Wentorf/Wesenberg. Standortsuche auch in Stormarn, obwohl die 13 bestehenden Flüchtlingsunterkünfte derzeit zur Hälfte leer stehen?

Landesweit stehen die Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge zu 51 Prozent leer. Und doch werden neue gebaut – bald auch in Stormarn? Das Land weitet die Kapazitäten von derzeit etwa 15.000 auf dann bald circa 20.000 Plätze aus. Magdalena Drywa, Sprecherin des Landesamts für Ausländerangelegenheiten in Neumünster, berichtet von vier neuen Unterkünften in Kiel, Rendsburg, Husum und Eggebek (Kreis Schleswig-Flensburg). Und sagt: „Ich glaube, es wird noch weitere Eröffnungen geben.“

An dieser Stelle kommt Stormarn ins Spiel – gerade deshalb, weil keine der jetzt 13 und bald 17 Landesunterkünfte im Kreisgebiet liegt. Ähnlich sieht es im Kreis Pinneberg aus. Innenminister Stefan Studt (SPD) hat unlängst in einem Interview dieser Zeitung deutlich gemacht, dass ihm solche „weißen Flecken“ im Land nicht passen. Der Innenminister wörtlich: „Möglicherweise wird es auch in Stormarn auf mittlere Sicht eine Liegenschaft geben. Ich wünsche mir das, um auch die Solidarität aller Kreise zu dokumentieren.“

Landrat Plöger hält Stormarn für nicht geeignet

Aktuell heißt es aus der Pressestelle des Innenministeriums in Kiel: „Zu Ihrer Frage nach geplanten Erstaufnahmeeinrichtungen in Stormarn und Pinneberg kann ich Ihnen mitteilen, dass das Land derzeit weitere Standorte für den Bau von Erstaufnahmeeinrichtungen prüft.“ Und dann weiter: „Spekulationen über einzelne Standorte kommentiert das Innenministerium nicht.“

Landrat Klaus Plöger: „Der Flächendruck ist hier so groß, dass wir dafür keinen Platz haben.“
Landrat Klaus Plöger: „Der Flächendruck ist hier so groß, dass wir dafür keinen Platz haben.“ © HA | Birgit Schücking

Landrat Klaus Plöger macht unterdessen deutlich, dass er Stormarn nicht für geeignet hält, um eine Erstaufnahmeeinrichtung zu bauen. „Der Flächendruck ist hier so groß, dass wir dafür keinen Platz haben.“

Minister soll verärgert gewesen sein, dass das Thema an die Öffentlichkeit gedrungen ist

Mitte Dezember vergangenen Jahres, kurz nach dem Abendblatt-Interview, wurde bekannt, dass sich das Land bereits konkret für eine Stormarner Fläche interessierte. Sie liegt im Wesenberger Ortsteil Stubbendorf im Gewerbegebiet an der Autobahn 1. Bürgermeisterin Karin Dettke (CDU) sagte seinerzeit: „Ich hatte einen Anruf aus dem Ministerium, dass dieses Gebiet ausgeguckt worden sei und als einer von zehn möglichen Standorten einem Prüfverfahren unterzogen werde.“ Mehr habe man ihr nicht mitgeteilt. Auch bei Norbert Leinius, dem Geschäftsführer der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS), klingelte seinerzeit das Telefon; der WAS gehören die fraglichen Flächen. Leinius sprach anschließend ebenfalls von „hohem Flächendruck“.

Nach Abendblatt-Informationen soll der Minister sehr verärgert gewesen sein, dass das Thema überhaupt an die Öffentlichkeit gedrungen ist.

Magdalena Drywa vom Landesamt für Ausländerangelegenheiten berichtet unabhängig davon von einer „intensiven Suchphase im vergangenen Herbst“. „Es ist immer unglücklich, wenn so etwas zu früh publik wird, weil da viele Emotionen dranhängen.“

Dyrwa geht von einem änhlichen Ansturm wie 2015 Jahr aus

Während das Land also die Eröffnung vierer weiterer Unterkünfte vorbereitet und offenbar noch weitere Standorte sucht, besteht in Wentorf bei Hamburg, nur wenige Meter von der Stormarner Kreisgrenze entfernt, offensichtlich akuter Mangel – nicht an Platz, sondern an Flüchtlingen. Im ehemaligen Sprachheilinternat, früher auch als Landsitz Weltevreden bekannt, an der Golfstraße sind zurzeit nur 132 von 297 Plätzen belegt. Damit liegt die Leerstandsquote in Schleswig-Holsteins kleinster, im Herbst des vergangenen Jahres eröffneter Landesunterkunft bei 56 Prozent. Und in den zwölf anderen Erstaufnahmeeinrichtungen sieht es nicht viel anders aus – im landesweiten Durchschnitt jedenfalls.

Magdalena Drywa geht allerdings davon aus, dass dieser Zustand nicht von Dauer sein wird. Das Land bereite sich auf einen ähnlich großen Ansturm wie 2015 vor. Im vergangenen Jahr hat Schleswig-Holstein in den Erstaufnahmen rund 52.000 Neuankömmlinge betreut, von denen später gut 35.000 im Land geblieben sind. „Zurzeit melden sich pro Tag etwa 200 Menschen in Schleswig-Holstein“, sagt die Landesamtssprecherin, „das ist zwar vergleichsweise wenig zu den 600, die wir mal im September hatten, aber immer noch fünfmal so viel wie vor einem Jahr.“ Dass die Landesunterkünfte jetzt so leer seien, liege unter anderem daran, dass vor Weihnachten viele Flüchtlinge auf die Kreise verteilt worden seien.

Edith Ulferts, die Leiterin des Stormarner Sozialamts, sagt unterdessen: „Auch die Zahl der Zuweisungen an unseren Kreis sind momentan rückläufig.“

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