge zuhauf“, sagt Dennis Kissel. „Statistisch gesehen lügen die alle, Eigenkompostierung findet im Grunde nicht statt.“ Richtig offensichtlich wird der Schwindel bei Anträgen für kleine Grundstücke mit Mehrfamilienhäusern, auf denen nicht einmal ein halbwegs geeigneter Garten zu finden ist. Kein Einzelfall. Von den mehr als 237.000 Einwohnern Stormarns nutzen nach Angaben der AWSH rund 42.000 Personen keine Biotonne.

Zwangsmaßnahme oder Müllspione will doch niemand, sagt der AWSH-Chef

Ein weiterer Grund: Bequemlichkeit. Wenn Wurst und Käse aus dem Supermarkt mit einem unappetitlichen Flaum, beziehungsweise einer grünen Sommerwiese überzogen sind, wandern sie mitsamt Verpackung oft in den Hausmüll. So müssten Lösungen her, aber keine Zwangsmaßnahmen oder AWSH-Müllspione. „Das will doch keiner“, sagt Kissel und präsentiert einige Lösungsansätze.

Gleich der erste Vorschlag dürfte bei Sparfüchsen auf Zustimmung stoßen: Gratis-Bioabfallentsorgung, um den Müllschwindlern die Rechtfertigung zu entziehen. Der Haken wäre wohl – es gibt freilich nichts gratis – dass die Kosten für die „Volks-Biotonne“ auf den Restmüllpreis draufgeschlagen werden.

Eine weitere Idee ist die Abschaffung der 40- und 60-Liter-Tonnen. Die sind selbst bei kleinen Haushalten schnell befüllt. Dann wäre da noch der Ekel-Faktor. „Es besteht die Möglichkeit, die Abfuhrtermine im Sommer zu verdoppeln und den Biomüll wöchentlich abzufahren“, schlägt Dennis Kissel vor. Auch könne ein Wasch-Fahrzeug angeschafft werden, das die Biotonnen säubert – allerdings frühestens in zwei Jahren.

Letzter Punkt auf der Liste ist der Start einer neuen Imagekampagne, die sich vor allem auf Speiseabfälle konzentriert. So könnte die Abfallwirtschaft Papiertüten und Vorsortierungsgefäße verteilen. Das soll die direkte Trennung alter Lebensmittel direkt in der Küche vereinfachen. Die Ideen kamen gut an. „Ob die kostenfreie Biotonne die richtige Lösung ist, weiß ich nicht, aber eine wöchentliche Leerung fände ich großartig“, sagt Wolfgang Gerstand, Fraktionsvorsitzender der CDU. „Wir werden alle Vorschläge in unserer Fraktion beraten.“

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