Glinde. Für Siegfried und Verena Reddel geht die Arbeit in Glinde jetzt richtig los. Verhandlungen mit Investoren sollen zum Abschluss kommen.
Es ist frühmorgens, ein Wochentag in der Lüneburger Heide. Nicht weit entfernt von seinem Wohnort hat Siegfried Reddel aufgesattelt. Der 60-Jährige, Projektplaner des 55 Millionen Euro teuren Wellnesstempels samt Hotelanlage in Glinde, sitzt auf seinem Halbblut-Araber Payasso, von Schritt geht es über in den Trab. Seine Frau Verena folgt auf ihrem Vollblüter Kahlua. Ab dieser Woche wird die Zeit für das gemeinsame Hobby jedoch knapper. Tempo machen die beiden nun vor allem in Glinde am Golf Gut, wo das Resort realisiert wird. Die Politik hatte dem Vorhaben Mitte Dezember grünes Licht erteilt.
Studium der Betriebswirtschaftslehre nach Hotelausbildung
Aufgewachsen ist Siegfried Reddel ohne viel Geld. „In bescheidenen Verhältnissen“, sagt er. Seine Eltern stammen aus der ehemaligen DDR, siedeln nach Gelsenkirchen über. Der Vater arbeitet erst im Bergbau, betreibt später ein kleines Hotel. Reddel hilft dort neben der Schule aus, absolviert eine Hotelausbildung und wird Abteilungsleiter Service im Steigenberger in Frankfurt. Er sagt: „Zu den Gästen gehörten Prominente wie Eiskunstläuferin Marika Kilius. Mir wurde schnell klar, dass ich nicht neben den Tischen stehen, sondern auch dort sitzen wollte.“ Deswegen studiert er Betriebswirtschaftslehre, wird zweiter Direktor eines Hotels in Duisburg und mit 26 Jahren Geschäftsführer der Taunus-Therme in Bad Homburg.
130 Zimmer, 250 Jobs
Während dieser Zeit arbeitet er intensiv mit japanischen Firmen zusammen. In Kooperation entstehen Wellnessanlagen in Asien. Parallel zum Job in Bad Homburg fungiert Reddel zeitweise als Geschäftsführer eines Friseursalons in Paris, der einem Japaner gehört. Im März 1996 dann der Nackenschlag: Der Besitzer der Taunus-Therme kündigt ihm fristlos. „Es gab unterschiedliche Auffassungen über die Entwicklung“, sagt Reddel, der danach Projekte in Japan wie eine Kosmetikserie entwickelt.
Doch das Thema Wellness lässt ihn nicht los. Wenn er davon erzählt, funkeln Reddels Augen. Gelegenheit, seine Ideen umzusetzen, bietet ihm der vermögende Geschäftsmann Ernst-Werner Ruhbaum. Reddel: „Er hatte den wirtschaftlichen Background, ich das Know-how.“ Zusammen machen sie das Mediterana in Bergisch Gladbach zu einer der führenden Wellnessanlagen hierzulande. Ruhbaum investiert 43 Millionen Euro, Reddel agiert als Geschäftsführer der Betreibergesellschaft, reist in der Welt herum, um Materialien zu besorgen. 40 Container seien es gewesen, sagt er.
Doch das Verhältnis zu Ruhbaum erleidet Risse. Den zehnten Geburtstag des Mediterana feiert Reddel noch mit, im November 2012 wird er gekündigt. Der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn sagt der inzwischen 85 Jahre alte Ruhbaum: „Es gab einen ganzen Katalog von Vorfällen, die zur Kündigung geführt haben. Bei der Abwicklung des Vertragsverhältnisses sind noch zahlreiche weitere Verfehlungen zu Tage getreten. Der Vertrauensverlust war massiv.“
Noch immer sind mehrere Verfahren anhängig. Beide Seiten haben geklagt. Reddel fordert unter anderem Gehaltszahlungen. Er pocht auf einen gültigen Vertrag bis 31. Dezember 2015. Zudem ist er mit 45 Prozent Minderheitsgesellschafter der Grundbesitzgesellschaft. Reddel fühlt sich ungerecht behandelt. So wie einer, der etwas aufgebaut hat und dann vom Hof gejagt wird. Das wird deutlich, wenn er über seinen Abgang spricht. Dann wird seine Miene grimmig, die Stimme lauter. Über Details schweigt er, „weil die Prozesse noch nicht abgeschlossen sind“.
Sein Blick richtet sich nach vorne und auf Glinde. Hier soll im Herbst der Baustart für das Resort erfolgen und zwei Jahre später eröffnet werden. Reddel muss jetzt klotzen, zeitnah Verträge mit Investoren abschließen. Vorgespräche hat es gegeben. „Darunter sind vermögende Familien aus Deutschland und auch Einzelpersonen“, sagt er. Die benötigte Fläche wird er Golfanlagenbesitzer Jens Lessau, dessen Aufgabe es gewesen ist, das Baurecht zu erwirken, abkaufen. Geplant ist, mit seiner Frau in die Betriebsgesellschaft einzusteigen.
Spezialisten aus Marokko sind für die Stuckarbeiten zuständig
Die beiden haben 2005 geheiratet, sind kinderlos. Aus erster Ehe hat Reddel einen Sohn. Über seine Verena sagt er: „Wir sind ein gutes Team. In Sachen Qualitätsentwicklung macht ihr keiner etwas vor.“ Die Physikerin arbeitete früher für einen renommierten Heizungsanlagenhersteller in leitender Funktion, baute als Projektchefin Werke in China und der Slowakei. Die beiden haben für die Projektvorlaufkosten in Glinde einen sechsstelligen Betrag investiert. „Wir werden unseren Kunden dort viel Platz und vor allem Schönes bieten“, sagt Verena Reddel.
Architektonisch wird der Komplex in einem mediterranen und arabisch-indischen Stil gehalten. Siegfried Reddel: „Die Gäste werden durch einen Palast laufen. Wir schaffen eine Erlebniswelt.“ Sandstein, Marmor- und Holzelemente sowie die Wandbeschichtung Tadelakt, Stoffe und Lampen kommen aus Indien und Marokko. Aus dem afrikanischen Land werden Handwerker anreisen, die auf Stuckarbeiten spezialisiert sind.
Für sein Projekt hatte sich der Geschäftsmann auch 20 Grundstücke in Berlin angeschaut. Zwei hätten gepasst, seien politisch aber nicht durchsetzbar gewesen. Glinde als Bestandteil der Metropolregion Hamburg halte er für einen optimalen Standort. Mittelfristig werden sich die Reddels ein neues Reitrevier suchen müssen. Sie planen einen Umzug. Der Projektentwickler und seine Frau präferieren das ländliche Leben. Er sagt: „Richtung Sachsenwald könnte es uns gut gefallen.“