Ahrensburg/Trittau. Immer mehr Stormarner Bürger benutzen Vlies statt normalem Toilettenpapier und verstopfen so die Pumpstationen der Klärwerke.
Sie duften nach Mandelmilch oder Kamille und dienen der Hygiene und Sauberkeit – Feuchttücher. In vielen deutschen Haushalten sind sie als Helfer ständig im Gebrauch, etwa beim Toilettengang, bei der Babypflege oder beim Badputz. Doch der Griff nach dem Wegwerftuch hat auch Schattenseiten. Die falsche Entsorgung über die Toilette sorgt in den Abwasseranlagen bundesweit für enorme Probleme. Auch in Stormarn verstopfen Feuchttücher Pumpstationen, Rohre und Kanäle.
Feuchttücher gehören in den Hausmüll
So kämpfen in Ahrensburg die für die Abwasserentsorgung zuständigen Stadtbetriebe mit den Tüchern. „Wir haben fast wöchentlich eine Pumpe verstopft“, sagt Olaf Grönwald, Betriebsleiter der Ahrensburger Kläranlage an der Bünningstedter Straße, „Feuchttücher sind Pumpenkiller“. In der Schlossstadt gibt es 18 Pumpstationen, die das Abwasser zur Kläranlage befördern. Diese arbeiten mit Laufrädern, die von den Tüchern im Abwasser umwickelt und schließlich lahmgelegt werden, das Abwasser wird nicht weitertransportiert. Feuchttücher bestehen nicht aus Papier, sondern aus wasser- und reißfestem Vlies, auch um sie mit angenehm duftenden Essenzen zu tränken. Anders als herkömmliches Toilettenpapier lösen sie sich also in Wasser nicht auf, sondern verstopfen Anlagen zur Abwasserentsorgung.
Gründe für die zunehmenden Probleme bei Kläranlagenbetreibern und Abwasserverbänden sind zunächst die unsachgemäße Entsorgung. „Feuchttücher gehören in den Hausmüll entsorgt und nicht in die Toilette“, appelliert Olaf Grönwald an die Nutzer der Tücher. Und dies auch trotz manch gegenteiliger Hinweise der Hersteller auf den Verpackungen, nach denen ihr Produkt für die Toilette geeignet sei. Hinzu kommt, dass der Verbrauch von Feuchttüchern in deutschen Haushalten seit Jahren steigt. 2013 wurden in Deutschland für fast hundert Millionen Euro Feuchttücher gekauft, der Absatz wuchs in den vergangenen Jahren um acht Prozent jährlich.
Jede Verstopfung einer Pumpstation sorgt für Aufwand und Kosten
Mit den Folgen haben auch die Ahrensburger Stadtbetriebe zu kämpfen. „Wir haben mittlerweile rund 50 Verstopfungen von Pumpstationen im Jahr, früher waren es 10 bis 15“, sagt Betriebsleiter Grönwald. Ist eine Station lahmgelegt, müssen zwei Mitarbeiter ausrücken und das Laufrad der Pumpe mit den Händen reinigen. Unter Umständen muss die Pumpe dafür noch mit einem Kettenzug aus einem Wasserbecken gezogen werden. Dies alles kann mehrere Stunden dauern. Für die Stadtbetriebe bedeutet jede Verstopfung den Einsatz von Personal und Material – und Kosten. Die Verstopfung zu beheben und den Müll an Feuchttüchern zu beseitigen kostet also letztlich Geld, das alle Verbraucher über ihre Abwassergebühren zahlen müssen. „Vor allem kleinere Gemeinden und Betreiber von Kläranlagen können häufige Verstopfungen vor Probleme stellen“, sagt Olaf Grönwald gegenüber dem Abendblatt.
Auch in Trittau machen Feuchttücher Probleme. „Die Zahl der Verstopfungen von Pumpstationen ist in den vergangenen Jahren größer geworden“, sagt Frank Schwedhelm, Betriebsleiter der Klärwerke des Zweckverbande Obere Bille. Dieser ist für die Abwasserentsorgung unter anderem in Trittau, Großensee und Hamfelde zuständig. 2015 verzeichnete der Verband rund 40 Störungen bei seinen Anlagen. Die Kosten für deren Beseitigung kommen zusätzlich zu den durchschnittlich rund 16 000 Euro, die der Zweckverband für die ohnehin anfallende Wartung und Reinigung jährlich ausgibt.
Laut Frank Schwedhelm machen die Feuchttücher in der Kanalisation erst seit einigen Jahren Ärger. „Vor zehn bis 15 Jahren war das Problem noch nicht vorhanden.“ Der Betriebsleiter macht das zunehmende Angebot der Hersteller, die immer größer werdende Auswahl an Tüchern und die verstärkte Werbung für die Produkte für den zunehmenden Verbrauch an Feuchttüchern und die damit verbundenen Probleme verantwortlich.
Die Betreiber von Kläranlagen wollen das Verhalten der Verbraucher ändern
Zur Lösung setzt Schwedhelm vor allem auf die Information: „Wir geben unseren Kunden mit ihren Rechnungen Hinweise mit, was in die Toilette gehört und was nicht.“ Und wenn eine Pumpstation häufiger verstopft ist, werden deren Anlieger und Nutzer angeschrieben. Auf Aufklärung setzt auch Olaf Grönwald in Ahrensburg. „Ich habe die Hoffnung, dass das Verhalten der Verbraucher sich ändert.“ So gibt er bei Führungen im Klärwerk schon Schulklassen Tipps zur richtigen Müllentsorgung. Zu ihr gehört auch, keine Wattestäbchen, Damenbinden und Essensreste in die Toilette zu werfen.