Lübeck. 2030 dürften in Schleswig-Holstein 100.000 Fachkräfte fehlen. Qualifizierte Migranten könnten die Lücke füllen. Darauf hofft die IHK.
In der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt sieht die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Lübeck eine große Chance, dem in den kommenden Jahren drohenden Fachkräftemangel im Land entgegenzuwirken. Das ist bei der Bilanzpressekonferenz der Kammer in Lübeck deutlich geworden. Nach den Worten des stellvertretenden Hauptgeschäftsführers und Leiters der Niederlassung in Ahrensburg, Nils Thoralf Jarck, fehlen im Jahr 2030 in Schleswig-Holstein voraussichtlich bis zu 100.000 qualifizierte Arbeitnehmer – davon rund 20.000 Akademiker. „Die Vermittlung gut ausgebildeter Migranten ist insofern von großer Bedeutung“, sagt die Präses der IHK, die Bargteheiderin Friederike Kühn.
Anteil qualifizierter Flüchtlinge mittelfristig bei 50 Prozent
Eine Umfrage der IHK unter ihren Mitgliedsbetrieben hat ergeben, dass 85 Prozent bereit sind, einen Flüchtling als Praktikant, Auszubildenden oder auch Arbeitnehmer zu beschäftigen. Auf der anderen Seite gelten verschiedenen Studien zufolge zurzeit nur zehn bis 20 Prozent der Asylbewerber als direkt für den Arbeitsmarkt qualifiziert oder qualifizierbar. „Ein wesentlicher Punkt ist der Bleibestatus“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Lars Schöning. „Es kann nur um die gehen, die einen gesicherten Bleibestatus haben. Alle anderen kommen nicht infrage.“ Ganz entscheidend seien auch gute Deutschkenntnisse. Ein drittes wichtiges Kriterium: Etwaige Berufsqualifikationen, die im Ausland erworben worden sind, müssen hierzulande anerkannt werden. Schöning meint, dass der Anteil qualifizierter Flüchtlinge mittelfristig auf 50 Prozent gesteigert werden kann.
In einem über drei Jahre laufenden Projekt hat die IHK nun unter anderem einen Fachberater installiert, der etwa Unternehmen berät, mit Arbeitsagenturen und Jobcentern zusammenarbeitet, Kontakte zu Trägern von Integrationsmaßnahmen vermittelt. „Was wir nicht machen werden, ist klassische Arbeitsvermittlung“, sagt Schöning. Wie berichtet, betätigt sich die Arbeitsagentur Bad Oldesloe bereits auf diesem Feld.
„Die Wirtschaft bringt die alle locker unter“
Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels blickt die Wirtschaft im Norden auch mit großer Vorfreude auf den doppelten Abiturjahrgang, der in diesem Jahr die Schulen verlässt. IHK-Hauptgeschäftsführer Schöning empfiehlt, das Thema Ausbildung wieder mehr nach vorn zu bringen. Schulabgänger müssten erkennen, dass es attraktive Alternativen zum Studium gibt. Im Hinblick auf doppelt so viele Abiturienten wie in anderen Jahren sagt er: „Die Wirtschaft bringt die alle locker unter.“
Denn die Wirtschaft in der Region ist allem Anschein nach bestens aufgestellt – auch wenn die IHK-Verantwortlichen enttäuscht vom negativen Referendum zur Hamburger Olympia-Bewerbung sind und mit Sorge beobachten, dass sich Planung und Bau der festen Fehmarnbelt-Querung immer weiter verzögern. Präses Kühn: „Volle Auftragsbücher in der Industrie, ein gutes Weihnachtsgeschäft im Handel und gute Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt sind wichtige Indikatoren für einen positiven Verlauf der Konjunktur.“ Der IHK-Konjunkturklimaindex liege mit 131 Punkten noch leicht über dem Niveau des Vorjahres (125,1 Punkte). Und zwei Drittel der befragten Unternehmer erwarten in den kommenden Monaten mehr oder zumindest nicht weniger Aufträge als in der Vergangenheit. „Dass wir in Stormarn längst Vollbeschäftigung haben, haben wir schon vor einem Jahr gesagt“, so Friederike Kühn, „und dann geht es doch immer noch 0,1 Prozentpunkte besser.“
Sorge bereitet der IHK dagegen die Infrastruktur. Der von der Kammer seit Langem geforderte Weiterbau der A 21 östlich um Hamburg herum, über die Elbe und weiter bis zur A 7, scheint in den neuen Bundesverkehrswegeplan aufgenommen zu werden, allerdings nur mit einer niedrigen Priorität. Auch Datenautobahnen betreffend sieht Hauptgeschäftsführer Schöning Handlungsbedarf: „Um mit anderen Regionen Schritt halten zu können, muss das Land dringend alle Lücken in der Breitbandversorgung schließen und dem Mittelstand die besten Voraussetzungen für den Wettbewerb bieten.
IHK organisiert zweite IT-Messe für Unternehmer
Die Digitalisierung bestehender Geschäftsprozesse ist das Thema einer Messe, die die IHK zu Lübeck zum zweiten Mal organisiert. Sie heißt it-for-business.
Termin ist Mittwoch, 3. Februar, von 10 bis 20 Uhr, der Veranstaltungsort sind die Media Docks (Willy-Brandt-Allee 31). Die Teilnahme kostet Besucher 15 Euro.
Aussteller und Menschen, die einen Vortrag halten wollen, können sich noch anmelden.
Mehr Infos gibt’s im Internet unter www.it-for-business.info.