Grossensee. Schießereien vor der Haustür, Tatortreiniger im Wohnzimmer, Wölfe im Garten – Thomas Hansen vermietet regelmäßig an Film-Produktionen.

In einem Holzhaus direkt am Großensee lebt Thomas Hansen. Abgeschieden vom Ortskern liegt sein Grundstück mitten im Wald und ganz nah am Wasser. Ruhig ist es hier. Und friedlich. Doch der Schein trügt: Denn das Anwesen des 74-Jährigen wird regelmäßig zum Schauplatz kurioser Vorkommnisse. Schießereien habe es hier gegeben, Großbrände und Leichenfunde. Und einmal, sagt Hansen, seien sogar zwei Wölfe in seinem Garten umhergestreift.

Thomas Hansen, 74, steht auf seiner Terrasse am Großensee. Neben seinem Haus sind auch sein Pavillon und sein Bootshaus (hinten) beliebte Drehorte für TV-Produktionen und Fotoshooting
Thomas Hansen, 74, steht auf seiner Terrasse am Großensee. Neben seinem Haus sind auch sein Pavillon und sein Bootshaus (hinten) beliebte Drehorte für TV-Produktionen und Fotoshooting © HA | Pelle Kohrs

Trotzdem lebt der Rentner gern hier. Wahrscheinlich, weil das meiste von dem, was in und vor seinem Haus passiert, nur gespielt ist. Denn Thomas Hansen stellt sein Grundstück seit Jahrzehnten für TV-Produktionen zur Verfügung. „Mindestens dreimal im Jahr wird hier gedreht", sagt er. Langweilig werde ihm daher nie. Warum das rund neun Hektar große Grundstück des Großenseers bei TV- und Fotoproduktionen so beliebt ist, wird klar, sobald man es betritt. Vieles erinnert an eine skandinavische Idylle.

Auf dem Grundstück werden oft Szenen gedreht, die in Schweden spielen

Die nächste asphaltierte Straße ist mehr als einen Kilometer entfernt. Hier gibt es keine Nachbarn, keinen Verkehrslärm. Nur den Großensee, der einige Meter hinter Hansens Terrasse liegt. Und Bäume, so weit das Auge reicht. „Deswegen werden hier auch oft Szenen gedreht, die in Schweden spielen“, sagt Hansen. Auch für Krimis sei sein Areal gefragt, sagt der 74-Jährige. Weil es sich wegen der großen Fläche für Schießereien und andere Action eigne. „Mein Bootshaus sollte mal für eine Filmszene abbrennen“, erzählt Hansen. „Also wurde eine originalgetreue Attrappe gebaut und einige Meter weiter angezündet.“ Auch das Haus dient regelmäßig als Drehort. Im Wohnzimmer des ehemaligen Kieferorthopäden standen schon Schauspieler wie Axel Milberg, Mariele Millowitsch, Wotan Wilke Möhring, Gottfried John und Esther Schweins vor der Kamera. An alle kann sich Hansen nicht mehr erinnern. „Das waren so viele, die kann man sich nicht alle merken“, sagt er und lächelt.

Zwei Wölfe für einen Outdoor-Katalog

Vor 20 Jahren, schätzt Hansen, ging es los mit dem Fernsehtrubel. „Mein Grundstück wurde von einem Scout entdeckt, der in einem Hubschrauber über die Gegend geflogen war“, sagt der Großenseer. „Der hat dann gefragt, ob ich bereit wäre, es für eine Produktion zu vermieten.“ Seitdem wird sein Anwesen in einer Agentur geführt, die es immer wieder als Drehort vermittelt. Eine Monatsmiete erhalte Hansen pro Drehtag. „Das ist der Regelsatz“, sagt er.

Auch Fotos und Werbespots werden bei Hansen produziert. „Let’s Dance“-Teilnehmerin Isabel Edvardsson wurde in meinem Bootshaus für den Playboy fotografiert“, sagt er. „Und Anke Engelke hat hier Werbung für die Hannoversche Versicherung gedreht.“ Und einmal, so Hansen, seien in seinem Garten zwei Wölfe für einen Outdoor-Katalog fotografiert worden.

Sky du Mont war gerade erst da, wirkte sehr sympathisch

Solch eine Produktion sei für Thomas Hansen inzwischen Routine. „Acht Wochen vorher werde ich von den Produzenten angerufen, stimme alles mit denen ab. Als erstes kommen die Aufnahmeleiter und bereiten alles vor.“ Manchmal werde die komplette Einrichtung auf den Kopf gestellt, Wände neu gestrichen, Möbel ausgetauscht. Hansen: „Für einen Film von Rosamunde Pilcher Film wurden hier Unmengen von Blumenkübeln aufgestellt, das war echt kitschig.“ Nach Abschluss der Dreharbeiten wird aber alles wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt. Nur zwei Bootsstege, die für eine Szene benötigt wurden, seien auf Hansens Wunsch stehen gelassen worden. Und eine Schaukel. „Für meine Enkel“, sagt der zweifache Vater, dessen Söhne mit ihren Familien ebenfalls auf dem Grundstück am Großensee wohnen.

© HA | NDR, Thorsten Jander

Erst wenn alles aufgebaut und ausgeleuchtet ist, kommen die Schauspieler und beginnen mit den Dreharbeiten. Dabei geht auch mal etwas schief: „Als hier eine Folge des Tatortreinigers gedreht wurde, hat Bjarne Mädel eine Gräte verschluckt, musste ins Krankenhaus“, sagt Hansen. Normalerweise kämen Verletzungen aber nur im Drehbuch vor. „Axel Milberg wurde mal vor meinem Haus niedergeschlagen. Für eine Krimiszene.“ Thomas Hansen selbst machen die Produktionen übrigens keinen Spaß. „Ich zieh’ mich meist zurück“, sagt er. Mit den Schauspielern, die bei ihm ein- und auszugehen scheinen, pflege er kaum Kontakt. „Aber Sky du Mont, der erst vor wenigen Tagen hier war, wirkte sehr sympathisch“, sagt Hansen. Generell sei er aber froh, wenn der ganze Trubel schnell wieder vorbei ist: „Das ist kein Hobby von mir – dafür oft ein Abenteuer.