Reinbek. Krimidinner im Hofsaal des Reinbeker Schlosses: In „Die Jagd vom Schwarzen Moor“ suchen die Gäste beim Speisen den Mörder.

Willkommen in Blackmoore Castle. „Lady und Lord Knorr aus Westerburry“, ruft Butler William Wallace in den Hofsaal des Reinbeker Schlosses. Man geleitet uns zu Tisch. Dort sitzen bereits an langen Tafeln im Kerzenschein einige Herren und Damen der Jagdgesellschaft, die Herren überwiegend in Weste oder Sakko, die Damen in eleganter Abendgarderobe. Viele haben sich im Stil der 60er-Jahre gekleidet. Draußen vor der Tür trotzen einige der Kälte und schmauchen noch schnell ein Pfeifchen.

Gelegenheitsdetektive, treue Fans, Schlossliebhaber und kulinarische Genießer – wer die Tür zum Krimidinner im Hofsaal des Reinbeker Schlosses durchschritten hat, begibt sich auf eine szenische Reise nach Schottland im Jahr 1968. „Wir wollten mal etwas Besonderes machen“, sagt Sitznachbar Florian Eiche, der mit Lebensgefährtin Melanie Ustrowski ins Schloss gekommen ist.

Publikum wird zu einem Teil der Inszenierung

Mit dem Jagdhorn werden auch die Leichen waidmännisch abgeblasen
Mit dem Jagdhorn werden auch die Leichen waidmännisch abgeblasen © HA | Sebastian Knorr

Dann bläst Jagdführer Alan Campbell ins Horn und verkündet die drei goldenen Regeln: keine Fotos, keine Rauchzeichen und keine Funkgeräte – Florian schaut in seinen Schoß. „Ich lass mein Handy auf Vibration“, sagt der 32 Jahre alte Großhandelskaufmann, der vor vier Monaten Vater geworden ist. „Wir haben die Chance genutzt, dass Oma aus Frankfurt im Norden ist und auf die Kleine aufpassen kann.“

Durch die Sitzanordnung an den Tafeln kommen die Gäste automatisch ins Gespräch. Derweil vergeben die Organisatoren unauffällig noch einige kleine Rollen im Publikum. Ein Arzt wird später den Tod der Opfer feststellen, die vier Jagdgruppenleiter sorgen für deren Abtransport, und drei erfolgreiche Anwärter werden im Verlauf des Abends zu Jägern geschlagen.

Ein Aperitif, der es in sich hatte

Auch ich bekomme einen Hut aufgesetzt – Lord Knorr ist jetzt Jägerleiter, und Melanie schaut mich mit unmissverständlicher Erleichterung an. „Der Kelch ist an mir vorübergegangen“, scheint sie zu denken. Rechts daneben sitzt Martin Eichhoff mit Freundin Claudia Choroba. „Ich habe schon mal die Leiche getragen“, sagt er und grinst. Das Paar aus Schwerin ist zum vierten Mal beim Krimidinner.

Den kulinarischen Teil des Abends leitet eine sogenannte grüne Jägerflüssigkeit ein. Ein Glas Absinth, das gekonnt mit einem flambierten Würfelzucker und etwas Wasser vermengt wird. Als das Klirren der Löffel im Saal verhallt, treten zwei weitere geladene Gäste ein, und das Schauspiel beginnt. Wessen Einladung sie gefolgt sind, weiß allerdings weder Lady George Peter Ashtonburry (Anna Holtermann) noch ihr Verlobter Chief Inspector a.D. Richard Bourke (Sebastian Faust). Komisch – und dann beantwortet die indische Hausdame Ravia (Isabella Nagy) nicht die Fragen der Gäste, sondern berichtet von einem Fluch und von einer großen Gefahr für die Lady.

Leiche zwischen dem ersten und zweiten Gang

„Sie denkt, sie ist ein Medium“, versucht Jagdführer Campbell (Serjoscha Ritz) die Wogen zu glätten, Also werden erst einmal mit Butler Wallace (Dirk Wäger) die Jagdriten durchexerziert. Auf „Waidmanns Heil“ erwidert man „Waidmanns Dank“, und unter Anleitung des exaltierten Schlossangestellten – herrlich gekünstelt – stimmt der Saal geschlossen ein Jägerlied an. Der Absinth scheint seine Wirkung nicht verfehlt zu haben, die Stimmung ist gut – gut auch, dass jetzt der erste Gang, knusprige Zandermedaillons auf Zitronenspiegel mit kleinem Salattopf, gereicht wird.

Zwischen erstem und zweitem Gang geschieht dann das Unvermeidbare. Unter flackernden Lichteffekten und großen Gesten sinkt Butler Wallace in die Arme von Inspektor Bourke. Ein Schrei hallt durch den Saal – der aus dem Publikum gerufene Doktor kann nur noch den Tod feststellen.

Jagdmotiv wird gekonnt in Szene gesetzt

Kellner Vicente Paulo kümmert sich gut um seine Gäste
Kellner Vicente Paulo kümmert sich gut um seine Gäste © HA | Sebastian Knorr

Der Leiche wird, ganz nach alter Jägersitte, noch ein kleiner Zweig in den Mund gelegt. Dann wird abgeblasen, abtransportiert und der zweite Gang serviert – grüne Pfeffersuppe mit Feigen und Pernod. Das Jagdmotiv wird an diesem Abend in Reinbek sowohl kulinarisch als auch künstlerisch gekonnt in Szene gesetzt. Sei es durch doppeldeutige Zoten – „Hier kommt heute Abend jeder zum Schuss“ – durch viele kleinen Spielszenen, aber auch durch das stimmige Menü des Restaurants Schloss Reinbek.

Nächster Abend auf Gut Schönau in Reinbek

Am Mittwoch, 9. Dezember, ist das Krimidinner noch einmal in Reinbek zu Gast. Auf Gut Schönau (Schönauer Weg 22) wird die Episode „Ein Leichenschmaus“ der Ashtonburry-Chronik gezeigt, zu der auch „Die Jagd vom schwarzen Moor“ gehört.

Die Gäste finden dann anlässlich einer Testamentseröffnung zusammen. Starb der Lord wirklich eines natürlichen Todes? Die Ermittlungen kreisen um lang bewahrte Geheimnisse und Intrigen in der schottischen Adelsfamilie.

Karten zu 85 Euro gibt es an den bekannten Vorverkaufsstellen sowie unter www.worldofdinner.de. Weitere Informationen und Hintergründe zu den Stücken unter www.krimmidinner.de. Die vierstündige Veranstaltung beginnt um 19 Uhr.

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Auch wenn die eine oder andere schlüpfrige Pointe für machen Gast zu kräftig serviert wird, schaffen Ensemble und Küche eine gemütliche, humorvolle, abwechslungsreiche und größtenteils konzentrierte Atmosphäre. Einzig die Dramaturgie des Abends will nicht so recht Krimistimmung aufkommen lassen. „Mir hat irgendwie die Spannung gefehlt“, sagt auch Florian Eiche, „dafür war das Essen hervorragend, und wir hatten richtig gute Stimmung am Tisch.“